Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestellung zum Notar und wegen Stellenausschreibung
Leitsatz (amtlich)
a) Der ehrenamtliche Dienst als Helfer im Zivil- oder Katastrophenschutz ist auf die Dauer der hauptberuflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt nicht anzurechnen.
b) Die Betreuung eines minderjährigen Kindes ist auf die Dauer der hauptberuflichen Rechtsanwaltstätigkeit nur anzurechnen, wenn aus diesem Grunde Erziehungsurlaub in Anspruch genommen worden ist.
Normenkette
BNotO § 6 Abs. 3 Sätze 3-4; NRWNotarAnrZeitV § 6 Abs. 3 S. 4
Tatbestand
Zum Sachverhalt:
Die Antragsteller und der weitere Beteiligte sind hauptberuflich als Rechtsanwälte tätig und beim Amts- und Landgericht B. zugelassen. Sie bewarben sich, zusammen mit anderen Anwälten, um eine der drei von dem Antragsgegner am 1. Mai 1995 ausgeschriebenen Notarstellen im Amtsgerichtsbezirk B.. Der Antraggegner teilte den Antragstellern am 5. März 1996 mit, er beabsichtige, die Stellen Mitbewerbern zu übertragen, deren fachliche Eignung er mit einer höheren Punktzahl bewerte; dem Besetzungsverfahren werde er nach Ablauf von zwei Wochen Fortgang geben. Zu den höher Bewerteten zählt der weitere Beteiligte, der nach der Beurteilung des Antragsgegners die Rangstelle 3 einnimmt.
Die Antragsteller haben jeweils beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, sie zum Notar zu bestellen, hilfsweise über ihre Bewerbung erneut zu entscheiden. Der Antragsteller zu 2 hat hilfsweise beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, unter Zugrundelegung der Schlüsselzahl von 300 Urkundsgeschäften weitere Notarstellen im Amtsgerichtsbezirk B. auszuschreiben. Der Antragsgegner und der weitere Beteiligte sind den Anträgen entgegengetreten.
Das Oberlandesgericht hat dem Antragsgegner aufgegeben, über die Bewerbung der Antragsteller zu 1 und 3 sowie des weiteren Beteiligten neu zu entscheiden. Im übrigen hat es die Anträge der Antragsteller als unbegründet, den Antrag auf Stellenausschreibung als unzulässig abgewiesen.
Gegen die Entscheidung haben die Antragsteller, der Antragsgegner sowie der weitere Beteiligte sofortige Beschwerde, der Antragsteller zu 3 vorsorglich Anschlußbeschwerde, eingelegt. Die Antragsteller verfolgen ihre bisher gestellten Anträge fort. Der Antragsgegner tritt den Beschwerden der Antragsteller entgegen und beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses die Anträge der Antragsteller zu 1 und 3 auf gerichtliche Entscheidung abzuweisen. Der weitere Beteiligte bekämpft die Entscheidung insoweit, als die Antragsteller zu 1 und 3 Erfolg hatten.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
I.
Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 1 und 2, des Antragsgegners und des weiteren Beteiligten gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Besetzung der für den Drittplazierten vorgesehenen Stelle, um die der Streit allein (noch) geht, sind zulässig. Das Rechtsmittel des Antragstellers zu 1 hat im vollen Umfange, dasjenige des Antragsgegners teilweise Erfolg. Im übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet.
1. Die Anträge auf gerichtliche Entscheidung sind statthaft, denn die an die Antragsteller gerichteten Schreiben des Antragsgegners vom 5. März 1996, deren Fassung auf § 21 AVNot des Antragsgegners vom 12. Juni 1994 (JMBl. NW S. 185) zurückgeht, sind Verwaltungsakten im Sinne des § 111 Abs. 1 BNotO gleichzustellen (Senat, BGHZ 69, 224). Sie enthalten zwar nicht ausdrücklich die Ablehnung der Bewerbungen, setzen diese aber voraus, denn die angekündigte Übertragung der Stellen an Mitbewerber macht die Berücksichtigung der Antragsteller rechtlich unmöglich (BGH, Beschl. v. 19. Oktober 1992, NotZ 42/92, BGHR BNotO § 111 n.F., Konkurrentenklage 1).
