Leitsatz (amtlich)
Die Kürzung einer laufenden Versorgung wegen Unterhalt kann befristet oder für künftige Zeiträume gestaffelt ausgesetzt werden.
Normenkette
VersAusglG §§ 33-34
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 4. Zivilsenats - Familiensenat - des OLG München vom 28.1.2016 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 1.000 EUR
Gründe
I.
Rz. 1
Die Ehe des Antragstellers (Ehemann) und der weiteren Beteiligten (Ehefrau) wurde durch rechtskräftigen Endbeschluss vom 27.9.2013 geschieden. Der Versorgungsausgleich wurde hinsichtlich der nach § 32 VersAusglG anpassungsfähigen Anrechte dahin geregelt, dass im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Ehemanns bei der Antragsgegnerin (Deutsche Rentenversicherung Bund) ein Anrecht i.H.v. 28,9206 Entgeltpunkten auf das bei der Antragsgegnerin vorhandene Konto der Ehefrau und von dem Anrecht der Ehefrau bei der Antragsgegnerin ein Anrecht i.H.v. 4,9091 Entgeltpunkten auf das Konto des Antragstellers übertragen wurden.
Rz. 2
Der Ehemann bezieht seit dem 1.9.2015 eine Vollrente wegen Alters i.H.v. 1.232,80 EUR brutto. Ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich betrüge die Rente 1.934,18 EUR brutto. Auf Antrag des Ehemanns hat das FamG die Kürzung des Anrechts monatlich für die Zeit vom 1.9. bis 31.12.2015i.H.v. 220 EUR, für die Zeit vom 1.1. bis 31.12.2016i.H.v. 200 EUR und für die Zeit vom 1.1. bis 30.9.2017i.H.v. 150 EUR ausgesetzt, nachdem sich der Ehemann durch gerichtlich vorgeschlagenen Vergleich zur Zahlung entsprechender Unterhaltsbeträge an die Ehefrau verpflichtet hatte.
Rz. 3
Gegen diese Entscheidung hat die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt, mit der sie sich dagegen gewendet hat, dass eine gestaffelte Aussetzung der Kürzung auch für künftige Zeiten ausgesprochen worden ist, da die Anpassungsvoraussetzungen auch schon früher wegfallen könnten. Das OLG hat die Beschwerde zurückgewiesen; hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin.
II.
Rz. 4
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
Rz. 5
1. Allerdings ist das Rubrum von Amts wegen zu berichtigen, nachdem die Instanzgerichte fehlerhaft die Ehefrau als Antragsgegnerin des Verfahrens und den Versorgungsträger als weiteren Beteiligten behandelt haben. Das Verfahren über die Aussetzung der Kürzung einer laufenden Versorgung (§§ 33 f. VersAusglG) richtet sich gegen den Versorgungsträger, der deshalb als Antragsgegner anzusehen ist. Die ausgleichspflichtige und die ausgleichsberechtigte Person sind mögliche Antragsteller des Verfahrens (§ 34 Abs. 2 Satz 1 VersAusglG). Eine antragsberechtigte Person, die den Antrag nicht stellt, nimmt nicht die Rolle eines Antragsgegners ein, sondern die eines weiteren Beteiligten.
Rz. 6
2. Das OLG hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Aus der Befristung der Aussetzung der Kürzung erwachse der Antragsgegnerin kein Nachteil. Denn der Ehemann habe die Antragsgegnerin nicht nur unverzüglich über den Wegfall oder Änderungen seiner Unterhaltszahlungen, sondern gem. § 34 Abs. 5 VersAusglG auch über den Bezug einer laufenden Versorgung aus einem anpassungsfähigen Anrecht sowie über den Rentenbezug, die Wiederheirat oder den Tod der Ehefrau zu unterrichten. Die dadurch eröffneten Möglichkeiten einer gerichtlichen Abänderung (§ 34 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG) oder Entscheidung des Versorgungsträgers über die Beendigung der Aussetzung (§ 34 Abs. 6 Satz 1 VersAusglG) erführen durch die ausgesprochene Befristung und deren Rechtskraftwirkung keine Einschränkung.
Rz. 7
3. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
Rz. 8
a) Gemäß § 33 Abs. 1 VersAusglG wird die Kürzung der laufenden Versorgung der ausgleichspflichtigen Person auf Antrag ausgesetzt, solange die ausgleichsberechtigte Person aus einem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht keine laufende Versorgung erhalten kann und sie gegen die ausgleichspflichtige Person ohne die Kürzung durch den Versorgungsausgleich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch hätte.
