Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 22.03.1993)

 

Tenor

  • 1.

    Auf die Revision des Angeklagten E. wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 22. März 1993 nach § 349 Abs. 4 StPO

    • a)

      mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit das Urteil sich gegen den Angeklagten E. richtet,

    • b)

      im Schuldspruch gegen den Angeklagten Th.- ... dahin geändert, daß die Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen Hausfriedensbruchs entfällt.

  • 2.

    Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung gegen den Angeklagten E., auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Amtsgericht Tiergarten - Strafrichter - zurückverwiesen.

 

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten E. wegen Hausfriedensbruchs zu einer Geldstrafe und den Angeklagten Th. wegen Hausfriedensbruchs in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Nötigung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten E. hat Erfolg und führt zudem nach § 357 StPO zur Änderung des Schuldspruchs gegen den Nichtrevidenten Thomanek.

I.

Die Verurteilung des Angeklagten E. kann keinen Bestand haben.

1.

Es fehlt an dem nach § 123 Abs. 2 StGB erforderlichen Strafantrag.

a)

Der Hausrechtsinhaber St. hat den von ihm gestellten Strafantrag rechtswirksam nach § 77 d Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB zurückgenommen (SA Bd. II Bl. 40 R).

b)

Ob die Zeugin Zi. mit ihrer Strafanzeige in Verbindung mit ihrer polizeilichen Vernehmung (SA Bd. I Bl. 1, 6 bis 8) einen Strafantrag in der Form des § 158 Abs. 2 StPO angebracht hat, kann dahinstehen; denn die Zeugin war zur Stellung eines Strafantrags nach § 123 Abs. 2 StGB nicht berechtigt. Sie wohnte lediglich "mit Erlaubnis des Zeugen St." in dessen Wohnung, war dort "aufhältig", ohne seine Lebenspartnerin zu sein, hatte vielmehr anderweitig eine eigene Wohnung (UA S. 3, SA Bd. I Bl. 1, 9, 55 a, 93). Bei diesen Wohnverhältnissen war die Zeugin nicht Inhaberin des Hausrechts und mithin nicht strafantragsberechtigt (vgl. K. Schäfer in LK 10. Aufl. § 123 Rdn. 76, 85; Lenckner in Schönke/Schröder, StGB 24. Aufl. § 123 Rdn. 29, 38).

2.

Das Fehlen eines Strafantrags nach § 123 Abs. 2 StGB führt indes nicht zur Einstellung des Verfahrens; denn das Verhalten des Angeklagten an der Wohnungstür kann eine Nötigung nach § 240 StGB zum Nachteil der Zeugin Zi. darstellen, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 25. August 1993 ausgeführt hat. Allerdings genügen die bisherigen Feststellungen für einen Schuldspruch wegen Nötigung nicht, so daß die vom Generalbundesanwalt beantragte Schuldspruchänderung schon deshalb nicht möglich ist. Indes hat der Generalbundesanwalt zutreffend darauf hingewiesen, daß das Landgericht mit den Ausführungen UA S. 5 eine Nötigung nur für das spätere Geschehen innerhalb der Wohnung, nicht aber für die Handlungen beim Betreten der Wohnung ausgeschlossen hat.

3.

Da die Strafgewalt des Strafrichters (§ 25 GVG) ausreicht, verweist der Senat die Sache an diesen zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurück.

II.

Die Entscheidung ist nach § 357 StPO auf den Mitangeklagten Th., der nicht Revision eingelegt hat, in der Weise zu erstrecken, daß dessen Verurteilung wegen tateinheitlich begangenen Hausfriedensbruchs entfällt. Eine gesonderte Verurteilung dieses Angeklagten wegen einer im Eindringen in die Wohnung liegenden Nötigung kommt nicht in Betracht, denn das Landgericht hat das gesamte Verhalten dieses Angeklagten - Eindringen in die Wohnung und die anschließenden Handlungen in der Wohnung - rechtsfehlerfrei als natürliche Handlungseinheit bewertet und den Angeklagten Th. dieserhalb auch wegen Nötigung verurteilt. Der Strafausspruch gegen diesen Angeklagten wird von der Schuldspruchbeschränkung nicht berührt, da auszuschließen ist, daß der Tatrichter bei entsprechend beschränktem Schuldspruch auf eine geringere als die verhängte Strafe erkannt hätte.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI3018907

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