Entscheidungsstichwort (Thema)
unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gießen vom 4. Februar 2000, soweit es ihn betrifft, im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Es hat ihm die Fahrerlaubnis mit einer Sperrfrist von zwei Jahren entzogen und seinen Führerschein eingezogen. Weiter hat es die Einziehung seines Pkw Audi angeordnet.
Mit seiner – wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten – Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechtes. Sein Rechtsmittel hat in vollem Umfang Erfolg.
Der Angeklagte fuhr am 19. August 1999 mit seinem Pkw Audi in die Nähe von Alsfeld, um von dem ihm nicht bekannten Mitangeklagten B., der nicht revidiert hat, einen (ebenfalls eingezogenen) BMW zu übernehmen. In diesem sollten sich nach seiner Vorstellung ca. 10 kg zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmtes Haschisch befinden. Den Wagen mit Betäubungsmitteln sollte er in eine ihm vorher bezeichnete Garage verbringen. Als Belohnung hierfür waren ihm mindestens 100 g Haschisch versprochen worden. Der Angeklagte stellte seinen eigenen Wagen ab und übernahm den mit Betäubungsmitteln beladenen BMW, wurde aber alsbald von der Polizei festgenommen. Im Wagen befanden sich knapp 18 kg Haschisch und 2000 Ecstasy-Tabletten.
Die Strafkammer, die die „beiden bei der Tatausführung benutzten Personenkraftwagen gemäß § 74 StGB” eingezogen hat, hat bei den Strafzumessungserwägungen die Einziehung des dem Angeklagten gehörenden Pkw Audi nicht erwähnt. Sie hat den Wert des Pkw nicht angegeben. Letzteres ist hier rechtsfehlerhaft.
Einziehung gemäß § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist Nebenstrafe und daher Teil der Strafzumessung, die eine Gesamtbetrachtung erfordert (vgl. BGH MDR 1983, 767). Ein erheblicher wirtschaftlicher Verlust durch Einziehung kann strafmildernd zu berücksichtigen sein (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 1 Strafzumessung 1 und Schuldausgleich 16). Auf den sich daraus ergebenden Zusammenhang von Haupt- und Nebenstrafe braucht das Urteil jedoch nicht einzugehen, wenn die Einziehung im Einzelfall die Bemessung der Hauptstrafe nicht wesentlich zu beeinflussen vermag, also kein bestimmender Zumessungsfaktor ist. Der Wert der nach § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB eingezogenen Gegenstände ist insoweit nicht anders zu beurteilen als andere Gesichtspunkte der Strafzumessung. Seiner ausdrücklichen Hervorhebung in den Urteilsgründen bedarf es deshalb nur, wenn er im konkreten Fall im Verhältnis zu den anderen Zumessungsgründen ein solches Gewicht hat, daß ihm maßgebliche Bedeutung für die Strafhöhe zukommt (vgl. BGH MDR 1984, 241). Wenn auch hier – im Hinblick darauf, daß mit immerhin 10 kg Haschisch Handel getrieben wurde und die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten als geordnet bezeichnet werden – es nicht sehr naheliegt, daß der Einziehung des gebrauchten Audi maßgebliche Bedeutung für die Strafhöhe zukommt, so kann dies abschließend letztlich doch nur beurteilt werden, wenn der Wert des Pkw Audi mitgeteilt wird und die wirtschaftlichen und sonstigen Folgen der Einziehung für den Angeklagten dargestellt werden. Es kann auch nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, daß die – ansonsten rechtsfehlerfrei – verhängte Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten, der ausschließlich Handeltreiben mit 10 kg Haschisch zugrundegelegt wurde, ohne zu erörtern, ob beim Angeklagten hinsichtlich der weiteren 8 kg Haschisch (und den 2000 Ecstasy-Tabletten) dolus eventualis oder wenigstens Fahrlässigkeit (§ 29 Abs. 4 BtMG) vorlag, bei einem erheblichen Wert des eingezogenen Pkw doch niedriger ausgefallen wäre. Der Senat kann sich daher des Antrags des Generalbundesanwalts auf Aufhebung des Strafausspruchs nicht verschließen. Dies gilt auch hinsichtlich des weitergehenden Antrages, die diesen Angeklagten betreffenden Rechtsfolgen insgesamt aufzuheben. Der Generalbundesanwalt weist insoweit darauf hin, daß die Dauer der Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis nicht näher begründet wurde und, daß die Urteilsgründe nicht erkennen lassen, daß die Einziehung gemäß § 74 StGB nicht zwingend ist, sondern im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters steht. Jedenfalls kann der Senat hier letztlich nicht sicher ausschließen, daß Freiheitsstrafe, Nebenstrafe und Maßregel der Besserung und Sicherung sich wechselseitig beeinflußt haben (vgl. hierzu auch BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 12).
Der Rechtsfolgenausspruch war daher – wie beantragt – insgesamt mit den zugehörigen Feststellungen aufzuheben.
Unterschriften
Jähnke, Detter, Bode, Otten, Rothfuß
Fundstellen