Entscheidungsstichwort (Thema)
unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Tenor
Der Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 29. Mai 2000 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.
Gründe
Der Angeklagte ist durch Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 29. Mai 2000, das in seiner Anwesenheit verkündet wurde, wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 55 Fällen, davon in 33 Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren sechs Monaten verurteilt worden. Gegen dieses Urteil hat er mit Schreiben vom 4. Juni 2000, eingegangen beim Landgericht am 6. Juni 2000, Revision eingelegt. Mit Beschluß vom 7. Juni 2000 hat das Landgericht die Revision wegen Versäumung der Revisionseinlegungsfrist als unzulässig verworfen. Gegen diese ihm am 9. Juni 2000 zugestellte Entscheidung hat der Angeklagte mit Schreiben vom 12. Juni 2000, eingegangen beim Landgericht am 15. Juni 2000, sofortige Beschwerde eingelegt, zu der der Generalbundesanwalt ausgeführt hat:
„Die ‚sofortige Beschwerde’ des Angeklagten vom 12. Juni 2000 (SA Bd. II Bl. 33) gegen den Beschluss des Landgerichts Hildesheim, wonach die Revision des Angeklagten (SA Bd. II Bl. 10/10a) nach § 346 Abs. 1 StPO als unzulässig verworfen wurde, weil diese nicht fristgemäß bei Gericht eingegangen war (SA Bd. II Bl. 11), ist im Wege der Auslegung als Wiedereinsetzungsantrag zu deuten. Denn als Antrag auf Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 346 Abs. 2 Satz 1 StPO) könnte das in Rede stehende Schreiben des Beschwerdeführers wegen der offensichtlichen sachlichen Richtigkeit der die Revision verwerfenden Entscheidung des Landgerichts ohnehin keinen Erfolg haben.
Der Wiedereinsetzungsantrag genügt jedoch den Anforderungen der §§ 44, 45 StPO nicht und ist deshalb unzulässig. Der Angeklagte hat weder dargelegt, dass er ohne Verschulden an der Einhaltung der Revisionseinlegungsfrist verhindert war, noch hat er entsprechende Tatsachen glaubhaft gemacht, insbesondere ist seinem Wiedereinsetzungsantrag vom 12. Juni 2000 zu entnehmen, dass er sein Schreiben vom 4. Juni 2000 am 5. Juni 2000 (i.e. dem letzten Tag der Revisionseinlegungsfrist) der Geschäftsstelle der JVA Hildesheim zugeleitet hat. Nicht erwähnt wird, um welche Uhrzeit dies gewesen sein soll. Nach dem Vorbringen des Angeklagten – er sei darüber informiert, dass Gerichts- und Verteidigerposttäglich direkt zum Gericht befördert werde (SA Bd. II Bl. 33) – ist davon auszugehen, dass die JVA Hildesheimeinmal pro Tag die Gefangenenpost – während der üblichen Geschäftszeit – zum Gericht bringen lässt. Der Angeklagte hat nun nicht vorgetragen, sein Schreibenvor dem täglichen Abtransport der Post der Geschäftsstelle der JVA übergeben zu haben. Dies wäre jedoch nötig gewesen, um sein fehlendes Verschulden an der Versäumung der Revisionseinlegungsfrist darzulegen.
Im übrigen fehlt es an einem Verschulden des Angeklagten nicht schon deshalb, weil (in Folge des Verzichts sämtlicher Prozessbeteiligter) eine Rechtsmittelbelehrung nach § 35a StPO unterblieben ist (vgl. Protokoll über die Hauptverhandlung SA Bd. II Bl. 6R). Die Vermutung des § 44 Satz 2 StPO hebt nur das Erfordernis fehlenden Verschuldens des Antragstellers auf, ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Belehrungsmangel und Fristversäumnis ist auch in diesem Fall erforderlich. Insoweit hat der Angeklagte jedoch nicht dargelegt, die Revisionseinlegungsfrist in Folge der unterbliebenen Belehrung versäumt zu haben (OLG Düsseldorf NStZ 89, 242).”
Dem tritt der Senat bei. Im übrigen wäre die Revision der Sache nach auch unbegründet.
Unterschriften
Rissing-van Saan, Winkler, Pfister, von Lienen, Becker
Fundstellen
Haufe-Index 512736 |
NStZ 2001, 45 |