2. Der Erfolg des Antragstellers zu 1 beruht darauf, daß, entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts, die Eignung des Antragstellers zu 3 einer Neubewertung durch den Antragsgegner nicht bedarf (nachstehend Abschnitt 3) sowie, in Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht, die Beurteilung des Antragstellers zu 2 unverändert bleibt (nachstehend Abschnitt 4) und bei dem weiteren Beteiligten die mit drei Punkten bewertete Kindererziehungszeit zu streichen ist (nachstehend Abschnitt 5, zu seinem weiteren Vorbringen Abschnitt 6). Dadurch rückt der Antragsteller zu 1 mit 140,30 Punkten vor den weiteren Beteiligten mit 137,75 Punkten (140,75 Punkten abzüglich drei Punkten), die Antragsteller zu 2 und 3 bleiben mit 134,80 und 139,90 Punkten hinter ihm zurück. Diese Reihenfolge wird von einem Wegfall der den Antragstellern und dem weiteren Beteiligten jeweils zuerkannten 6 Punkte für die Ableistung eines Klausurenkurses (BGH, Beschl. v. 25. November 1996, NotZ 46/95, zur Veröffentlichung bestimmt) nicht berührt.
Da an der persönlichen Eignung des Antragstellers zu 1 für das Amt kein Zweifel besteht und bei der Beurteilung der fachlichen Eignung für eine weitere Interpretationsentscheidung kein Raum mehr ist, ist der Antragsteller zu 1 zum Notar zu bestellen (§§ 6, 111 BNotO).
3. Zu Recht bekämpfen der Antragsteller zu 1 und der Antragsgegner die Auffassung des Oberlandesgerichts, die Tätigkeit des Antragstellers zu 3 als Referent zum Thema „Umwandlungsrecht” müsse im Rahmen der Gesamtentscheidung über die fachliche Eignung mit weiteren Punkten (Sonderpunkten nach § 18 Abs. 2 Nr. 6 AVNot) berücksichtigt werden. Nach der Rechtsprechung des Senats ist der der Landesjustizverwaltung durch § 6 Abs. 3 BNotO zur Verfügung gestellte Beurteilungsspielraum nicht überschritten, wenn sie die Vergabe von Sonderpunkten, die an keines der im Gesetz genannten Auswahlmerkmale anknüpfen, auf Ausnahmefälle beschränkt (BGH, Beschl. v. 13. Dezember 1993, NotZ 56/92, BGHZ 124, 327, 336; ebenso Beschlüsse v. 13. Dezember 1993, NotZ 45, 46 und 47/92, NJW 1994, 1870, NJW-RR 1994, 1018, NJW-RR 1994, 747). Diese Entscheidungen hatten zwar unmittelbar die damalige Nr. 4 e der AVNot des Justizministeriums Baden-Württemberg (nunmehr 4 f) zum Gegenstand, die die Vergabe von Sonderpunkten daran knüpfte, daß Umstände den Bewerber für das Amt des Notars in ganz besonderer Weise qualifizierten. Die Überlegungen, die den Senat zu seiner Auffassung führten, gelten aber allgemein: Nicht an ein bestimmtes Qualifikationsmerkmal gebundene Eignungspunkte wirken zwar Verzerrungen, die mit dem schematisierten Eignungsraster der Richtlinien verbunden sind (hier: § 18 Abs. 2 Nrn. 1 bis 5 AVNot), entgegen; ihre zu großzügige Handhabung würde aber zu einer unzulässigen Zurückdrängung der vom Gesetz (§ 6 Abs. 3 BNotO) hervorgehobenen Eignungsmerkmale führen. Der Antragsgegner hat sich in § 18 Abs. 2 