Verfahrensgang
Tenor
Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 5. Juli 2022 wird auf Kosten der Betroffenen zurückgewiesen.
Gründe
Rz. 1
I. Die Betroffene, die ein Fernleitungsnetz betreibt, hat die Festlegung der Bundesnetzagentur vom 29. März 2019 zur Regelung einer marktgebietsweiten Referenzpreismethode betreffend das Marktgebiet GASPOOL (Az.: BK9-18/611-GP) mit der Beschwerde angegriffen, welche das Beschwerdegericht zurückgewiesen hat. Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 5. Juli 2022 zurückgewiesen und ihr auferlegt, die im Rechtsbeschwerdeverfahren notwendigen Auslagen sowohl der Bundesnetzagentur als auch der weiteren Beteiligten zu 1, 2, 3 und 4 zu erstatten.
Rz. 2
Mit der Anhörungsrüge beantragt die Betroffene, das Verfahren im Hinblick auf die Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens mit dem Ziel fortzusetzen, die notwendigen Auslagen der weiteren Beteiligten nicht tragen zu müssen. Sie macht geltend, der Kostenausspruch sei insoweit überraschend. Das Beschwerdegericht habe mit Recht davon abgesehen, ihr die Erstattung der im Beschwerdeverfahren angefallenen notwendigen Auslagen der weiteren Beteiligten aufzugeben.
Rz. 3
II. Die gemäß § 83a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 EnWG statthafte und auch im Übrigen form- und fristgerecht erhobene Anhörungsrüge ist zulässig, aber unbegründet.
Rz. 4
1. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG liegt nicht vor, weil es, anders als die Betroffene meint, keines gesonderten Hinweises auf die beabsichtigte Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens bedurfte. Dies ergibt sich aus dem im energiewirtschaftsrechtlichen Verfahren entsprechend anwendbaren (BGH, Beschluss vom 14. August 2008, KVR 42/07, ZNER 2008, 222 Rn. 80 - Rheinhessische Energie; van Rossum in: Assmann/Peiffer, BeckOK EnWG, 3. Ed., § 85 Rn. 5) Grundgedanken des § 139 Abs. 2 ZPO (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16. Juni 2003 - 7 B 106/02, NVwZ 2003, 1123 Rn. 10; vom 24. Februar 2020 - 9 BN 9/18, NVwZ-RR 2020, 658 Rn. 42, zur Verwaltungsgerichtsordnung). Nach diesem Grundsatz, der die aus Art. 103 Abs. 1 GG folgenden Anforderungen an die Verfahrensgestaltung konkretisiert (BGH, Beschluss vom 12. Mai 2020 - VIII ZR 171/19, NJW 2020, 2730 Rn. 13; BVerfGE 36, 85, 88; BVerfG, Beschluss vom 1. August 2017 - 2 BvR 3068/14, NJW 2017, 3218 Rn. 50, mwN), erstreckt sich die gerichtliche Hinweispflicht nicht auf Nebenentscheidungen (BGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 - II ZR 262/07, juris Rn. 2; Stellungnahme des Bundesrats, BT-Drucks. 7/5499, S. 1; s.a. Kern: in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 139 Rn. 82).
Rz. 5
Besonderheiten, die ausnahmsweise eine Hinweispflicht begründen könnten (vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 4. Juli 2016 - 2 BvR 1552/14, AnwBl 2016, 852 Rn. 7 ff.; vom 19. Juli 2019 - 2 BvR 2283/18, NJW 2019, 3294 Rn. 24 ff.), sind nicht gegeben. Die anwaltlich vertretene Betroffene konnte nach dem Prozessverlauf nicht darauf vertrauen, dass im Rechtsbeschwerdeverfahren eine Erstattung der notwendigen Auslagen der weiteren Beteiligten nach § 90 EnWG nicht in Betracht kam. Die Frage nach der Kostenerstattung war bereits im Beschwerdeverfahren sowohl von den Verfahrensbeteiligten schriftsätzlich als auch vom Beschwerdegericht in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Beschlusses erörtert worden. Nachdem das Beschwerdegericht die weiteren Beteiligten am Beschwerdeverfahren beteiligt hatte und diese bereits deshalb ohne weitere Prüfung der Rechtmäßigkeit ihrer Beteiligung im Beschwerdeverfahren Anspruch auf Beteiligung im Rechtsbeschwerdeverfahren hatten, war die Entscheidung gemäß § 90 EnWG für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Amts wegen nach Billigkeit unter Berücksichtigung der betroffenen Interessen und des tatsächlichen Umfangs der Beteiligung (BGH, Beschluss vom 14. März 1990 - KVR 4/88, WuW/E BGH 2627, 2643 - Sportübertragungen, insoweit nicht in BGHZ 110, 371 abgedruckt, zu § 77 GWB aF [jetzt § 71 GWB]) erneut zu treffen. Vor diesem Hintergrund musste die anwaltlich vertretene Betroffene als eine gewissenhafte und kundige Prozessbeteiligte alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen, ihren Vortrag darauf einstellen (vgl. nur BVerfGE 98, 218, 263; BVerfG, AnwBl 2016, 852 Rn. 7; BGH, Urteil vom 7. April 2022 - I ZR 5/21, WRP 2022, 720 Rn. 63 - Kinderzahnärztin; BVerwG, Beschluss vom 4. Juni 2020 - 2 B 26/19, juris Rn. 36 f.) und mit einer abweichenden Beurteilung durch das Rechtsbeschwerdegericht rechnen, auch wenn die weiteren Beteiligten im Rechtsbeschwerdeverfahren gegen die Kostenentscheidung des Beschwerdegerichts keine Stellung bezogen hatten.
