Tenor
Der IX. Zivilsenat hält an der Rechtsauffassung, daß die Verjährung von Zinsen aus einer Sicherungsgrundschuld bis zum Eintritt des Sicherungsfalls gehemmt ist, nicht fest.
Gründe
1. Der IX. Zivilsenat ist allerdings der Meinung, daß seine Argumente nicht geringeres Gewicht haben als diejenigen, die der XI. Zivilsenat seiner Anfrage vom 26. Januar 1999 (WM 1999, 382 f) zugrunde gelegt hat und auf die Bezug genommen wird.
a) Mit der Sicherungsabrede vereinbaren die Parteien, daß der Grundschuldgläubiger aus der Grundschuld so lange nicht vorgehen kann, wie der Sicherungsfall nicht eingetreten ist. Dieser tritt erst ein, wenn und sobald die gesicherte Forderung nicht mehr vertragsgemäß getilgt wird. Bis dahin kann der Gläubiger auch die Grundschuldzinsen nicht verlangen. Der Umstand, daß der Sicherungsfall immer noch eintreten kann, solange das Sicherungsverhältnis nicht beendet ist, spricht dafür, daß die Einrede des mangelnden Sicherungsfalls keine dauernde, sondern nur eine aufschiebende im Sinne des § 202 Abs. 1 BGB ist. Dagegen dürfte von den Beteiligten regelmäßig kaum gewollt sein, daß der auf die Grundschuldzinsen gerichtete Anspruch verjährt, obwohl der Gläubiger ihn weder mit Aussicht auf Erfolg geltend machen noch die Verjährung unterbrechen konnte.
b) Wenn die auf die Grundschuldzinsen gerichteten Ansprüche vor Eintritt des Sicherungsfalls nicht verjähren, muß deswegen ein existenzbedrohendes Anwachsen von Schulden nicht befürchtet werden. Die Sicherungsgrundschuld und die Grundschuldzinsen dürfen stets nur in dem Umfang geltend gemacht werden, wie es erforderlich ist, um die gesicherte Kreditschuld zu tilgen. Für die Kreditzinsen gilt § 197 BGB uneingeschränkt. Allerdings erhöht sich bis zum Eintritt des Sicherungsfalls der Sicherungsumfang der Sicherungsgrundschuld laufend um die dinglichen Zinsen; falls der Sicherungsfall erst nach Jahren eintritt, kann dies zu einer Übersicherung führen. Indessen hat der Sicherungsgeber einen schuldrechtlichen Anspruch auf Freigabe eines Teils der Sicherheit. Zwar kann er keine Freigabe verlangen, wenn im Zuge einer Umschuldung die Grundschuld mitsamt den aufgelaufenen dinglichen Zinsen zur Absicherung einer wesentlich höheren Kreditforderung eingesetzt wird. Das ist für den Sicherungsgeber aber nur vorteilhaft, wenn er zugleich Kreditnehmer ist und als Kreditunterlage sonst nur eine um die verjährten Zinsen verminderte Sicherheit anbieten könnte. Sind Sicherungsgeber und Kreditnehmer personenverschieden und sollte die anfängliche Untersicherung für die gesamte Dauer der Vertragsbeziehung maßgeblich bleiben, so steht dem Sicherungsgeber ein Freigabeanspruch zu, sobald die Sicherheit das anfängliche Maß überschreitet.
c) Bei der oben (1 a) angedeuteten Auslegung des § 202 Abs. 1 BGB dürfte die Verjährungshemmung hinsichtlich des Anspruchs auf rückständige Grundschuldzinsen als gesetzliche Folge des Leistungsverweigerungsrechts keiner Klauselkontrolle nach dem AGB-Gesetz unterliegen.
d) Wird die Verjährung der Grundschuldzinsen – wie es der XI. Zivilsenat für richtig hält – dem § 197 BGB unterstellt, so werden die Grundschuldzinsen den Darlehenszinsen gleichgestellt. Insoweit wird die Grundschuld der Hypothek angenähert und das Abstraktionsprinzip eingeschränkt. Ist eine solche Folge beabsichtigt, so sollte sie im Wege einer offenen Rechtsfortbildung erzielt werden.
2. Den genannten Gründen für die bisher vom IX. Zivilsenat vertretene Meinung kann indessen nach Auffassung dieses Senats bei Abwägung gegenüber den vom XI. Zivilsenat in seinem Anfragebeschluß niedergelegten Argumenten auch kein deutliches Übergewicht zugemessen werden. Deshalb will der IX. Zivilsenat einer von dem zuständigen Fachsenat für das Grundschuldrecht aus wirtschaftlich-praktischen Erwägungen angestrebten Rechtsfortbildung nicht im Wege stehen.
Unterschriften
Paulusch, Kirchhof, Fischer, Zugehör, Ganter
Fundstellen
Haufe-Index 539509 |
NJW 1999, 2590 |
KTS 1999, 474 |
MittRhNotK 1999, 280 |
WM 1999, 1165 |