Nr. 6 AVNot allerdings dahin gebunden, daß Sonderpunkte im Rahmen der Gesamtentscheidung (bereits) dann hinzugerechnet werden können, wenn dies die fachliche Eignung des Bewerbers besser kennzeichnet; erläuternd hat er hierzu auf sonstige für die fachliche Eignung zum Notarberuf bedeutsame Kenntnisse und Leistungen hingewiesen (wegen des Wegfalls des als Beispiel angeführten benoteten Leistungskurses vgl. BGH, Beschl. v. 25. November 1996, oben zu 2). Hierdurch ist er aber nicht gehindert, an die Bedeutung der erworbenen Kenntnisse oder der erbrachten Leistungen für das Amt des Notars hohe Anforderungen zu stellen und deren Einhaltung strikt zu überwachen. Er greift mit einer solchen Handhabung vielmehr die von ihm selbst gewählten Kriterien (Kenntnisse, Leistungen) auf und setzt sie in rechtsfehlerfreier Weise in eine Wertrelation zu den gesetzlichen Eignungsmerkmalen, die er in § 18 Abs. 2 Nrn. 1–5 AVNot (Zweites juristisches Staatsexamen, Dauer der hauptberuflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt, erfolgreiche Teilnahme an notarspezifischen Fortbildungskursen, Niederschriften) wiedergibt. Nur wenn die zusätzlichen Umstände geeignet sind, die fachliche Eignung des Bewerbers besser zu kennzeichnen, als dies allein nach den gesetzlichen Einzelmerkmalen möglich wäre, rechtfertigen sie die Vergabe von Sonderpunkten.
Dem wird die Nichtberücksichtigung der Referententätigkeit des Antragstellers gerecht. Zutreffend hat der Antragsgegner darauf hingewiesen, daß das Seminar, das der Antragsteller leitete, das „Umwandlungsrecht in der anwaltlichen Praxis” zum Gegenstand hatte, mithin auf die anwaltliche Beratung und Vertretung, nicht dagegen die vorsorgende Rechtspflege des Notars abzielte. Allerdings würde dies eine Berücksichtigung als Qualifikationsmerkmal für das Amt des Notars nicht in jedem Falle ausschließen; Stoff und Darbietung müßten dann aber trotz des abweichenden Zweckes für Amt und Beruf des Notars die Bedeutung haben, die § 18 Abs. 2 Nr. 6 AVNot zu Recht voraussetzt. Dies hat der Antragsgegner im Streitfall rechtsfehlerfrei verneint.
4. Die Angriffe des Antragstellers zu 2 gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts bleiben erfolglos.
a) Nach den zu Abschnitt 3 dargestellten Grundsätzen ist es offenbar, daß der Antragsteller für die Teilnahme an Übungen mit kautelarjuristischer Thematik im Rahmen der einstufigen Juristenausbildung sowie an einem Lehrgang „Steuern und Recht” die Anrechnung von Sonderpunkten nicht beanspruchen kann. Das gleiche gilt hinsichtlich der von ihm erworbenen Befugnis, die Bezeichnung Fachanwalt für Steuerrecht zu führen. Auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Beschlusses wird ergänzend Bezug genommen.
b) Zu Unrecht wendet sich der Antragsteller auch gegen die Weigerung des Antragsgegners, seine Tätigkeit im Zivil- und Katastrophenschutz auf die hauptberufliche Rechtsanwaltstätigkeit anzurechnen.
