Entscheidungsstichwort (Thema)
schwere Brandstiftung
Leitsatz (amtlich)
Aufgabe des Wohnzwecks eines von Ehegatten bewohnten Gebäudes.
Normenkette
StGB 1975 § 306 Nr. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 22. Dezember 1986 gegen ihn mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
- soweit er wegen schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit Versicherungsbetrug verurteilt ist,
- im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Die auf Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung der Verurteilung wegen schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit Versicherungsbetrug und des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Das Landgericht erachtet den Tatbestand der schweren Brandstiftung gemäß § 306 Nr. 2 StGB deswegen als erfüllt, weil der Angeklagte das dem Mitangeklagten M… gehörende, lediglich von diesem und seiner Ehefrau bewohnte Wohnhaus im Auftrag M…s in Abwesenheit des Ehepaares (in betrügerischer Absicht) in Brand gesetzt hat. Dabei hat es ersichtlich nicht geprüft, ob das Gebäude zur Tatzeit noch, wie in der Vorschrift voraussetzt, der Wohnung von Menschen diente (vgl. insbesondere u.a. Bl. 175). Diese Prüfung war aber geboten.
Der Eigentümer M… selbst hatte sich nach Absprache mit dem Angeklagten in der Tatnacht an einem anderen Ort aufgehalten. Damit und mit der Auftragserteilung zur Brandstiftung hatte er, für den Angeklagten erkennbar, das Haus nicht mehr als seine Wohnung betrachtet (vgl. BGHSt 26, 121, 122).
Allerdings konnte er die weitere Zweckbestimmung des Hauses, seiner Ehefrau als Wohnung zu dienen, nicht von sich aus beenden; das konnte nur seine Ehefrau selbst (BGH, Urteil vom 11. Oktober 1979 – 4 StR 470/79). Der Beschluß des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 13. März, 1984 – 5 StR 72/84 – besagt (entgegen der Annahme von Tröndle in Dreher/Tröndle StGB 43. Aufl. § 306 Rdnr. 4) nichts anderes. In dem jener Entscheidung zugrundeliegenden Fall waren der Eigentümer des Hauses, der „mit seiner Familie nach Jugoslawien übersiedeln” wollte, zwei Tage vor der von ihm veranlaßten Brandstiftung und seine Ehefrau noch früher mit den Kindern nach Jugoslawien aufgebrochen. Damit hatten beide Ehegatten für sich und für die Kinder die Zweckbestimmung des Hauses als Familienwohnung aufgegeben.
Im vorliegenden Fall war die Prüfung veranlaßt, ob nicht Frau M… ebenfalls in den Tatplan eingeweiht und mit der Brandlegung einverstanden war, also auch für sich die Wohnung im Haus aufgegeben hatte. Dieser Gedanke lag nicht fern. Frau M… war einige Tage zuvor in Urlaub gefahren, wurde aber bereits am Tage nach der Tatnacht zurückerwartet (UA Bl. 41). Die Tat war „ein wohl vorbereitetes, von dem (Mitangeklagten M…) selbst geplantes Ereignis. ., bei dem nichts dem Zufall überlassen worden ist” (UA Bl. 124). Die Strafkammer geht davon aus, daß auch andere Personen in der Siedlung vom Vorhaben Kenntnis hatten, insbesondere der Bruder der Frau M…, der in der Tatnacht zum Schutz seines nur 10 m vom Brandort entfernten Hauses 14 Feuerlöscher bereithielt (UA Bl. 47, 130 f.). Die Urteilsgründe schließen nicht aus, daß Frau M… beim Auslagern wichtiger Dokumente vor Inbrandsetzung des Hauses geholfen hat (UA Bl. 126).
Die insoweit gebotene Prüfung hat das Landgericht unterlassen. Es hat damit nicht ausgeschlossen, daß auch Frau M… ihre Wohnung in dem Haus aufgegeben hatte und der Angeklagte dies wußte. Auf dieser Grundlage hat die Verurteilung des Angeklagten wegen schwerer Brandstiftung keinen Bestand.
Daß das Gebäude in der Tatnacht „zeitweise zum Aufenthalt von (anderen) Menschen” gedient haben könnte (§ 306 Nr. 3 StGB), ist nach den Urteilsfeststellungen auszuschließen.
Damit war die Verurteilung wegen schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit Versicherungsbetrug aufzuheben. Daß die Voraussetzungen des § 308 Abs. 1 StGB vorlagen, kann der Senat nicht von sich aus feststellen. Außerdem war der Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe aufzuheben. Daß sich der Fehler auch auf die Verurteilung wegen anderer Straftaten ausgewirkt haben könnte, ist auszuschließen.
Fundstellen
Haufe-Index 609919 |
NJW 1988, 1276 |
JZ 1988, 55 |
StV 1988, 387 |
StV 1988, 55 |