Normenkette
StGB § 68a Abs. 1, 3; StPO §§ 14, 462a Abs. 1 S. 1, § 463 Abs. 7, § 463a Abs. 5
Tenor
Der Antrag des Landgerichts Bochum auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Rz. 1
Der Verurteilte, ein georgischer Staatsangehöriger, verbüßte bis zum 20. Mai 2020 eine mehrjährige Freiheitsstrafe in der JVA Bochum. Nach Vollverbüßung stellte die Strafvollstreckungskammer Bochum den Eintritt der Führungsaufsicht fest und erteilte gemäß § 68b StGB verschiedene Weisungen. Nach Verbüßung einer weiteren Freiheitsstrafe in der JVA Halle wurde er am 29. Juli 2021 in sein Heimatland abgeschoben.
Rz. 2
Mit Verfügung vom 13. August 2021 übersandte die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum das Führungsaufsichtsheft „mit der Bitte um Übernahme des Verfahrens gemäß § 462a StPO“ an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Halle, da diese nach Verbüßung von Strafhaft durch den Verurteilten in der JVA Halle für die weitere im Rahmen der Führungsaufsicht zu treffenden Entscheidungen zuständig geworden sei. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Halle leitete das Führungsaufsichtsheft an die Führungsaufsichtsstelle des Landgerichts Bochum weiter mit dem Hinweis, beim Landgericht Halle würden keine Führungsaufsichtsakten geführt, diese verblieben vielmehr bei der jeweiligen Staatsanwaltschaft. Sollten „Änderungen oder Maßnahmen erforderlich werden“, stehe aber „einer Antragstellung beim Landgericht Halle nichts entgegen“. Gegebenenfalls solle das Vollstreckungsheft mit einem entsprechenden Antrag übersandt werden. Die Führungsaufsichtsstelle des Landgerichts Bochum könne die Sache ihrerseits an die zentrale Führungsaufsichtsstelle des Landes Sachsen-Anhalt beim Landgericht Magdeburg abgeben.
Rz. 3
Daraufhin erklärte sich die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum mit Beschluss vom 6. Oktober 2021 für örtlich unzuständig und gab die Sache ‒ erneut ‒ an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Halle ab. Mit richterlicher Verfügung vom 25. Oktober 2021 übersandte das Landgericht Halle das Führungsaufsichtsheft nunmehr „zur weiteren Veranlassung“ unmittelbar an die Führungsaufsichtsstelle des Landes Sachsen-Anhalt beim Landgericht Magdeburg. Diese wiederum gab das Führungsaufsichtsheft unter Verweis darauf, dass der Verurteilte vor seiner Inhaftierung keinen Wohnsitz im Sinne von § 463a Abs. 5 StPO in ihrem Zuständigkeitsbereich gehabt habe und § 462a StPO auf die Führungsaufsichtsstelle nicht anwendbar sei, wieder an das Landgericht Bochum zurück.
Rz. 4
Hierdurch sah sich die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum veranlasst, die Sache mit richterlicher Verfügung vom 8. November 2021 gemäß § 14 StPO dem Bundesgerichtshof als gemeinschaftlichem oberen Gericht zur Bestimmung der örtlich zuständigen Strafvollstreckungskammer vorzulegen, weil die zuständige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Halle „eine Übernahme des Verfahrens abgelehnt“ habe.
II.
Rz. 5
Der Antrag ist zurückzuweisen.
Rz. 6
Der Generalbundesanwalt hat insoweit zutreffend ausgeführt:
„1. § 14 StPO findet nur dann Anwendung, wenn die Zuständigkeit für eine richterliche Tätigkeit in Streit steht (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2018 ‒ 2 ARs 41/18 ‒, juris, Rn. 5; Scheuten, in: KK-StPO, 8. Aufl., § 14 Rn. 2, jeweils m. w. Nachw.). Dies ist hier nicht der Fall. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum und diejenige des Landgerichts Halle sind vielmehr übereinstimmend der ‒ zutreffenden ‒ Auffassung, dass für die im Rahmen der Führungsaufsicht zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen infolge der Aufnahme des Verurteilten in die Justizvollzugsanstalt Halle I nunmehr die letztgenannte Strafvollstreckungskammer örtlich zuständig ist (§ 462a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 463 Abs. 7 StPO vgl. dazu BGH, Beschluss vom 22. November 2000 ‒ 2 ARs 183/02 u.a. ‒, juris, Rn. 4; Appl, in: KK-StPO, 8. Aufl., § 463 Rn. 7, jeweils m. w. Nachw.). Soweit in der Verfügung vom 16. September 2021 darauf hingewiesen wurde, dass „einer Antragstellung beim Landgericht Halle nichts“ entgegenstehe, wenn „Änderungen oder Maßnahmen erforderlich werden“ sollten, ist damit ersichtlich nichts Anderes gemeint.
2. Unklarheiten bestehen in vorliegender Sache allein hinsichtlich der Frage, welche Führungsaufsichtsstelle für die Überwachung des Verurteilten (§ 68 Abs. 3 StGB) zuständig ist. Dabei handelt es sich indes nicht um eine richterliche Tätigkeit, sondern um eine Aufgabe der Justizverwaltung. Der Bundesgerichtshof als gemeinschaftliches oberes Gericht der Landgerichte Bochum und Halle ist daher insoweit nicht zur Entscheidung etwaiger Zuständigkeitsstreitigkeiten berufen. Eine solche Entscheidung wäre hier ohnehin nicht veranlasst, weil die gemäß § 463a Abs. 5 Satz 2 StPO örtlich zuständige Führungsaufsichtsstelle beim Landgericht Leipzig, in deren Bezirk der Verurteilte seinen letzten Wohnsitz hatte, bislang noch gar nicht mit der Sache befasst worden ist.“
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RiBGH Schmidt ist urlaubsbedingt an der Unterschrift gehindert. |
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Berichtigungsbeschluss vom 2. März 2022
Tenor:
Der Beschluss des Senats vom 15. Dezember 2021 wird dahin berichtigt, dass in der unter Rn. 6 Nr. 1 in Bezug genommenen Stellungnahme des Generalbundesanwalts die Klammer ab Zeile 11 vollständig wie folgt lautet:
(§ 462a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 463 Abs. 7 StPO vgl. dazu BGH, Beschluss vom 22. November 2000 - 2 ARs 328/00 u.a. -, juris, Rn. 4; Beschluss vom 12. Juli 2002 - 2 ARs 183/02 u.a. -, juris, Rn. 4; Appl, in KK-StPO, 8. Aufl., § 463 Rn. 7, jeweils m.w.Nachw.).
Unter Rn. 6 Nr. 2 Zeile 3 wird hinter (§ 68 Abs. 3 StGB) eingefügt ≪richtig: § 68a Abs. 3 StGB≫.
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Krehl |
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Schmidt |
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Fundstellen
Haufe-Index 15127571 |
NStZ-RR 2022, 127 |
StV 2023, 250 |