Leitsatz (amtlich)
Der Streitwert in Verfahren auf Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen bemisst sich nach dem Interesse des Antragstellers an der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs. Geht dieses Interesse über den Wert der zu vollstreckenden Forderungen hinaus, weil z.B. das Schiedsgericht eine Schiedswiderklage abgewiesen und hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Forderungen negativ beschieden hat, wirkt sich das gem. § 45 GKG streitwerterhöhend aus.
Normenkette
GKG § 45
Verfahrensgang
Tenor
In Abänderung des Senatsbeschlusses vom 31.1.2019 wird der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 13.735.891,07 EUR festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
I. Der Senat hat mit Beschluss vom 31.1.2019 die Rechtsbeschwerde der Schiedsbeklagten zurückgewiesen und den Wert des Beschwerdegegenstands auf 6.120.000 EUR festgesetzt.
Rz. 2
II. Die gegen diese Streitwertfestsetzung gerichtete Gegenvorstellung des Prozessbevollmächtigten der Schiedsklägerin ist statthaft und auch sonst zulässig. In der Sache hat sie ebenfalls Erfolg.
Rz. 3
1. Die Gegenvorstellung des Verfahrensbevollmächtigten ist statthaft, weil eine Streitwertbeschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes ausgeschlossen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 29.3.2018 - I ZB 12/17, juris Rz. 3 m.w.N.).
Rz. 4
2. Die Gegenvorstellung ist auch begründet.
Rz. 5
a) Der Streitwert in Verfahren auf Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen bemisst sich nach dem Interesse des Antragstellers an der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs (vgl. OLG München, SchiedsVZ 2014, 257, 262 [juris Rz. 58]) und entspricht deshalb grundsätzlich dem Wert der zu vollstreckenden Forderungen (vgl. BGH, Beschl. v. 29.3.2018 - I ZB 12/17, juris Rz. 4). Die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs dient allerdings nicht nur dazu, die Zwangsvollstreckung zu ermöglichen, sondern soll den Spruch auch gegen die Geltendmachung von Aufhebungsgründen sichern. Nur durch die Vollstreckbarerklärung ist der Schiedsspruch umfassend gegen Aufhebungsgründe gesichert (vgl. BGH, Beschl. v. 30.3.2006 - III ZB 78/05, SchiedsVZ 2006, 278 Rz. 10 f.). Es kann sich deshalb als streitwerterhöhend auswirken, wenn der Antrag auf Vollstreckbarerklärung und das Interesse des Antragstellers über den Wert der zu vollstreckenden Forderungen hinausreichen.
Rz. 6
b) Danach ist der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 13.735.891,07 EUR festzusetzen.
Rz. 7
aa) Die Vollstreckbarerklärung, die Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist, umfasst nicht nur die gegen die Schiedsbeklagte zu vollstreckende Forderung, sondern auch die Abweisung der Widerklage sowie die Entscheidung des Schiedsgerichts über die von der Schiedsbeklagten hilfsweise erklärten Aufrechnungen. Die Schiedsklägerin hat ein Interesse daran, dass auch insofern keine Aufhebungsgründe mehr geltend gemacht werden können. Das OLG hat dementsprechend ausdrücklich klargestellt, dass die Vollstreckbarerklärung so weit reicht, wie die Schiedsklage erfolgreich war und die Schiedswiderklage abgewiesen wurde. Ausgenommen worden ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses lediglich die Teilabweisung der Schiedsklage.
Rz. 8
bb) Der Streitwert bestimmt sich mithin nach der zu vollstreckenden Forderung einschließlich des Feststellungsausspruchs, dem Wert der Widerklage und dem Wert der Hilfsaufrechnungen.
Rz. 9
(1) Der Wert der zu vollstreckenden Forderungen beträgt 6.120.000 EUR. Er setzt sich zusammen aus der Verurteilung der Schiedsbeklagten zur Zahlung von 5.800.000 EUR und 320.000 EUR für den Feststellungsausspruch (80 % des Kostenaufwands von 400.000 EUR).
Rz. 10
(2) Die Widerklage auf Feststellung einer anteiligen Kostentragungspflicht der Schiedsklägerin an den Sanierungskosten erhöht den Streitwert gem. § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG. Sie betrifft nicht denselben Gegenstand wie die Schiedsklage i.S.v. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG, weil mit Klage und Widerklage Teilansprüche aus demselben Rechtsverhältnis geltend gemacht werden, die sich rechtlich zwar wechselseitig ausschließen, wirtschaftlich aber nicht überschneiden, sondern unterschiedliche Vermögenspositionen betreffen (vgl. BGH, Beschl. v. 11.3.2014 - VIII ZR 261/12, MDR 2014, 627 Rz. 5). Die Parteien machen jeweils (anteilig) Kosten für von ihnen sanierte Triebwagen geltend. Die Widerklage hat danach einen Wert von 2.372.220 EUR (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 4.3.2016 - 10 Sch 12/13, unveröffentlicht).
Rz. 11
(3) Gemäß § 45 Abs. 3 GKG sind außerdem die vom Schiedsgericht negativ beschiedenen Hilfsaufrechnungen der Schiedsbeklagten i.H.v. 4.203.671,07 EUR und 1.040.000 EUR zu berücksichtigen.
Rz. 12
c) Der Antrag der Schiedsbeklagten auf Aufhebung des Schiedsspruchs ist daneben wertmäßig nicht gesondert zu berücksichtigen. Das Aufhebungsinteresse der Schiedsbeklagten ist im Wert der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs vollständig abgebildet.
Fundstellen
Haufe-Index 13211358 |
NJW 2019, 9 |
FA 2019, 317 |
JurBüro 2019, 423 |
WM 2019, 1355 |
DZWir 2019, 450 |
JZ 2019, 581 |
MDR 2019, 1025 |
IHR 2019, 263 |
IHR 2020, 30 |
Mitt. 2019, 527 |
SchiedsVZ 2019, 351 |
TranspR 2020, 39 |