Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 23. Dezember 2022 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall A II.2. der Urteilsgründe wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) in Höhe eines Betrags von 950 € mit Zustimmung des Generalbundesanwalts von der Einziehung des Wertes von Taterträgen abgesehen;
c) das vorbezeichnete Urteil
aa) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Betruges in 64 Fällen, davon in 12 Fällen in Tateinheit mit Diebstahl sowie des Diebstahls in einem weiteren Fall schuldig ist;
bb) im Maßregelausspruch dahingehend geändert, dass die Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis entfällt;
cc) im Ausspruch über die Einziehung dahingehend geändert, dass gegen den Angeklagten die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 50.903,44 € angeordnet ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „Betruges in 64 Fällen, davon in 12 Fällen in Tateinheit mit Diebstahl, des Diebstahls in einem weiteren Fall und der vorsätzlichen Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis“ schuldig gesprochen. Im Übrigen hat es den Angeklagten freigesprochen. Wegen „fünf der Betrugstaten“ hat es ihn „unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Göttingen - Strafrichter - vom 06. September 2016 (Az.: 62 Ds 38 Js 1364/16 - 42/16)“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten und wegen der übrigen Taten zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt, von der drei Monate „als Entschädigung für die überlange Verfahrensdauer als verbüßt gelten.“ Zudem hat es eine Sperrfrist für die Erteilung der Fahrerlaubnis von fünf Jahren bestimmt. Darüber hinaus hat es Einziehungsentscheidungen betreffend diverse, im Urteilstenor im einzelnen konkretisierte Elektrogeräte nach § 73 und § 73a StGB getroffen und außerdem die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 51.853,44 € angeordnet. Schließlich hat es ein Kraftfahrzeug, ein Mobiltelefon, ein Navigationsgerät und zwei Laptops gemäß § 74 StGB eingezogen.
Rz. 2
1. Der Senat stellt das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts hinsichtlich der Verurteilung des Angeklagten wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis (Fall A II.2. der Urteilsgründe) aus prozessökonomischen Gründen gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein und ändert den Schuldspruch entsprechend ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Die Verfahrenseinstellung führt zum Wegfall der für die Tat zu A II.2. festgesetzten Einzelstrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe und entzieht auch der nach § 69a StGB ausgesprochenen isolierten Sperrfrist für die Erteilung der Fahrerlaubnis die Grundlage.
Rz. 3
Der zweite Gesamtstrafenausspruch bleibt vom Wegfall der für die Tat A II.2. verhängten Einzelstrafe unberührt und kann bestehen bleiben. Angesichts der rechtsfehlerfrei verhängten weiteren Einzelstrafen für insgesamt 60 weitere Straftaten von jeweils neun Monaten in 38 Fällen sowie von sechs Monaten in zwei Fällen, von jeweils einem Jahr und zwei Monaten in zwölf Fällen, von zwei Jahren in zwei Fällen, von zwei Jahren und sechs Monaten, von einem Jahr in vier Fällen und von einem Jahr und drei Monaten kann der Senat ausschließen, dass das Landgericht eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe verhängt hätte.
Rz. 4
2. Ferner sieht der Senat mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO in Höhe von 950 € (Fälle A II.3. b), e) und h) der Urteilsgründe) von der Einziehung ab.
Rz. 5
Der Senat hat den Einziehungsbetrag unter Berücksichtigung der Verfahrensbeschränkung nach § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO entsprechend um den Wert des in den Fällen A II.3. b), e) und h) von der Strafkammer für die Einziehungsentscheidung in Ansatz gebrachten Diebesgutes (Tat A II.3. b): 410 €; Tat A II.3. e): 320 €; Tat A II.3. h): 220 €) auf 50.903,44 € herabgesetzt.
Rz. 6
3. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Rz. 7
Der Senat hat Äußerungen des Angeklagten und seiner Verteidiger, die nach Fristablauf der nicht verlängerbaren Frist des § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO (vgl. BGH, Beschluss vom 31. August 2021 ‒ 2 StR 189/21, juris Rn. 3; Beschluss vom 6. Dezember 2006 ‒ 1 StR 532/06, wistra 2007, 158) eingegangen sind, berücksichtigt und hat nunmehr ‒ verfassungsrechtlich geboten ‒ baldmöglichst nach Ablauf der Frist entschieden (vgl. BverfG, Beschluss vom 5. Dezember 2005 ‒ 2 BvR 1964/05, juris Rn. 61; BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2007 ‒ 1 StR 497/07, juris Rn. 4). Der Senat weist zudem darauf hin, dass nach Ablauf der Frist des § 349 Abs. 3 Satz 2 StPO Stellungnahmen zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts selbst dann nicht abgewartet zu werden brauchen, wenn sie in Aussicht gestellt worden sind (vgl. BGH, Beschluss vom 31. August 2021 ‒ 2 StR 189/21, juris Rn. 3; Beschluss vom 30. Juli 2008 ‒ 2 StR 234/08, NStZ-RR 2008, 352).
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Fundstellen
Haufe-Index 16079598 |
StRR 2024, 21 |