Verfahrensgang
LG Neuruppin (Urteil vom 15.12.2014) |
Tenor
1. Auf die Revisionen der Angeklagten M. und S. wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 15. Dezember 2014, soweit es diese Angeklagten betrifft, gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Insoweit wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten M. und S. sowie die Revision des Angeklagten L. werden gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Der Angeklagte L. hat die Kosten seines Rechtsmittels und die hierdurch der Adhäsionsklägerin entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Die Revision des Angeklagten L. ist aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
Das gilt gleichermaßen hinsichtlich des Schuldspruchs gegen die Angeklagten M. und S.. Jedoch hält der Strafausspruch gegen diese Angeklagten der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landgericht hat eine mögliche Strafmilderung nach § 46b StGB nicht erwogen, obwohl nach den Urteilsfeststellungen dazu Anlass bestand.
Rz. 3
Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte die Angeklagte M. im Ermittlungsverfahren in ihrer haftrichterlichen Vernehmung am 17. Mai 2014 Angaben zu einer Tatbeteiligung der Mitangeklagten L. und B. sowie des gesondert Verfolgten Sc. gemacht. Den Tatnachweis hinsichtlich des Mitangeklagten B. für die Tat 4 (Sprengung des Fahrkartenautomaten auf dem Bahnhof Pritzwalk) hat das Landgericht maßgeblich auf die früheren Angaben der Angeklagten M. gestützt (UA S. 23 f.). Ihre Aufklärungshilfe hat das Landgericht in der Strafzumessung nicht erkennbar bedacht.
Rz. 4
Auch hinsichtlich des Angeklagten S. ist der Beweiswürdigung des Landgerichts zu entnehmen, dass dieser bereits in seiner haftrichterlichen Vernehmung am 17. Mai 2014 Angaben zu Mittätern gemacht hat (UA S. 19, 21 f.). Seine diesbezügliche Aufklärungshilfe im Ermittlungsverfahren, die er „insbesondere hinsichtlich der Mittäterschaft des Angeklagten L. geleistet” habe, hat das Landgericht lediglich als allgemeinen Strafmilderungsgrund im Rahmen der konkreten Strafzumessung berücksichtigt (UA S. 33).
Rz. 5
Die Feststellungen zu den geständigen Angaben der Angeklagten M. und S. im Ermittlungsverfahren legen es nahe, dass die Voraussetzungen des vertypten Strafmilderungsgrundes des § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB i.V.m. § 100a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. j und s StPO gegeben sind. Hat ein Angeklagter hinsichtlich einer Katalogtat nach § 100a Abs. 2 StPO Aufklärungshilfe geleistet, so kommt die Anwendung des § 46b StGB für jede ihm zur Last gelegte, mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe bedrohten Tat in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 2014 – 5 StR 613/13). Da alle Taten nach dem 1. August 2013 begangen wurden, gilt dies jedoch lediglich für den Fall, dass das seit dem genannten Zeitpunkt eingeführte Merkmal des Zusammenhangs zwischen den Taten zu bejahen sein sollte. Der Zusammenhang ergibt sich nicht allein aus der Identität der Tatbeteiligten (vgl. auch BT-Drucks. 17/9695 S. 8 f.).
Rz. 6
Bei beiden Angeklagten beruhen die jeweiligen Einzelstrafenaussprüche auf dem aufgezeigten Erörterungsmangel. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Einzelstrafen milder ausgefallen wären, wenn das Landgericht den vertypten Strafmilderungsgrund des § 46b StGB angewandt hätte. Die Aufhebung der Einzelstrafen entzieht auch den jeweiligen Gesamtstrafen die Grundlage.
Rz. 7
Hinsichtlich der Prüfungsreihenfolge bei der Strafrahmenwahl verweist der Senat auf Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl., Rn. 930 mwN.
Unterschriften
Sander, Dölp, König, Berger, Bellay
Fundstellen
Haufe-Index 8256249 |
NStZ-RR 2016, 37 |