Verfahrensgang
LG Paderborn (Urteil vom 22.11.2004) |
Tenor
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 22. November 2004, auch soweit es den Angeklagten Alexej W. betrifft, mit den Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zu den 626 Einzelverkäufen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat die Angeklagte und den früheren Mitangeklagten Alexej W. jeweils der gewerbsmäßigen Hehlerei in 628 Fällen schuldig gesprochen. Es hat die Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten und den Angeklagten Alexej W., der keine Revision eingelegt hat, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt.
Mit ihrer Revision rügt die Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel führt – gemäß § 357 StPO auch zu Gunsten des früheren Mitangeklagten Alexej W. – zur Aufhebung des Urteils; jedoch können die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu den insgesamt 626 Fällen des Verkaufs von Diebesgut durch dessen Versteigerung im Internet bestehen bleiben.
Der Schuldspruch wegen – mittäterschaftlich begangener – gewerbsmäßiger Hehlerei in 628 Fällen hat keinen Bestand. Die Annahme des Landgerichts, jeder der – allerdings nicht 628, wie es in der verkündeten Urteilsformel aufgrund eines Zählfehlers heißt (UA 23), sondern 626 – Verkäufe von Kraftfahrzeugteilen, die von den Vortätern in den Jahren 2001 bis Mai 2004 „in einer Vielzahl von Fällen” (UA 6) bei der geschädigten Firma entwendet und an die Angeklagten gegen Bezahlung geliefert worden waren, begründe eine rechtlich selbständige Hehlerei in der Form des Sichverschaffens, ist rechtsfehlerhaft.
Unzutreffend ist schon der rechtliche Ansatz, daß die Angeklagte den Tatbestand des Sichverschaffens (auch) durch die Verkäufe von den Vortätern erworbenen Diebesgutes im Rahmen ihres arbeitsteiligen Zusammenwirkens mit dem Mitangeklagten verwirklicht hat. Der Tatbestand der Hehlerei in der hier vorliegenden Begehungsform des Ankaufens, das lediglich einen Unterfall des Sichverschaffens darstellt (vgl. Lauer in MünchKomm-StGB § 259 Rdn. 78 m.N.), setzt vielmehr nur voraus, daß der Hehler die Sache zu eigener tatsächlicher Herrschaft und Verfügungsgewalt vom Vortäter dergestalt erwirbt, daß dieser jede Möglichkeit verliert, auf die Sache einzuwirken (BGHSt 27, 160, 163). Überträgt der Vortäter – wie hier – die Sache an eine Mehrheit von Personen, so genügt es, wenn diese untereinander Mitverfügungsbefugnis erlangen (BGHSt 35, 172, 175). Damit ist die Hehlerei in der Form des Ankaufens vollendet (vgl. Lauer aaO Rdn. 115). Erwirbt ein Hehler jeweils mehrere aus einer oder aus verschiedenen Vortaten stammende Sachen in einem Akt, liegt nur eine Hehlerei vor (vgl. BGH, Beschluß vom 5. Mai 1998 – 5 StR 157/98; Lauer aaO Rdn. 120 m.w.N.).
Demgemäß hat die Angeklagte den Tatbestand der (gewerbsmäßigen) Hehlerei nicht erst durch die Verkäufe jeweils eines oder mehrerer der von den Vortätern erworbenen Kraftfahrzeugteile verwirklicht, sondern durch deren Ankauf (vgl. BGHR StGB § 259 Abs. 1 Sichverschaffen 4). Nach den bisherigen Feststellungen wurden aber in dem Tatzeitraum von den Vortätern mehrfach Kraftfahrzeugteile entwendet, von einem der Täter mit einem Lastkraftwagen an die Angeklagten ausgeliefert und von diesen in der Garage des Mitangeklagten sowie in einem Keller der Angeklagten eingelagert. Danach liegt es nahe, daß die Lieferungen einen erheblichen Umfang hatten und daß jeweils mehrere der 626 Verkäufe dieselbe Lieferung betrafen.
Das Landgericht hätte daher nähere Feststellungen zu Anzahl und Umfang der Erwerbsakte treffen müssen. Soweit das Landgericht ausgeführt hat, daß „konkrete zeitliche Feststellungen” dazu, wann das jeweils verkaufte Diebesgut in den Besitz der Angeklagten gelangt sei, nicht getroffen werden konnten (UA 7), hätte es jedenfalls – gegebenenfalls in Anwendung des Zweifelssatzes – die Mindestzahl der zugrunde liegenden Erwerbsakte feststellen müssen. Wenn sich die Verteilung des festgestellten Gesamtschadens (Wert der verkauften und der bei Durchsuchungen bei den Angeklagten sichergestellten Kraftfahrzeugteile [UA 18/22]) auf die einzelnen Erwerbsakte einer genauen Feststellung entzog, hätte eine Zuordnung im Wege der Schätzung erfolgen müssen (vgl. BGH NJW 2002, 1810; BGHR StGB vor § 1/Serienstraftaten, Betrug und Steuerhinterziehung 2).
Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
Unterschriften
Maatz, Kuckein, Athing, Solin-Stojanović, Ernemann
Fundstellen