Verfahrensgang
LG Baden-Baden (Urteil vom 14.11.2014) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 14. November 2014, soweit es ihn betrifft,
- im Schuldspruch dahin berichtigt, dass der Angeklagte der schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit Körperverletzung schuldig ist;
- mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „gemeinschaftlicher schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Körperverletzung” zu der Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
Rz. 2
Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 3
1. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der Senat hat lediglich den Schuldspruch neu gefasst, weil die Angabe mittäterschaftlicher Begehung („gemeinschaftlich”) in der Urteilsformel entbehrlich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juli 2009 – 3 StR 295/09).
Rz. 4
2. Der Rechtsfolgenausspruch unterliegt indes insoweit der Aufhebung, als das Landgericht keine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB getroffen hat. Der Generalbundesanwalt hat dazu ausgeführt:
„Nach den Feststellungen hat der Angeklagte im Alter von 18 Jahren mit dem Konsum von Alkohol und illegalen Betäubungsmitteln, darunter zeitweise auch Heroin begonnen. Aus den Vorstrafen – auch wegen unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln – ergibt sich der Konsum von Haschisch, Morphin und Heroin. Durch Urteil des Landgerichts Baden-Baden (vom 12. Februar 2008) wurde er wegen schweren Raubes und unerlaubten Erwerbes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Eine erstmals im Dezember 2011 gewährte Zurückstellung der weiteren Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG endete, nach Abbruch einer begonnenen Therapie in Tübingen infolge mehrerer Rückfälle mit dem Widerruf der Zurückstellung. Ende 2012 kam er – nach nochmals gewährter Zurückstellung – wieder auf freien Fuß. Da er Aufforderungen der Vollstreckungsbehörde, sich anstelle der ambulanten (Therapie), die er unter Substitution mit Subutex durchführte, einer stationären Therapie zu unterziehen, nicht nachkam, wurde die Zurückstellung widerrufen, weshalb sich der Angeklagte seit März 2014 zur Verbüßung jener Straftat wieder in Strafhaft befindet (UA S. 13–14, 19–20).
Bei der Frage der Prüfung einer etwaigen verminderten Schuldfähigkeit bei Begehung der Tat wurde auch der langjährige ‚Konsum von Betäubungsmitteln oder Ersatzstoffen’ berücksichtigt (UA S. 54–55). In der Strafzumessung hat die Strafkammer zu Gunsten des Angeklagten das ‚Betäubungsmittelproblem, das ihn seit langem belastet’ gewertet (UA S. 61).
Diese Ausführungen hätten die Strafkammer zu der Prüfung drängen müssen, ob bei dem Angeklagten die Voraussetzungen der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gegeben sind. Dass sie von einem ‚Betäubungsmittelproblem, das den Angeklagten seit langem belastet’ ausgegangen ist, machte die Auseinandersetzung damit erforderlich, ob bei dem Angeklagten ein Hang im Sinne von § 64 StGB vorliegt, mithin eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende Abhängigkeit oder zumindest eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende oder durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Alkohol oder andere Rauschmittel zu sich zu nehmen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2011 – 3 StR 421/11, NStZ-RR 2012, 204 mwN). Dieses ‚Betäubungsmittelproblem’ legt zudem nahe, dass auch ein symptomatischer Zusammenhang zwischen einem gegebenenfalls anzunehmenden Hang und der Begehung der schweren räuberischen Erpressung im Sinne einer Beschaffungstat bestand, zumal der Angeklagte auch in der Vergangenheit Straftaten zur Finanzierung seines Drogenkonsums beging. Dass der Angeklagte bereits eine Therapie nach § 35 BtMG erfolglos abgebrochen hat und auch in der Folgezeit der Aufforderung der Aufnahme einer stationären Therapie nicht nachgekommen ist, steht der Erfolgsaussicht einer Anordnung des Maßregelvollzugs im Sinne des § 64 StGB nicht entgegen.”
Rz. 5
Dem tritt der Senat bei. Er hebt allerdings über den Antrag des Generalbundesanwalts hinausgehend auch die zugehörigen Feststellungen auf (§ 353 Abs. 2 StPO), um dem nunmehr zur Entscheidung berufenen Tatrichter insoweit – unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) – in sich widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen.
Rz. 6
Der Umstand, dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO); er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 64 Rn. 29 mwN).
Rz. 7
In Übereinstimmung mit dem Generalbundesanwalt schließt der Senat aus, dass das Landgericht – im Falle der Anordnung einer Maßregel nach § 64 StGB – eine mildere Strafe verhängt hätte.
Unterschriften
VRinBGH Sost-Scheible ist wegen Urlaubsabwesenheit an der Unterschriftsleistung gehindert. Roggenbuck, Roggenbuck, Cierniak, Mutzbauer, Bender
Fundstellen