Verfahrensgang
LG Augsburg (Urteil vom 13.03.2018) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 13. März 2018
- soweit es den Angeklagten betrifft, in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen B.II. und B.III. der Urteilsgründe und über die Gesamtstrafe,
- soweit es den Mitangeklagten H. betrifft, in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen B.II. und B.III./I.5. der Urteilsgründe, über die Gesamtstrafe sowie über den Vorwegvollzug
aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Gegen den nicht revidierenden Mitangeklagten H. hat das Landgericht wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Erwerb von Betäubungsmitteln sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln eine Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verhängt, die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Der Strafausspruch hält in den Fällen B.II. und B.III. der Urteilsgründe rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Rz. 3
Das Landgericht hat in den Fällen B.II. und B.III. der Urteilsgründe jeweils minder schwere Fälle angenommen und die verhängten Einzelstrafen jeweils dem Strafrahmen des § 29a Abs. 2 BtMG entnommen. Im Rahmen der konkreten Strafzumessung hat die Strafkammer zum Nachteil des Angeklagten in die Abwägung eingestellt, dass es sich bei diesen Taten um die „harte Droge” Amphetamin gehandelt habe (UA S. 28).
Rz. 4
Die Zumessungserwägung, dass es sich bei Amphetamin um eine harte Droge handelt, begegnet durchgreifenden Bedenken. Sie ist auch nicht näher begründet. Der Art des Rauschgifts und seiner Gefährlichkeit kommt im Rahmen der Strafzumessung grundsätzlich eine eigenständige Bedeutung zu (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Juni 2016 – 1 StR 72/16, NStZ-RR 2016, 313, 314 mwN; vom 23. Januar 2018 – 3 StR 586/17, juris Rn. 5, NStZ-RR 2018, 185 und vom 14. Juni 2017 – 3 StR 97/17, juris Rn. 13, NStZ-RR 2017, 310). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht ein für die Strafzumessung maßgebliches Stufenverhältnis von so genannten harten Drogen wie Heroin, Fentanyl, Kokain und Crack über Amphetamin, das auf der Gefährlichkeitsskala einen mittleren Platz einnimmt, bis hin zu so genannten weichen Drogen wie Cannabis (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Juni 2016 – 1 StR 72/16, NStZ-RR 2016, 313, 314 mwN und vom 23. Januar 2018 – 3 StR 586/17, juris Rn. 5, NStZ-RR 2018, 185). Daran gemessen ist es verfehlt, dem Umstand, dass es sich bei Amphetamin um eine harte Droge handelt, strafschärfendes Gewicht beizumessen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. Juni 2016 – 1 StR 72/16, NStZ-RR 2016, 313, 314 und vom 14. Juni 2017 – 3 StR 97/17, juris Rn. 13, NStZ-RR 2017, 310).
Rz. 5
Das Urteil beruht hinsichtlich der Fälle B.II. und B.III. auf diesem Rechtsfehler, denn der Senat kann vorliegend aufgrund der zahlreichen strafmildernden Umstände von Gewicht, insbesondere der sehr schweren Erkrankung des – umfassend geständigen – Angeklagten und der darin begründeten Tatmotivation, nicht ausschließen, dass sich die genannte Erwägung des Landgerichts bei der Bemessung der Einzelstrafen in den genannten Fällen und der Gesamtstrafe zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat.
Rz. 6
2. Die zugrunde liegenden Feststellungen sind von dem aufgezeigten Wertungsfehler nicht betroffen und werden daher von der Aufhebung nicht umfasst. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit sie zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
Rz. 7
3. Die Aufhebung der Einzelstrafen in den genannten Fällen und der Gesamtstrafe war gemäß § 357 Satz 1 StPO auf den nicht revidierenden Mitangeklagten H. zu erstrecken, der die Betäubungsmittelstraftaten gemeinschaftlich mit dem Angeklagten begangen hat, da die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts in dem Fall B.II. und in dem Fall B.III./I.5. der Urteilsgründe (UA S. 31 f.), in dem das Landgericht für den Mitangeklagten H. eine Tat angenommen hat, durch den identischen Rechtsfehler beeinflusst worden sind (vgl. Franke in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 357 Rn. 22 mwN).
Unterschriften
Raum, Bellay, Cirener, Hohoff, Pernice
Fundstellen
Haufe-Index 12098173 |
StV 2019, 339 |