Verfahrensgang
LG Aurich (Urteil vom 18.12.2019; Aktenzeichen 110 Js 29897/18 13 KLs 6/19) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird
- das Verfahren gemäß § 154a Abs. 2 StPO auf den Vorwurf des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 14 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis beschränkt;
das Urteil des Landgerichts Aurich vom 18. Dezember 2019
aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 14 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis schuldig ist;
bb) im Strafausspruch mit Ausnahme der zugehörigen Feststellungen, die aufrechterhalten bleiben, aufgehoben;
cc) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen dahin geändert, dass der Einziehungsbetrag auf 116.725 EUR herabgesetzt wird.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln „in nicht geringer Menge” in 14 tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit einem vorsätzlichen Verstoß gegen das Waffengesetz und mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren und zehn Monaten verurteilt, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt und die Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von 116.925 EUR angeordnet sowie weitere Nebenentscheidungen getroffen. Die hiergegen gerichtete, auf ausgeführte Verfahrens- und Sachrügen gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Aus Gründen der Verfahrensökonomie hat der Senat den Vorwurf des vorsätzlichen Verstoßes gegen das Waffengesetz von der Strafverfolgung ausgenommen und diese mit Zustimmung des Generalbundesanwalts auf die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt (§ 154a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO).
Rz. 3
2. Die Urteilsformel ist insoweit – auf der Grundlage der zutreffenden rechtlichen Würdigung der Tat durch das Landgericht – im Schuldspruch neu zu fassen. Hinsichtlich des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln bedarf es des Zusatzes „in nicht geringer Menge” nicht, denn der Qualifikationstatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG setzt stets voraus, dass die Tat eine solche Menge zum Gegenstand hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Februar 2015 – 3 StR 632/14, juris Rn. 3; vom 9. Juni 2020 – 3 StR 162/20, juris Rn. 2).
Rz. 4
3. Der Strafausspruch des Urteils kann keinen Bestand haben, weil der Schuldgehalt der Tat mangels ausreichender Feststellungen zu den hierfür maßgeblichen Wirkstoffgehalten und Wirkstoffmengen der gehandelten Betäubungsmittel nicht bestimmt ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2011 – 4 StR 517/11, NStZ 2012, 339; vom 22. Mai 2018 – 4 StR 100/18, juris Rn. 6 mwN). Zwar hat das Landgericht Feststellungen zum Wirkstoffgehalt der Rauschmittel hinsichtlich einer – in Bezug auf den Wirkstoffgehalt den Grenzwert zur nicht geringen Menge bereits um das Mehrfache überschreitenden – Teilmenge von 99,75 g Kokain (92,67 g KHCl) und 68,95 g Cannabis (9,17 g THC) getroffen. Diese sind indessen zur Bestimmung des Schuldgehalts angesichts der gehandelten Gesamtmengen – der Angeklagte erwarb unter den Voraussetzungen des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG zwischen dem 23. November 2018 und 18. Januar 2019 insgesamt rund 1,2 kg Kokain und 10 kg Marihuana zum gewinnbringenden Weiterverkauf – nicht ausreichend. Der neue Tatrichter wird den Wirkstoffgehalt und die Wirkstoffmenge der jeweils gehandelten Drogen unter Berücksichtigung anderer sicher feststellbarer Umstände (Herkunft, Preis, Handelsstufe, Begutachtungen in Parallelverfahren etc.), notfalls durch Schätzung unter Anwendung des Zweifelssatzes (vgl. BGH, Beschlüsse vom 31. Mai 2016 – 3 StR 138/16, StV 2017, 293 f.; vom 7. Dezember 2011 – 4 StR 517/11, NStZ 2012, 339; vom 22. Mai 2018 – 4 StR 100/18, juris Rn. 6 jeweils mwN), zu ermitteln haben.
Rz. 5
Einer Aufhebung der zugehörigen Feststellungen bedarf es nicht, weil diese von der Gesetzesverletzung nicht betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer kann ergänzende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen dürfen.
Rz. 6
4. Die Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen ist in der ausgesprochenen Höhe rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hat von dem zutreffend festgestellten Gesamtbetrag in Höhe von 117.390 EUR ersichtlich bei dem Angeklagten sichergestellte Geldbeträge von insgesamt 665 EUR in Abzug bringen wollen, hierbei aber rechnerisch unzutreffend einen Betrag von lediglich 465 EUR in Ansatz gebracht. Demgemäß war der verbleibende Einziehungsbetrag um weitere 200 EUR auf insgesamt 116.725 EUR herabzusetzen.
Unterschriften
Spaniol, Paul, Berg, Hoch, Anstötz
Fundstellen
Dokument-Index HI14187843 |