Verfahrensgang
LG Duisburg (Entscheidung vom 26.04.2022; Aktenzeichen 36 KLs 28/21) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 26. April 2022 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen sowie der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen schuldig ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "unerlaubten" Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen sowie Beihilfe zum "unerlaubten" Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
Rz. 2
Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen zu dem hier allein relevanten ersten Tatkomplex entschloss sich der betäubungsmittelabhängige Angeklagte, zur Tilgung von Schulden bei seinem Lieferanten aus vorangegangenen Erwerben von Betäubungsmitteln für diesen Heroin zu verkaufen. Ihm wurden zunächst 100 Gramm Heroin zur Weiterveräußerung überlassen, das er mit Hilfe Dritter veräußerte. Den Erlös in Höhe von 1.800 € übergab er einem Kurier des Lieferanten. Zeitgleich erhielt er von diesem erneut 100 Gramm Heroin, welches er anschließend absetzte. Bei Ablieferung des hierdurch erlangten Verkaufserlöses in Höhe von 2.500 € an den Kurier übergab dieser ihm ein drittes Mal 100 Gramm Heroin; auch dieses veräußerte der Angeklagte für insgesamt 2.500 €. Anschließend ließ er wiederum den Verkaufserlös seinem Gläubiger zukommen; bei dieser Ablieferung erhielt er keine neuen Betäubungsmittel. Vielmehr teilte er seinem Lieferanten nachfolgend mit, seine Verkaufstätigkeit beenden zu wollen. Er erklärte sich aber schließlich bereit, ein letztes Mal Betäubungsmittel abzusetzen, woraufhin er 75 Gramm Heroin erhielt, von denen er 15 Gramm verkaufte und den Rest seinem Lieferanten zurückgab, weil er hierfür keine Abnehmer fand. Das Heroin hatte jeweils einen Wirkstoffanteil von 40% Heroinhydrochlorid.
Rz. 3
Die Strafkammer hat den Angeklagten insofern des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG in vier Fällen für schuldig befunden.
II.
Rz. 4
Die konkurrenzrechtliche Bewertung des Landgerichts, der Angeklagte habe sich hinsichtlich des vorgenannten Geschehens wegen vier zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit stehender Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge strafbar gemacht, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Im Übrigen hat die auf die Sachrüge gebotene umfassende materiellrechtliche Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Rz. 5
1. Dadurch, dass der Angeklagte bei der Ablieferung der Erlöse aus den ersten beiden Betäubungsmittelverkäufen jeweils neues Heroin zum Weiterverkauf erhielt, liegt eine zeitliche Überschneidung der Tathandlungen des dreifachen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vor. Diese bewirkt, dass die drei Verkäufe von jeweils 100 Gramm Heroin als natürliche Handlungseinheit zueinander im Verhältnis der (gleichartigen) Tateinheit gemäß § 52 Abs. 1 StGB stehen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. Februar 2022 - 3 StR 6/22, juris Rn. 8; vom 14. Mai 2019 - 3 StR 65/19, juris Rn. 9; vom 10. Juli 2017 - GSSt 4/17, BGHSt 63, 1 Rn. 13 ff. mwN). Mithin hat sich der Angeklagte nach den insgesamt rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen im ersten Tatkomplex wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG in (lediglich) zwei Fällen strafbar gemacht.
Rz. 6
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend; § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Von einer Kennzeichnung der gleichartigen Tateinheit hinsichtlich der jeweiligen Verwirklichung des Straftatbestandes des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in den ersten drei Verkaufsfällen sieht der Senat aus Gründen der Übersichtlichkeit des Schuldspruchs ab (vgl. insofern BGH, Beschlüsse vom 10. März 2021 - 3 StR 13/21, NStZ 2022, 35 Rn. 3; vom 31. Mai 2016 - 3 StR 54/16, NStZ-RR 2016, 274, 275; Urteil vom 27. Juni 1996 - 4 StR 3/96, NStZ 1996, 610, 611). Zugleich lässt der Senat die Kennzeichnung der Taten im Tenor des angefochtenen Urteils als "unerlaubt" entfallen; diese ist entbehrlich, weil Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz ausschließlich den unerlaubten Umgang mit Betäubungsmitteln betreffen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Januar 2022 - 3 StR 464/21, juris Rn. 4; vom 9. Februar 2021 - 3 StR 449/20, juris Rn. 3; vom 10. November 2020 - 3 StR 355/20, juris Rn. 2).
Rz. 7
2. Die Änderung des Schuldspruchs führt zum Wegfall der für das zweite und dritte Verkaufsgeschehen verhängten Einzelstrafen von jeweils einem Jahr und drei Monaten Freiheitsstrafe. Die vom Landgericht für den ersten Verkauf von 100 Gramm Heroin festgesetzte Einzelstrafe von gleichfalls einem Jahr und drei Monaten Freiheitsstrafe kann als Einzelstrafe für die eine Tat im materiellrechtlichen Sinne darstellenden ersten drei Verkaufsfälle bestehen bleiben. Es ist auszuschließen, dass die Strafkammer, hätte sie die drei Verkaufsfälle rechtlich zutreffend als eine Tat gewertet, für diese eine geringere Einzelstrafe festgesetzt hätte.
Rz. 8
3. Die Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten hat Bestand. Denn angesichts der verbleibenden Einzelstrafen von einem Jahr und drei Monaten sowie zwölf Mal jeweils einem Jahr Freiheitsstrafe ist auszuschließen, dass die Strafkammer diese Einzelstrafen auf eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe zusammengeführt hätte.
III.
Rz. 9
Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 4 StPO. Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels lässt es nicht unbillig erscheinen, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten.
Schäfer |
|
RiBGH Dr. Berg befindet sich im Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben. |
|
Erbguth |
|
|
Schäfer |
|
|
|
Kreicker |
|
Voigt |
|
Fundstellen
Haufe-Index 15524332 |
StV 2023, 460 |