Tenor
Die Anträge des Beklagten,
- den Wert der Beschwer auf einen 60.000 DM übersteigenden Betrag festzusetzen,
- das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 15. Januar 1999 dahingehend zu ergänzen bzw. zu berichtigen, daß dem Beklagten gestattet wird, die Vollstreckung seitens der Klägerin durch Sicherheitsleistung abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung ebenfalls Sicherheit leistet,
werden abgelehnt.
Gründe
I. Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten eine unstreitige Kaufpreisforderung in Höhe von 55.938 DM für Schuhlieferungen geltend gemacht. Der Beklagte hat sich mit der Aufrechnung von Schadensersatzansprüchen in Höhe von 89.419 DM wegen Nichterfüllung von Warenbestellungen verteidigt und für den Fall, daß das Gericht die Aufrechnung für unzulässig halten sollte, Hilfswiderklage erhoben. Das Landgericht hat die Klage aufgrund der Aufrechnung als unbegründet abgewiesen. Das Berufungsgericht hat der Klage stattgegeben und ausgeführt, die vom Beklagten erklärte Aufrechnung sei als Verteidigungsmittel gegen die Klage zwar grundsätzlich beachtlich, die Klageforderung sei aber nicht erloschen, da dem Beklagten Schadensersatzansprüche aus der Nichterfüllung von Kaufverträgen nicht zustünden. Den Wert der Beschwer des Beklagten hat es auf 55.938 DM festgesetzt.
Der Beklagte hat Revision eingelegt und beantragt, den Wert der Beschwer auf über 60.000 DM festzusetzen sowie dem Beklagten die Abwendungsbefugnis nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO einzuräumen. Sie meint, das Berufungsgericht habe verfahrensfehlerhaft die vom Beklagten hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen und die vom Beklagten erhobene Hilfswiderklage unberücksichtigt gelassen und dementsprechend rechtsfehlerhaft das angefochtene Urteil für vorläufig vollstreckbar erklärt.
II. Das Berufungsgericht hat den Wert der Beschwer für den Beklagten zu Recht auf 55.938 DM festgesetzt.
Entgegen der Revision hat der Beklagte die Aufrechnung nicht hilfsweise erklärt. Wenn der Beklagte – wie hier – die Klageforderung an sich nicht bestreitet und sich nur mit der Aufrechnung verteidigt, lediglich für den Fall, daß das Gericht diese für unzulässig halten sollte, Hilfswiderklage wegen der geltend gemachten Aufrechnungsforderung erhebt, so stellt dies keine Hilfsaufrechnung, sondern eine Primäraufrechnung dar. Im Fall der Primäraufrechnung ist aber der Wert des Beschwerdegegenstandes nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht höher als die Summe, zu deren Zahlung der Beklagte verurteilt worden ist. Zwar wird in einem solchen Fall über zwei Forderungen entschieden. Wirtschaftlich geht der Streit der Parteien aber nur über einen Betrag, der die Höhe der Klageforderung nicht übersteigt. Auch wird der Beklagte lediglich dadurch belastet, daß er die unstreitige Klageforderung nicht mit Hilfe seiner angeblichen Gegenforderung tilgen kann, sondern erfüllen muß (BGHZ 57, 301, 303; BGH, Beschluß vom 17. Mai 1990 - XI ZR 276/89, BGHR ZPO § 4 Abs. 1 Rechtsmittelinteresse 1; BGH, Beschluß vom 24. Oktober 1991 - VII ZR 95/91, NJW-RR 1992, 314 unter II 2).
Danach ist der vom Berufungsgericht festgesetzte Wert der Beschwer des Beklagten nicht zu beanstanden. Der Klägerin steht – wie das Berufungsgericht festgestellt hat – gegen den Beklagten unstreitig die Forderung in Höhe von 55.938 DM zu; die Klageforderung war auch nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens, weil der Beklagte das erstinstanzliche Urteil, das die Klage lediglich aufgrund der Aufrechnung abgewiesen hat, unangefochten ließ. Der Beklagte wird deshalb, nachdem das Berufungsgericht seinen zur Aufrechnung gestellten Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin verneint hat, durch das Berufungsurteil nur in dieser Höhe beschwert. Daß der Beklagte für den Fall, daß das Gericht die Aufrechnung nicht für zulässig halten sollte, Hilfswiderklage erhoben hat, ist für die Festsetzung des Werts der Beschwer ohne Bedeutung; denn das Berufungsgericht hat die Aufrechnung für zulässig erachtet und dementsprechend über die Hilfswiderklage nicht entschieden. Der Beklagte ist deshalb auch insoweit nicht beschwert.
Da der Wert der Beschwer des Beklagten 60.000 DM nicht übersteigt, ist auch der Ausspruch des Berufungsgerichts über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils ohne Abwendungsbefugnis aufgrund der §§ 708 Ziff. 10, 713 ZPO richtig.
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Zülch, Dr. Beyer, Dr. Leimert, Wiechers
Fundstellen
Haufe-Index 539207 |
NJW-RR 1999, 1736 |