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BGH Beschluss vom 15.03.2000 - 2 StR 614/99

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

 

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 22. Juni 1999 mit Ausnahme des Schuldspruchs in den Fällen III. 2. i) und j) der Urteilsgründe (K.) mit den Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

 

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Fall b)) und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 700 Fällen (Fallkomplex a)) unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe aus einem anderen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 163 Fällen (Fälle e) bis j)), davon in drei Fällen in nicht geringer Menge (Fallkomplex g)), zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Mit seiner Revision rügt er die Verletzung sachlichen Rechts.

Das Rechtsmittel ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO), soweit es sich gegen den Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in den Fällen i) und j) richtet.

Zum überwiegenden Teil hat es jedoch Erfolg, weil in den weiter abgeurteilten Fällen das Verhältnis der Taten und Tatkomplexe zueinander nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Bewertungseinheit geprüft worden ist (dazu: BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 1 ff); diese Prüfung war unerläßlich – sie drängte sich nach den getroffenen Feststellungen auf.

Das Landgericht nimmt im Tatkomplex a) 700 Einzeltaten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln an, da der Angeklagte von Anfang 1993 bis Ende September 1995 in ebensovielen Fällen je 0,2 g Heroinzubereitung an F. verkauft hat. Im Fall b) ist der Angeklagte wegen einer im selben Zeitraum begangenen Einzeltat – Einfuhr von und Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge – verurteilt worden, weil er von einem holländischen Händler, den er damals regelmäßig zum Zwecke des Rauschgifterwerbs aufsuchte, bei einer Gelegenheit mindestens 85 g Heroin durchschnittlicher Qualität gekauft, über die Grenze geschafft und in seine Koblenzer Wohnung gebracht hat. Es liegt nahe, daß die an F. veräußerten Heroinmengen jedenfalls teilweise aus dieser Menge stammten. Soweit das zutrifft, durften die einzelnen Lieferungen an F. nicht als selbständige Taten beurteilt werden; denn sie bildeten dann mit der unter b) festgestellten Tat eine Bewertungseinheit und gingen demgemäß in ihr auf. Mit der Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang es sich um das nämliche Rauschgift gehandelt hat, setzt sich das Landgericht nicht auseinander. Das ist ein Rechtsfehler, der zur Aufhebung der Verurteilung in den zu a) und b) aufgeführten Fällen nötigt.

Ebenso verhält es sich mit den Tatkomplexen e), f) und g). Im Tatkomplex e) nimmt das Landgericht 121 Taten des Handeltreibens an, weil der Angeklagte von Anfang 1997 bis Ende April 1997 120 mal je 0,2 g Heroinzubereitung an B. und vor Weihnachten 1996 eine Konsumeinheit Heroin an dessen Frau verkauft hat; im Tatkomplex f) geht es von 32 Taten des Handeltreibens aus, da der Angeklagte im selben Zeitraum in ebensovielen Fällen jeweils mindestens 0,8 g Heroin an R. veräußert hat. Der Tatkomplex g) besteht aus drei Taten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: hier hat der Angeklagte, der nunmehr das Rauschgift aus einer anderen Quelle bezog, innerhalb des genannten Zeitraums in zwei Fällen mindestens 30 g Heroin guter Qualität und in einem weiteren Fall mindestens 10 g Heroin schlechter Qualität zum Zweck des gewinnbringenden Verkaufs in seiner Wohnung gelagert. Auch hier liegt es nahe, daß Rauschgiftmengen, mit denen der Angeklagte in den Tatkomplexen e) und f) die Abnehmer B. und R. beliefert hat, jedenfalls teilweise aus den im Tatkomplex g) verwahrten Vorräten stammten. Dazu verhält sich das Urteil nicht. Die Verurteilung kann deshalb auch in den Fällen e), f) und g) keinen Bestand haben.

Die Aufhebung bezieht sich auch auf die in den Fällen a) bis g) getroffenen Feststellungen.

In den Fällen i) und j) bleibt – wie schon ausgeführt – der Schuldspruch bestehen. Der Senat hebt jedoch die zugehörigen Einzelstrafen für die betroffenen sieben Fälle auf, da einerseits nicht auszuschließen ist, daß sich die Höhe der wegfallenden Einzelstrafen, insbesondere der Einsatzstrafe, auf diese Strafen ausgewirkt hat, andererseits der neu entscheidenden Strafkammer eine angemessene Abstimmung aller gegebenenfalls zu verhängenden Strafen zu ermöglichen ist.

Bei der neuen Gesamtstrafenbildung wird zu beachten sein, daß die Einzelstrafe für die unter j) abgeurteilte Tat nicht – wie es in den Urteilsgründen des angefochtenen Urteils geschehen ist – mit den unter a) und b) zu verhängenden Einzelstrafen zusammengefaßt werden darf; da diese Tat im Sommer 1998, also nach dem zäsurbildenden Urteil des Amtsgerichts Koblenz vom 11. November 1996 begangen worden ist, muß die zugehörige Einzelstrafe vielmehr Bestandteil der aus den Strafen für die Taten e) bis i) zu bildenden Gesamtstrafe werden.

Schließlich weist der Senat noch darauf hin, daß die neu entscheidende Strafkammer nicht mehr über die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) zu befinden hat; die Nichtanordnung der Maßregel ist rechtskräftig, nachdem der Angeklagte diese Entscheidung im vorliegenden Revisionsverfahren ausdrücklich und wirksam von der Anfechtung ausgenommen hat (BGHSt 38, 362).

 

Unterschriften

Jähnke, Niemöller, Detter, Bode, Otten

 

Fundstellen

Dokument-Index HI556709

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