Die Verordnung des Antragsgegners über die Anrechnung von Zeiten nach § 6 Abs. 3 Satz 4 Bundesnotarordnung vom 12. Juli 1991 – künftig: Anrechnungsverordnung – (GV. NW. S. 304) sieht diese Beschränkung vor (§ 2 Nr. 1 i.V.m. § 1 Nrn. 1 und 2). Der Antragsgegner war rechtlich außerstande, den ehrenamtlichen Dienst als Helfer im Zivilschutz oder Katastrophenschutz zu berücksichtigen, denn dies hätte die Ermächtigungsgrundlage, auf die er seine Rechtsverordnung stützt, überschritten. Nach § 6 Abs. 3 Satz 4 BNotO sind die Landesregierungen oder die von ihnen ermächtigten Stellen u.a. berechtigt, Wehr- und Ersatzdienstzeiten auf die Anwaltstätigkeit anzurechnen. Hierzu zählt der Dienst im Zivil- oder Katastrophenschutz nach § 13 a des Wehrpflichtgesetzes nicht. Die Vorschrift hat eine der in Abschnitt I, Unterabschnitt 3 des Gesetzes vorgesehenen Wehrdienstausnahmen zum Gegenstand. Wehrpflichtige, die sich unter den gesetzlichen Voraussetzungen zu dem Schutzdienst verpflichtet haben, werden, solange sie ihn ausüben, zum Wehrdienst nicht herangezogen. Nach einer Dienstleistung von (nunmehr) 7 Jahren erlischt die Pflicht, Grundwehrdienst zu leisten.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers bestehen gegen die Ermächtigungsgrundlage keine Bedenken unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichheitssatzes. Die Ableistung des Wehr- oder Ersatzdienstes führt regelmäßig zu einer Verzögerung des Erwerbs der Befähigung zum Richteramt und damit der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (§ 4 BRAO). Beim Dienst im Zivil- oder Katastrophenschutz ist dies nicht der Fall, denn der ehrenamtliche Helfer kann seine Pflichten im allgemeinen neben seiner sonstigen Tätigkeit erfüllen (wegen der dadurch ausgelösten Frage nach der Wehrgerechtigkeit vgl. Steinlechner, Wehrpflichtgesetz, 5. Aufl., § 13 a Rdn. 7). Zur Differenzierung besteht mithin ein sachlicher Grund. Der Gesetzgeber war auch nicht, wie der Antragsteller meint, gehalten, darauf abzustellen, ob der Wehr- oder Ersatzdienst einerseits, der Dienst im Zivil- oder Katastrophenschutz andererseits im konkreten Einzelfalle zu einer Verzögerung der Berufsausbildung geführt hat. Bei der Ordnung typischer Lebenssachverhalte sind generalisierende Regelungen zulässig, solange sie einen intensiven Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vermeiden und nicht zur Belastung ganzer Gruppen Betroffener führen (BVerfGE 26, 275 f; 91, 93, 115). Diese Gestaltungsfreiheit ist dem Gesetzgeber um der Praktikabilität der angestrebten Regelung willen eingeräumt. Ihre Grenzen hält § 6 Abs. 3 Satz 4 BNotO mit der Beschränkung auf die Anrechnung von Wehr- und Ersatzdienstzeiten grundsätzlich ein. Ob unter besonderen, hier nicht vorliegenden Verhältnissen, etwa bei einem längeren Volleinsatz des Dienstleistenden im Katastrophenfall, etwas anderes zu gelten hätte, kann offen bleiben.
5. Ohne Erfolg bekämpfen der Antragsgegner und der weitere Beteiligte die Auffassung des Oberlandesgerichts, daß dem weiteren Beteiligten auf die Dauer seiner hauptberuflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt die Erziehung seiner 1972 geborenen Tochter nicht angerechnet werden kann. Der Antragsgegner hat für die in die Studienzeit des weiteren Beteiligten fallende Kindererziehung eine Zeitspanne von einem Jahr zum Ansatz gebracht und diese, wie die hauptberufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt (§ 18 Abs. 2 Nr. 2 AVNot), mit 0,25 Punkten je Monat bewertet. Hierbei hat er sich auf § 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 1 Nr. 4 der Anrechnungsverordnung gestützt. Nach § 2 Nr. 2 Satz 1 der Anrechnungsverordnung werden auf die Dauer der nach § 6 Abs. 3 Satz 3 BNotO zu berücksichtigenden hauptberuflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin die Zeiten eines