Verfahrensgang
LG Wuppertal (Urteil vom 18.11.2003; Aktenzeichen 22 KLs 70 Js 2104/03 – 18/03 II) |
Tenor
Zuständig für die nachträglichen Entscheidungen, die sich auf die Führungsaufsicht aus dem Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 18. November 2003 (22 KLs 70 Js 2104/03 – 18/03 II) beziehen, ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Paderborn.
Tatbestand
I.
Rz. 1
Das Landgericht Wuppertal hat am 18. November 2003 gegen den Verurteilten eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verhängt und dessen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB angeordnet. Nach Vollstreckung der Maßregel in den Rheinischen Kliniken Köln hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Köln am 8. November 2006 die Unterbringung für erledigt erklärt, den Eintritt von Führungsaufsicht festgestellt und deren Dauer auf fünf Jahre festgesetzt. Zur Verbüßung des Strafrestes von 420 Tagen wurde der Verurteilte zunächst am 7. Dezember 2006 in die Justizvollzugsanstalt Siegburg verlegt, woraufhin die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bonn die Überwachung der Führungsaufsicht übernommen hat. Am 28. August 2007 wurde der Verurteilte schließlich in die Justizvollzugsanstalt Hövelhof überstellt, ohne dass eine Abgabe der Überwachung der Führungsaufsicht von der Strafvollstreckungskammer Bonn an die nunmehr zuständig gewordene Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Paderborn erfolgt ist. Nach vollständiger Strafverbüßung wurde der Verurteilte am 18. März 2008 entlassen, woraufhin dieser Wohnsitz in Dortmund nahm. Eine Entscheidung über die Führungsaufsicht nach § 68f Abs. 2 StGB war weder zum Entlassungszeitpunkt noch zu einem späteren Zeitpunkt getroffen worden.
Rz. 2
Mit Schreiben vom 24. Februar 2011 hat die Führungsaufsichtsstelle des Landgerichts Dortmund die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bonn gebeten, eine noch von der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Köln erteilte Weisung gemäß § 68b Abs. 1 Ziff. 7 StGB zu spezifizieren. Das Landgericht Bonn hat daraufhin mit Beschluss vom 2. März 2011 die Übernahme der Führungsaufsicht der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Paderborn angedient. Diese hat am 3. Mai 2011 die Übernahme abgelehnt, weil sich der Verurteilte zum Zeitpunkt des Eingangs der Akten bei ihr am 29. April 2011 bereits in anderer Sache seit dem 1. April 2011 in Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt Bochum befunden habe. Nachdem auch die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bochum eine Übernahme abgelehnt hatte, hat sich das Landgericht Paderborn mit Beschluss vom 7. Juli 2011 erneut für unzuständig erklärt und die Sache dem Oberlandesgericht Hamm gemäß § 14 StPO vorgelegt. Dieses hat sich ebenfalls für unzuständig erklärt, weil der negative Zuständigkeitsstreit zwischen den Strafvollstreckungskammern der Landgerichte Bonn und Paderborn und damit zwischen Gerichten unterschiedlicher Oberlandesgerichtsbezirke geführt werde. Deshalb sei die Zuständigkeit des Bundesgerichtshofs als gemeinschaftliches oberes Gericht gegeben.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 3
Zuständig ist die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Paderborn.
Rz. 4
Mit Entlassung des Verurteilten am 18. März 2008 nach vollständiger Verbüßung der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten ist gemäß § 68f Abs. 1 StGB kraft Gesetzes eine – neue – Führungsaufsicht eingetreten. Gleichzeitig endete gemäß § 68e Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB die bisherige vom Landgericht Köln am 8. November 2006 gemäß § 67d Abs. 6 Satz 2 StGB festgestellte Führungsaufsicht, dessen Überwachung die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Bonn übernommen hatte (vgl. OLG Dresden NStZ-RR 2012, 159).
Rz. 5
Zuständig für die zum Entlassungszeitpunkt gemäß § 68 f Abs. 2 StGB von Amts wegen zu treffende Entscheidung, ob die nach § 68f Abs. 1 StGB kraft Gesetzes eintretende Führungsaufsicht ausnahmsweise entfällt sowie für die nach §§ 68 a-c StGB zu treffenden Entscheidungen ist die Strafvollstreckungskammer, in deren Bezirk der Verurteilte drei Monate vor Vollzugsende einsitzt, hier also diejenige des Landgerichts Paderborn, und zwar gleichgültig, ob ihr die Akten vorgelegt wurden oder nicht (vgl. Fischer, StGB 59. Aufl., § 68f Rn. 10 m.w.N.; § 54a Abs. 2 StVollstrO). Die nach alledem örtlich zuständige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Paderborn war in dem Moment, als die Entscheidungen nach § 68f Abs. 2, §§ 68 a-c StGB anstanden, mit der Sache „befasst” im Sinne von § 462a Abs. 1 Satz 1 StPO. Das „Befasstsein” endet ungeachtet der zwischenzeitlichen Aufnahme des Verurteilten in die Justizvollzugsanstalt Bochum erst, wenn die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Paderborn in der Sache abschließend entschieden hat (Appl in KK, StPO 6. Aufl., § 462a Rn. 18 f., 23).
Rz. 6
Erst danach geht die Zuständigkeit für die weitere Überwachung der Führungsaufsicht auf diejenige Strafvollstreckungskammer über, in deren Bezirk der Verurteilte zur Verbüßung von Strafhaft in anderer Sache aufgenommen ist (BGH NStZ-RR 2004, 124).
Unterschriften
Ernemann, Appl, Berger, Eschelbach, Ott
Fundstellen
Haufe-Index 3056973 |
NStZ-RR 2013, 59 |