Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafvollzug
Tenor
Die Sache wird an das Oberlandesgericht München zurückgegeben.
Gründe
In der Vorlegungssache geht es um die Frage, ob ein Strafgefangener in einer Justizvollzugsanstalt nach § 70 Strafvollzugsgesetz (StVollzG) einen CD-Player besitzen darf.
I.
1. Der Antragsteller verbüßt mehrere Freiheitsstrafen wegen Mißbrauchs von Berufsbezeichnungen, versuchter Anstiftung zum Totschlag und versuchter Nötigung; das Strafende ist für den 27. August 2000 vorgemerkt. Der Strafgefangene hat bereits im Frühjahr 1998 bei der Justizvollzugsanstalt beantragt, einen CD-Player besitzen zu dürfen. Der Antrag wurde abschlägig beschieden. Der Strafgefangene hat daraufhin beantragt, die Justizvollzugsanstalt im Wege der gerichtlichen Entscheidung nach § 109 StVollzG anzuweisen, den Besitz eines CD-Players nach § 70 StVollzG zu bewilligen; den Antrag hat die Strafvollstreckungskammer zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß hat der Antragsteller Rechtsbeschwerde eingelegt. Das nach § 116 StVollzG angerufene Oberlandesgericht München ist der Ansicht, daß eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung in der Justizvollzugsanstalt jedenfalls nicht allein mit der Begründung verneint werden könne, daß es sich im Hinblick auf eine Verplombung nur um ein die Sicherheit nicht entscheidend berührendes Restrisiko handele, da Verplombungen manipuliert werden könnten. Bei einer Entscheidung über die Zulassung eines CD-Players müsse auch auf die Verhältnisse in der jeweiligen Justizvollzugsanstalt und die Persönlichkeit des jeweiligen Strafgefangenen eingegangen werden. An einer solchen differenzierten Beurteilung sieht sich das Oberlandesgericht München durch einen Beschluß des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (NStZ 1989, 343, 344) gehindert. Es will von dieser Entscheidung abweichen und hat die Sache deswegen dem Bundesgerichtshof nach § 121 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 GVG vorgelegt, dabei allerdings die zur Entscheidung gestellte Rechtsfrage nicht formuliert.
2. Der Generalbundesanwalt hält die Vorlegungsvoraussetzungen für nicht gegeben. Der Generalbundesanwalt hat deswegen beantragt zu beschließen:
Die Sache wird an das Oberlandesgericht München zurückgegeben.
II.
Die Sache wird an das Oberlandesgericht München zurückgegeben; es besteht keine Vorlegungspflicht. Ob bereits die Nichtformulierung der Vorlegungsfrage zur Unzulässigkeit der Vorlage führt, bedarf keiner Entscheidung.
1. Das Oberlandesgericht München hat nicht dargetan, daß die Rechtsfrage, in der es abweichen will, für die eigene Entscheidung tragend ist. Dies wäre nur der Fall, wenn das Oberlandesgericht München unter Zugrundelegung seiner Rechtsansicht die Rechtsbeschwerde des Antragstellers verwerfen wollte, sich daran aber durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main gehindert sieht. Es ist kein Vorlegungsgrund, wenn ein Oberlandesgericht nur in der Begründung seiner Rechtsansicht, nicht aber im Ergebnis von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abweichen will (vgl. BGH NJW 1977, 1014). Diese Wertung hat das Oberlandesgericht München jedoch nicht vorgenommen, sondern nur ausgeführt, eine Gefährdung von Sicherheit und Ordnung der Anstalt im Sinne von § 70 Abs. 2 Nr. 2 StVollzG könne jedenfalls nicht mit der Begründung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main ausgeschlossen werden.
2. Im übrigen würde das Oberlandesgericht München nicht von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main abweichen. Allerdings hat der Bundesgerichtshof die Auffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts, es weiche bei der von ihm beabsichtigten Entscheidung von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts ab, hinzunehmen, solange diese vertretbar ist (vgl. BGH NJW 1999, 3499 m.w.N.). Die Ansicht des Oberlandesgerichts München ist jedoch in diesem Sinne unvertretbar: Der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main kann – auch bei großzügiger Auslegung – nicht entnommen werden, daß dieses die Zulässigkeit des Besitzes von CD-Playern nach § 70 StVollzG in jedem Fall und ohne Ansehung der konkreten Verhältnisse in der Justizvollzugsanstalt und des konkreten Antragstellers entscheiden wollte. Das ergibt sich bereits aus dem Umstand, daß das Oberlandesgericht Frankfurt am Main über ein konkretes Gerät, noch dazu aus dem Jahr 1989, nach Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Umbaumöglichkeiten dieses Geräts entschieden hat.
3. Ebensowenig bezieht sich die beabsichtigte Abweichung auf eine Rechtsfrage. Die Frage, ob der Besitz eines Gegenstandes die Sicherheit und Ordnung der Anstalt im Sinne von § 70 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. StVollzG gefährdet, hängt weitgehend von den Umständen des Einzelfalles ab, nämlich – wie das vorlegende Oberlandesgericht zutreffend ausführt – von der Art des Gegenstandes, von den Verhältnissen in der konkreten Justizvollzugsanstalt und von der Person des Strafgefangenen, der den Antrag auf Besitz des Gegenstandes gestellt hat, und ist deswegen überwiegend tatsächlicher Natur (vgl. BGHSt 22, 341, 342 f.).
Unterschriften
Harms, Basdorf, Nack, Tepperwien, Raum
Fundstellen
Haufe-Index 540920 |
NStZ 2000, 222 |