vorübergehenden Verzichts auf die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Schwangerschaft oder Betreuung minderjähriger Kinder „im Umfang (u.a.) nach § 1 Nr. 4” angerechnet. Diese Vorschrift, die sich auf § 6 Abs. 3 Satz 4 BNotO stützen kann, wonach u.a. Zeiten eines vorübergehenden Verzichts auf die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft aus den in der Verordnung genannten Graden anrechenbar sind, ist auf den weiteren Beteiligten nicht anwendbar. Der anschließende Satz 2 der Vorschrift sieht eine Anrechnung „in gleichem Umfang” vor, wenn die Zeiten der Schwangerschaft oder der Betreuung vor der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft lagen. Hierfür ist eine andere Ermächtigungsgrundlage erforderlich. Der Antragsgegner sieht sie in der in § 6 Abs. 3 Satz 4 BNotO weiter enthaltenen Ermächtigung, Zeiten der Beurlaubung wegen Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub in Anrechnung zu bringen. Auf ihr beruhe § 1 Nr. 4 Satz 1 der Anrechnungsverordnung, wonach auf den Anwärterdienst der Nurnotare Zeiten in Anrechnung zu bringen sind, in denen Anspruch auf Erziehungsgeld nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz besteht oder nur deshalb nicht besteht, weil die Einkommensgrenze überschritten ist. § 2 Nr. 2 Satz 2 übernehme diese Bestimmung für das Anwaltsnotariat. Dies führt indessen nicht weiter, da § 1 Nr. 4 Satz 1 der Anrechnungsverordnung bereits in seinem eigentlichen Anwendungsbereich durch die Ermächtigungsnorm nicht gedeckt ist. Anrechenbar sind nach dem Gesetz nur Zeiten, in denen der Erziehungsurlaub in Anspruch genommen worden war, die berechtigte Person mithin, wie es das Gesetz vorschreibt, beurlaubt war. § 1 Nr. 4 Satz 1 läßt es für die Anrechnung dagegen genügen, daß die Voraussetzungen für den Anspruch auf Erziehungsurlaub, wie sie in § 15 Bundeserziehungsgeldgesetz vom 6. Dezember 1985 (BGBl. I 2154) niedergelegt worden waren (wegen der geltenden Fassung vgl. die Bekanntmachung vom 31. Januar 1994, BGBl. I 180), erfüllt sind. Das Bundeserziehungsgeldgesetz unterscheidet indessen in allen Fassungen zwischen dem Anspruch auf Erziehungsurlaub, der früher unmittelbar an den Anspruch auf das Erziehungsgeld – unter Außerachtlassung der einkommensabhängigen Voraussetzungen – anknüpfte, und dessen Inanspruchnahme. Die Inanspruchnahme erfolgt nach § 16 BErzGG durch Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber. Nur der tatsächlich in Anspruch genommene Erziehungsurlaub, sei es für Arbeitnehmer nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz in seiner jeweiligen Fassung, sei es für Beamte und Richter nach den entsprechenden Vorschriften des Bundes und der Länder (Verordnung über Erziehungsurlaub für Bundesbeamte und Richter im Bundesdienst vom 17. Dezember 1985 i.d.F. der Bekanntmachung vom 24. November 1994, BGBl. I 3516; für Nordrhein-Westfalen: Erziehungsurlaubsverordnung i.d.F. v. 22. Juli 1992, GV NW S. 320) ist anrechnungsfähig.
Mithin scheidet auch die im Falle des weiteren Beteiligten zusätzlich erforderliche entsprechende Anwendung des § 1 Nr. 4 Satz 1 der Anrechnungsverordnung auf Fälle, in denen die Betreuung vor Inkrafttreten des Bundeserziehungsgeldgesetzes lag (§ 1 Nr. 4 Satz 3), aus. Erziehungsurlaub konnte erst ab Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. Januar 1986 in Anspruch genommen werden. Für die vorherige Zeit kommt die Anrechnung eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz, die in § 6 Abs. 3 Satz 4 BNotO ebenfalls vorgesehen ist, in Frage. Nahe liegt es, die Inanspruchnahme des durch Gesetz vom 25. Juni 1979 (BGBl, I 797) eingeführten Mutterschaftsurlaubs der Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub gleichzusetzen. Beide Anrechnungsmöglichkeiten können dem weiteren Beteiligten nicht zugute kommen.
