Tenor
Der Antrag des Angeklagten auf Entscheidung des Revisionsgerichts wird als unbegründet verworfen.
Tatbestand
I.
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt.
Rz. 2
Nachdem der Verteidiger des sich in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten gegen das Urteil form- und fristgerecht Revision eingelegt und das Rechtsmittel ebenso begründet hatte, hat der Angeklagte gegenüber dem Landgericht mit einem dort am 18. April 2006 eingegangenen eigenhändigen Schreiben folgende Erklärung abgegeben: „Hier mit möchte ich die von mir eingelegten Rechtsmittel zwecks meiner Revision zurück ziehen”. Nach Kenntnis von diesem Schreiben hat der Verteidiger mit Faxschreiben vom 21. April 2006 der „Auslegung als Rücknahme der Revision” widersprochen. Nachdem das Landgericht dem Angeklagten eine Kopie dieses Schriftsatzes zur Stellungnahme zugeleitet hatte, hat er in einem weiteren eigenhändigen Schreiben vom 3. Mai 2006, beim Landgericht eingegangenen am 5. Mai 2006, erklärt: „Ich stimme der Revisionsrücknahme zu, das mir entlich eine Psychologische Betreuung gestellt wird”.
Rz. 3
Mit Beschluss vom 9. Mai 2006 hat das Landgericht festgestellt, dass die Revision des Angeklagten durch Zurücknahme erledigt ist. Die Entscheidung enthält eine Rechtmittelbelehrung, wonach gegen den Beschluss entsprechend § 346 Abs. 2 StPO innerhalb der dort vorgesehenen Frist Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Revisionsgerichts gestellt werden kann. Der Verteidiger des Angeklagten hat daraufhin gegen den am 18. Mai 2006 zugestellten Beschluss mit Faxschreiben, eingegangen beim Landgericht am 24. Mai 2006, die Entscheidung des Revisionsgerichts beantragt und zur Begründung ausgeführt, der Angeklagte leide an einer endogenen Depression, so dass Zweifel an dessen Prozessfähigkeit bestünden.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 4
Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg.
Rz. 5
1. Wird die Wirksamkeit einer Revisionsrücknahme von einem Verfahrensbeteiligten in Zweifel gezogen, so ist es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Sache des Revisionsgerichts, hierüber eine feststellende Klärung zu treffen (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 20. Juli 2004 – 4 StR 249/04, NStZ 2005, 113 und vom 8. März 2005 – 4 StR 573/04, NStZ-RR 2005, 211). Zwar wird die Auffassung vertreten, dass bis zum Eingang der Akten beim Rechtsmittelgericht insoweit die Zuständigkeit des iudex a quo gegeben ist (vgl. Hanack in Löwe/Rosenberg StPO 25. Aufl. § 302 Rdn. 76; ebenso Meyer-Goßner, StPO 49. Aufl. § 302 Rdn. 11 a; vgl. auch BGHSt 12, 217, 219). Ob dies auch dann gelten kann, wenn – wie hier – von einem Verfahrensbeteiligten die Wirksamkeit der Rücknahme bereits in Zweifel gezogen worden war, mag dahin stehen. Jedenfalls ist nach einer Entscheidung durch den iudex a quo und bei Fortbestehen des Streites das Rechtsmittelgericht zur abschließenden Entscheidung über die Wirksamkeit der Rechtsmittelrücknahme berufen (vgl. Senat aaO). Ob eine solche Entscheidung im Revisionsverfahren – wovon das Landgericht ausgegangen ist – in analoger Anwendung des § 346 Abs. 2 StPO einen entsprechenden (fristgebundenen) Antrag voraussetzt (so Meyer-Goßner aaO) oder aber die Entscheidung des Revisionsgerichts formlos und ohne Einhaltung einer Frist herbeigeführt werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung, da der Antrag des Angeklagten innerhalb der in § 346 Abs. 2 StPO vorgesehenen Wochenfrist beim Landgericht eingegangen ist.
Rz. 6
2. Die Revision ist wirksam zurückgenommen.
Rz. 7
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Zuschrift zutreffend ausgeführt:
Rz. 8
„Der Angeklagte hat die Revision wirksam zurückgenommen (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO). Seine Rücknahmeerklärung wahrt die für die Zurücknahme des Rechtsmittels erforderliche Form (vgl. Meyer-Goßner StPO 49. Aufl. § 302 Rn. 7 m.w.N.). Sie ist eindeutig und zweifelsfrei. Der Angeklagte war bei Abgabe seiner Erklärung auch verhandlungsfähig. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Angeklagten im Hinblick auf seinen geistigen Zustand die genügende Einsichtsfähigkeit für seine Prozesshandlung und deren Tragweite gefehlt hätte. Im Urteil ist festgestellt, dass der Angeklagte nicht an Schwachsinn, krankhafter seelischer Störung oder schwerer anderer seelischer Abartigkeit leidet (UA S. 4). Zudem hat der Angeklagte mit seinem zweiten Schreiben vom 3. Mai 2006 erneut zu verstehen gegeben, dass er die Revision zurücknehmen möchte. Nach alledem bestehen keine Zweifel an der Wirksamkeit der Revisionsrücknahme. Diese ist unwiderruflich und unanfechtbar (Meyer-Goßner aaO Rn. 9 m.w.N.).”
Rz. 9
Bei der Feststellung des Landgerichts, dass der Angeklagte seine Revision gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 13. Februar 2006 wirksam zurückgenommen hat, hat es daher sein Bewenden.
Unterschriften
Maatz, Kuckein, Athing, Ernemann, Sost-Scheible
Fundstellen
Haufe-Index 2555256 |
NStZ-RR 2009, 34 |