Verfahrensgang
Saarländisches OLG (Urteil vom 02.05.2006; Aktenzeichen 4 U 443/04-123) |
LG Saarbrücken (Entscheidung vom 08.07.2004; Aktenzeichen 6 O 371/03) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 2. Mai 2006 zugelassen.
Das genannte Urteil wird aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionsinstanz, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Verfahren vor dem Senat wird auf 244 755 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Rz. 1
Die Klägerin begehrt von der Verwalterin in dem am 20. Februar 2003 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners die Auskehr vereinnahmter Mieten und die Mitteilung an den Mieter, dass die Mieten fortan an die Klägerin zu zahlen sind.
Rz. 2
Nach den erstinstanzlichen Behauptungen der Klägerin hatte der Insolvenzschuldner das Inventar der Wohnanlage „Haus K.” vor längerer Zeit angekauft und an die C. GmbH vermietet für monatlich 4 532,50 EUR. Diese Mietansprüche habe der Insolvenzschuldner mit Vertrag vom 31. März 2002 an die Klägerin abgetreten. Die C. GmbH zahlt die Miete seit Juli 2003 an die Insolvenzverwalterin, nachdem sie diese dazu aufgefordert hatte.
Rz. 3
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. In der Berufungsinstanz trug die Beklagte mit Schriftsatz vom 14. Februar 2006 erstmals vor, dass ausweislich des Mietvertrages das Mobiliar an das „Haus K.” vermietet und auch nur Ansprüche gegen das „Haus K.” abgetreten seien. Von Ansprüchen gegen die C. GmbH sei in den Unterlagen nicht die Rede. Das sei bislang bedauerlicherweise nicht aufgefallen.
Rz. 4
Daraufhin trug die Klägerin mit Schriftsatz vom 7. März 2006 zu der Rechtsnachfolge auf Seiten der Mieterin vor. Im Termin zur mündlichen Verhandlung bestritt die Beklagte dieses Vorbringen.
Rz. 5
Das Berufungsgericht hat dem Rechtsmittel stattgegeben und die Klage abgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 6
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist statthaft (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und zulässig (§ 544 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 ZPO). Sie führt zur Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) sowie zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 544 Abs. 7 ZPO).
Rz. 7
1. Die Beklagte hatte im ersten Rechtszug gemäß § 288 ZPO zugestanden, dass der Insolvenzschuldner den Mietvertrag mit der C. GmbH geschlossen und den Anspruch auf Mietzins gegen diese an die Klägerin abgetreten hat. Die Beklagte hatte diesen Teil des Sachvortrags zunächst in der Klageerwiderung – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – nicht bestritten. Im Schriftsatz vom 28. Mai 2004 hat sie sodann selbst vorgetragen, dass der Klägerin durch den Überlassungsvertrag vom 31. März 2002 „die streitgegenständlichen Mietzinsansprüche” abgetreten worden seien. Die Klägerin habe neun Monate – bis zu dem Zeitpunkt, ab dem die Miete in die Masse geflossen sei – die Miete vereinnahmt.
Rz. 8
Nach § 288 ZPO bedurften die genannten Behauptungen der Klägerin keines Beweises. Gegenstand eines Geständnisses können Tatsachen sein, auch juristisch eingekleidete Tatsachen (BGH, Urteil vom 6. Oktober 2005 – III ZR 367/04, NJW-RR 2006, 281, 282; vom 18. Juni 2007 – II ZR 89/06, WM 2007, 1662, 1664 Rn. 16). Hierzu ist der genannte erstinstanzliche Vortrag der Klägerin zu rechnen, dass der Insolvenzschuldner den Mietvertrag mit der C. GmbH geschlossen und den Anspruch auf Mietzins gegen diesen an die Klägerin abgetreten habe. Die Beklagte hatte sich diesen Vortrag zu Eigen gemacht. Über diesen übereinstimmenden Vortrag haben die Parteien am 17. Juni 2004 durch stillschweigende Bezugnahme auf ihre vorbereitenden Schriftsätze mündlich verhandelt. Dies genügt, um die Geständniswirkung herbeizuführen (BGH aaO).
Rz. 9
Das Geständnis konnte von der Beklagten nur nach Maßgabe des § 290 ZPO widerrufen werden. Ein solcher Widerruf ist nicht erfolgt. Wollte man einen Widerruf in dem erstmaligen Bestreiten dieses Sachverhalts im Schriftsatz der Beklagten vom 14. Februar 2006 in der Berufungsinstanz sehen, fehlte es jedenfalls an der Darlegung und dem Beweis dafür, dass das Geständnis falsch war. Der Verweis auf die Urkunden (Mietvertrag, Übertragungsvertrag) war hierfür unzureichend, da ein Übergang der Verpflichtung auf die C. GmbH möglich erscheint, zumal diese und nicht eine andere Person auch tatsächlich Miete gezahlt hat. Demgemäß kommt eine Auslegung des Übertragungsvertrages in Betracht, dass bei der Abtretung die Ansprüche gegen die C. GmbH gemeint waren.
Rz. 10
Das erstmalige Bestreiten der Beklagten im Schriftsatz vom 14. Februar 2006 hätte im Übrigen nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zugelassen werden dürfen, weil das Bestreiten aus (eingeräumter) Nachlässigkeit nicht schon in der ersten Instanz erfolgt war. Die fehlerhafte Zulassung neuen Verteidigungsvorbringens kann zwar nicht mit der Revision geltend gemacht werden (BGH, Urteil vom 27. Februar 2007 – XI ZR 56/06, ZIP 2007, 718, 719 f. Rn. 19 m.w.N.). Der daraufhin erfolgte Sachvortrag der Klägerin durfte daraufhin jedoch nicht als verspätet zurückgewiesen werden, weder nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO noch nach § 525 Satz 1, § 282 Abs. 1, § 296 Abs. 2 ZPO.
Rz. 11
Das Berufungsgericht hätte jedenfalls von den zugestandenen Tatsachen ausgehen müssen.
Rz. 12
2. Das Berufungsurteil beruht auf dieser Gehörsverletzung. Hätte es die zugestandenen Tatsachen seiner Entscheidung zugrunde gelegt, hätte es die Klage nicht wegen fehlender Aktivlegitimation der Klägerin abweisen können.
Fundstellen