Verfahrensgang
LG Regensburg (Urteil vom 09.08.2005) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Kostenentscheidung des Urteils des Landgerichts Regensburg vom 9. August 2005 wird verworfen.
Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten u.a. wegen Mordes in drei tateinheitlichen Fällen zu einer Jugendstrafe von vier Jahren verurteilt. Es hat davon abgesehen, dem Angeklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Senat hat die gegen dieses Urteil zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung vom heutigen Tage verworfen. Die zulässige sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Kostenentscheidung des Urteils hat ebenfalls keinen Erfolg.
Rz. 2
Zwar hat das Landgericht in den Urteilsgründen zu der Kostenentscheidung lediglich ausgeführt, dass diese auf § 74 JGG beruhe. Dies gefährdet den Bestand der Kostenentscheidung jedoch entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht. Vielmehr lässt sich dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, insbesondere auch den Ausführungen zur Bemessung der Jugendstrafe, entnehmen, dass sich das Landgericht bewusst war, dass es gemäß § 74 JGG eine Ermessensentscheidung zu treffen hatte (vgl. BGHR JGG § 74 Kosten 2) und dass es von seinem Ermessen rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Nach den zur Person, insbesondere auch zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Angeklagten getroffenen Feststellungen des Landgerichts, an die der Senat gemäß § 464 Abs. 3 Satz 2 StPO gebunden ist, ist die vom Landgericht getroffene Ermessensentscheidung, von der Auferlegung der Kosten und Auslagen abzusehen, nicht zu beanstanden. Sie wird der besonderen Situation des zur Tatzeit 19 Jahre alten, bisher nicht bestraften Angeklagten gerecht, der sein Studium nicht aufnehmen konnte, weil er in dieser Sache in Untersuchungshaft genommen wurde. Der Angeklagte hat nunmehr die rechtskräftige Jugendstrafe zu verbüßen und ist deshalb nicht – jedenfalls nicht in absehbarer Zeit – in der Lage, die wegen der umfangreichen Beweiserhebungen nicht unerheblichen Kosten und Auslagen des Verfahrens aus eigenen Mitteln zu begleichen, so dass die Auferlegung der Kosten und Auslagen einem Neuanfang des Angeklagten nach Verbüßung der Jugendstrafe entgegenstehen würde. Zur Unterstützung von Strafzwecken dient die Kostenentscheidung nicht. Dass Straftaten auch Kostenfolgen haben, wird dem Angeklagten, der in der Hauptverhandlung durch einen Wahlverteidiger verteidigt worden ist, im Übrigen auch dadurch klargemacht, dass er seine eigenen notwendigen Auslagen selbst tragen muss, weil diese mangels entsprechender Rechtsgrundlage der Staatskasse nicht auferlegt werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juli 2000 – 4 StR 229/00 – bei Böhm NStZ-RR 2001, 326 m.N.).
Unterschriften
Tepperwien, Kuckein, Athing, Solin-Stojanović, Ernemann
Fundstellen
Haufe-Index 2555359 |
ZAP 2006, 693 |
NStZ-RR 2006, 224 |
StV 2007, 12 |
VRA 2006, 141 |