6. Soweit der weitere Beteiligte Sonderpunkte wegen seiner früheren Assistententätigkeit sowie wegen vertreter- und Verwesertätigkeiten für Notare geltend macht, nimmt der Senat auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluß des Oberlandesgerichts Bezug. Die Auffassung des weiteren Beteiligten, er müsse gegenüber den Mitbewerbern mit einstufiger Juristenausbildung bevorzugt werden, liegt neben der Sache. Die frühere einstufige Ausbildung stellte nach gesetzlicher Anordnung (§ 5 b DRiG a.F.) und praktischer Durchführung einen gleichwertigen Ausbildungsgang dar.
II.
1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers zu 3 ist unzulässig. Nach § 111 Abs. 4 BNotO i.V.m. § 42 Abs. 4 BRAO ist das Rechtsmittel beim Senat für Notarsachen des Oberlandesgerichts einzulegen. Die Beschwerdeschrift des Antragstellers ist an den Bundesgerichtshof gerichtet und hier am 13. Dezember 1996 eingegangen. Sie konnte die Beschwerdefrist von zwei Wochen, die mit der Zustellung des angefochtenen Beschlusses an den Antragsteller am 2. Dezember 1996 begann, nicht wahren (BGH, Beschl. v. 14. August 1989, NotZ 13/88, DNotZ 1990, 517). Anlaß, dem Antragsteller nach den Grundsätzen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Juni 1995 (NJW 1995, 3173/3175) von Amts wegen Wiedereinsetzung zu gewähren, bestand schon deswegen nicht, weil die Möglichkeit nicht fern lag, daß der Antragsteller auch beim Oberlandesgericht Beschwerde eingelegt hatte, wie dies häufig der Fall ist.
2. Die vorsorglich eingelegte Anschlußbeschwerde bleibt aus den zu Abschnitt II genannten Gründen ohne Erfolg. Soweit der Antragsteller den angefochtenen Beschluß des Oberlandesgerichts verteidigt, war sein Vorbringen im übrigen bereits als Erwiderung auf anderweit eingelegte Beschwerden zu berücksichtigen.
III.
Das zulässige Rechtsmittel des Antragstellers zu 2 gegen die Abweisung seines Hilfsantrages, den Antragsgegner zu einer Stellenausschreibung zu verpflichten, ist unbegründet. Wie der Senat entschieden hat, ist der Antrag des Rechtsanwalts, die Landesjustizverwaltung zu verpflichten, weitere Anwaltsnotarstellen zu errichten und auszuschreiben, da hierfür nach der von ihr festgelegten Richtzahl ein Bedürfnis bestehe, unstatthaft (BGH, Beschl. v. 18. September 1995, NotZ 46/94, NJW 1996, 123). § 4 BNotO, wonach so viele Notare zu bestellen sind, wie es den Bedürfnissen der vorsorgenden Rechtspflege entspricht, stellt keine Schutznorm zugunsten potentieller Bewerber um das Amt dar. Ebensowenig kommt den Richtzahlen, die die Landesjustizverwaltung zur Feststellung des Bedürfnisses durch eine allgemeine Verwaltungsvorschriften aufstellt, eine solche Schutzwirkung zu. Das Bundesverfassungsgericht hat die gegen die Entscheidung des Senats eingelegte Verfassungsbeschwerde nicht angenommen (Beschl. v, 15. Juli 1996, 1 BvR 2268/95). Die Verfassungsbeschwerden gegen zwei weitere Entscheidungen des Senats vom 24. Juni 1996 – NotZ 36 und 45/95 –, in denen er seine Rechtsprechung fortgeführt hat, sind ebenfalls erfolglos geblieben (Beschl. v. 24. September 996, 1 BvR 1712/96). Wegen des ausschließlich öffentlichen Interesses an der Bedürfnisermittlung bilden veröffentlichte Richtzahlen der Landesjustizverwaltung keine Grundlage für Vertrauensinvestitionen eines an dem Amt interessierten Anwalts.
Fundstellen
Haufe-Index 1127385 |
BGHR |
NJW-RR 1998, 60 |
Nachschlagewerk BGH |
AnwBl 1998, 343 |
DNotZ 1999, 235 |