Rz. 9
Die Aussetzung der Kürzung knüpft somit an den "gesetzlichen Unterhaltsanspruch" an. Beruht die konkrete Unterhaltspflicht - wie hier - auf einem Unterhaltsvergleich, ist auf den fiktiven gesetzlichen Unterhaltsanspruch abzustellen (BGH, Beschl. v. 21.3.2012 - XII ZB 234/11, FamRZ 2012, 853 Rz. 25). § 33 Abs. 3 VersAusglG beschränkt nämlich die Aussetzung der Rentenkürzung auf die Höhe des gesetzlichen Unterhaltsanspruchs, den der geschiedene Ehegatte nach § 33 Abs. 1 VersAusglG bei ungekürzter Versorgung hätte. Hierdurch begegnet die gesetzliche Neuregelung auch der Gefahr von Manipulationen durch kollusives Zusammenwirken der Eheleute (BGH, Beschl. v. 26.6.2013 - XII ZB 64/13, FamRZ 2013, 1640 Rz. 12 m.w.N.). Insoweit ist das OLG - von der Rechtsbeschwerde unbeanstandet - offensichtlich davon ausgegangen, dass die vom FamG errechneten und als Vergleich vorgeschlagenen Unterhaltsbeträge dem fiktiven gesetzlichen Unterhaltsanspruch entsprechen.
Rz. 10
Daneben ist die Anpassung gem. § 33 Abs. 3 VersAusglG auch auf die Höhe der Differenz der beiderseitigen Ausgleichswerte aus denjenigen Anrechten i.S.d. § 32 VersAusglG beschränkt, aus denen die ausgleichspflichtige Person eine laufende Versorgung bezieht. Diese Beschränkung auf hier (28,9206 - 4,9091 =) 24,0115 Entgeltpunkte steht der ausgesprochenen Kürzung allerdings nicht entgegen.
Rz. 11
b) Ohne Erfolg wendet sich die Rechtbeschwerde dagegen, dass gestaffelte Aussetzungsbeträge auch für künftige Zeiträume festgesetzt worden sind. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats setzt die gestaffelte Bemessung eines Unterhalts und auch seine Begrenzung nicht zwingend voraus, dass der Zeitpunkt, ab dem der Unterhaltsanspruch sich ändert oder entfällt, bereits erreicht ist. Wenn die dafür ausschlaggebenden Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung bereits eingetreten oder zuverlässig voraussehbar sind, ist eine Begrenzung nicht einer späteren Abänderung nach § 238 FamFG vorzubehalten, sondern schon im Ausgangsverfahren auszusprechen (BGH, Urt. v. 14.10.2009 - XII ZR 146/08, FamRZ 2009, 1990 Rz. 17 m.w.N.).
Rz. 12
Dieselben Grundsätze gelten für die Entscheidung über die Aussetzung der Kürzung einer laufenden Versorgung nach § 33 VersAusglG. Diese unterliegt ebenfalls einer späteren Abänderung, welche auch von dem Versorgungsträger verlangt werden kann (§ 34 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG). Sind allerdings die Umstände für eine künftige Begrenzung der Aussetzung der Kürzung bereits im Zeitpunkt der Entscheidung eingetreten oder zuverlässig voraussehbar, ist die Begrenzung nicht einer späteren Abänderung vorzubehalten, sondern schon im Ausgangsverfahren auszusprechen.
Rz. 13
Insoweit ist mit dem abgeschlossenen Unterhaltsvergleich, der eine zeitlich gestaffelte Begrenzung des Unterhalts bis zum vollständigen Entfallen der Unterhaltspflicht mit Ablauf des September 2017 enthält, bereits hinreichend voraussehbar, dass die Voraussetzungen für die Aussetzung der Kürzung der laufenden Versorgung in gleichem Maße entfallen, denn die Aussetzung der Rentenkürzung ist nicht nur durch den von der fiktiven gesetzlichen Unterhaltspflicht gesetzten Rahmen begrenzt, sondern auch auf das Maß des - vereinbarungsgemäß - tatsächlich geschuldeten Unterhaltsbetrags (§ 33 Abs. 3 VersAusglG; vgl. BGH v. 7.11.2012 - XII ZB 271/12, FamRZ 2013, 189 Rz. 22). Aufgrund dessen hat das OLG die Aussetzung der Kürzung zutreffend gemäß den jeweils bestehenden Unterhaltsansprüchen zeitlich gestaffelt.
Rz. 14
Unabhängig davon bleibt der Ehemann verpflichtet, die Antragsgegnerin auch künftig über den Wegfall oder die Änderungen der für die Aussetzung der Kürzung der laufenden Versorgung maßgeblichen Tatsachen zu unterrichten (§ 34 Abs. 5 VersAusglG). Eine Änderung der Unterhaltszahlung, abweichend von dem geschlossenen Vergleich, berechtigte die Antragsgegnerin nach wie vor, eine Abänderung der im Erstverfahren festgesetzten Staffelung gem. § 34 Abs. 2 Satz 2, Abs. 6 Satz 2 VersAusglG zu beantragen. Ebenso hindert die schon festgesetzte Staffelung sie nicht, über die vorzeitige Beendigung der Aussetzung in den von § 34 Abs. 5, Abs. 6 Satz 1 VersAusglG erfassten Fällen aufgrund von Tatsachen zu entscheiden, die im Zeitpunkt der Erstentscheidung noch nicht eingetreten oder zuverlässig voraussehbar und zu berücksichtigen waren.
Fundstellen
Haufe-Index 9527442 |
NJW 2016, 2321 |
FamRZ 2016, 1438 |
FuR 2016, 3 |
FuR 2016, 579 |
JZ 2016, 573 |
MDR 2016, 1337 |
FF 2016, 374 |
FamRB 2016, 338 |
NJW-Spezial 2016, 518 |
NZFam 2016, 756 |