Rz. 6
2. Ungeachtet dessen ist die Kostenentscheidung nach den dafür maßgeblichen Grundsätzen (BGH, WuW/E BGH 2627, 2643 - Sportübertragungen; Beschluss vom 11. März 2020 - EnVR 39/18, juris Rn. 3) in der Sache richtig. Das Vorbringen der Betroffenen ändert daran nichts. Die weiteren Beteiligten hatten als Fernleitungsnetzbetreiber ein besonderes rechtliches Interesse am Verfahrensausgang, weil sie selbst Adressaten der angegriffenen Festlegung waren und die gewählte Referenzpreismethode nur einheitlich (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 12. April 2016 - EnVR 25/13, RdE 2016, 293 Rn. 40 - Netzentgeltbefreiung II; vom 7. April 2009 - KVR 34/08, WRP 2009, 1391 Rn. 19 - Versicherergemeinschaft) gegenüber allen Fernleitungsnetzbetreibern festgelegt werden konnte. Die im Verfahren zu klärende Frage, welchen Transportkunden in welchem Umfang die Kosten welcher Netzinfrastrukturen des jeweiligen Marktgebiets in Rechnung zu stellen sind, betrifft zudem eine grundsätzliche Frage der Marktordnung (vgl. BGH, WuW/E BGH 2627, 2643 - Sportübertragungen) und begründet ein unmittelbares und erhebliches wettbewerbliches Interesse der weiteren Beteiligten. Diese haben das Verfahren in der Rechtsbeschwerdeinstanz auch in der Sache aktiv durch erhebliches Vorbringen in Schriftsätzen und im Zuge der mündlichen Verhandlung in hinreichendem Umfang gefördert, wobei sich dies nicht in einer bloßen Wiederholung des Vorbringens in der Beschwerdeinstanz erschöpft hat.
Rz. 7
Berechtigte Belange der Betroffenen stehen nicht entgegen. Nachteilige Auswirkungen der Kostenentscheidung im Hinblick auf die verfassungsrechtlich begründete Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes gegen Entscheidungen der Regulierungsbehörde (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 GG, Art. 19 Abs. 4 GG, vgl. auch BGH, WuW/E BGH 2627, 2643 - Sportübertragungen) sind nicht dargelegt und angesichts der begrenzten Zahl weiterer Beteiligter und des festgesetzten Streitwerts auch nicht ersichtlich.
Rz. 8
Soweit die Betroffene geltend macht, sie habe im Beschwerdeverfahren der Beteiligung weiterer Fernleitungsnetzbetreiber nur mit der Maßgabe zugestimmt, dass eine Kostenerstattung nicht erfolgt, ergibt sich daraus für sie ebenfalls nichts Günstiges. Die Beteiligung im Beschwerdeverfahren war - jedenfalls im vorliegenden Fall - wegen der Unteilbarkeit der Festlegung und der daraus folgenden unmittelbaren Berührung rechtlicher Interessen (s.o. Rn. 6) gemäß § 79 Abs. 1 EnWG, § 65 Abs. 2 VwGO aus Gründen der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes zwingend (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. Oktober 2010 - EnVR 52/09, RdE 2011, 59 Rn. 16 mwN - GABi Gas; WRP 2009, 1391 Rn. 19 - Versicherergemeinschaft; s.a. van Rossum in: Assmann/Peiffer, aaO, § 79 Rn. 13; Johannes/Roesen in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, 4. Aufl., § 79 Rn. 5; Boos in: Theobald/Kühling, Energierecht, Jan. 2022, § 66 Rn. 13 ff.; Lange in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, 5. Aufl., § 22 Rn. 31; Hanebeck in: Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 3. Aufl., § 79 Rn. 4; s.a. zum Kartellverwaltungsverfahren: Bunte/Lembach, Kartellrecht, 14. Aufl., § 63 Rn. 13, Deichfuß in: Kölner Kommentar zum Kartellrecht, 1. Aufl., § 67 GWB Rn. 5 ff.) und hing nicht von der Zustimmung der Betroffenen ab. Da das Beschwerdegericht ausweislich der erteilten Hinweise insoweit eine abweichende Rechtsauffassung vertreten hat, auf deren Grundlage eine Kostenerstattung zugunsten weiterer Beteiligter nach § 90 EnWG im Grundsatz nicht in Betracht kam, hat der Senat aus Gründen des Vertrauensschutzes davon abgesehen, die Kostenentscheidung des Beschwerdegerichts abzuändern. Für die im Rechtsbeschwerdeverfahren zu treffende Kostenentscheidung ergeben sich daraus jedoch keine Einschränkungen.
Rz. 9
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 90 Satz 2 EnWG.
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