Verfahrensgang
LG Würzburg (Urteil vom 01.07.2021; Aktenzeichen 5 KLs 721 Js 2934/20) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 1. Juli 2021 in den Aussprüchen über die Einziehung des Wertes von Taterträgen dahin geändert, dass die Einziehung angeordnet ist betreffend
- den Angeklagten in Höhe von 1.640.604 Euro, wobei er in Höhe von 1.588.704 Euro als Gesamtschuldner haftet,
- den Nichtrevidenten M. in Höhe von 3.747.517 Euro,
- den Nichtrevidenten K. in Höhe von 294.000 Euro;
die jeweiligen weitergehenden Einziehungsaussprüche entfallen.
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
3. Die Verfahrenskosten und die dem Angeklagten im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen werden dem Angeklagten zu 86 Prozent und der Staatskasse zu 14 Prozent auferlegt.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs in zwei Fällen und wegen Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet. Das auf die Einziehungsentscheidung beschränkte Rechtsmittel erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Die Einziehungsentscheidung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil das Landgericht die von dem Nichtrevidenten M. an die Geschädigten in den Fällen C.I.18 bis 28 („A.”) geleistete Erstattung nicht gemäß § 73e Abs. 1 StGB bei der Bemessung des beim Angeklagten einzuziehenden Betrages berücksichtigt hat.
Rz. 3
a) Nach den Feststellungen überwiesen die Geschädigten des Tatkomplexes „A.” unter anderem 1.830.604 Euro auf das „Treuhand”-Konto des Angeklagten. Da M. an die Geschädigten dieses Tatkomplexes 350.000 Euro zurückzahlte, erloschen die gegen die Nichtrevidenten und den Angeklagten gerichteten Schadensersatzansprüche mit Gesamtwirkung (§ 362 Abs. 1 i.V.m. § 422 Abs. 1 Satz 1, § 840 Abs. 1 BGB). Aus diesem Tatkomplex können bei dem Angeklagten daher 1.480.604 Euro sowie die von ihm anderweitig vereinnahmten 10.000 Euro eingezogen werden. Zuzüglich der von dem Angeklagten erlangten und gemäß § 73 Abs. 1 i.V.m. § 73c Abs. 1 StGB einzuziehenden 100.000 Euro (Fall C.I.29) sowie weiterer 50.000 Euro (Fall C.I.32), hinsichtlich derer das Landgericht die Einziehung auf § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a i.V.m. § 73c Abs. 1 StGB gestützt hat, ergibt sich ein Einziehungsbetrag von 1.640.604 Euro.
Rz. 4
Der Senat ändert die Einziehungsentscheidung entsprechend § 354 Abs. 1 StPO. Es benachteiligt den in Fall C.I.30 verurteilten Angeklagten nicht, dass die Strafkammer gegen ihn nicht auch die Einziehung der von dem Geschädigten auf ein anderes Konto des Angeklagten überwiesenen 50.000 Euro nach § 73 Abs. 1 i.V.m. § 73c StGB angeordnet hat.
Rz. 5
b) Die Änderung ist entsprechend § 357 Satz 1 StPO auf die Nichtrevidenten M. und K. zu erstrecken. Während das Landgericht betreffend den Nichtrevidenten B. und die Einziehungsbeteiligte die Erstattungszahlungen bei der Bestimmung des Einziehungsbetrags berücksichtigt hat, war dies bei den Nichtrevidenten M. und K.– wie beim Angeklagten – nicht der Fall.
Rz. 6
aa) Nach den Feststellungen erhielt M. von dem Angeklagten über dessen „Treuhand”-Konto im Komplex „A.” 240.000 Euro. Berücksichtigt hat das Landgericht indessen nur Erstattungszahlungen an die Geschädigten aus „Eigenprojekten” des Nichtrevidenten in Höhe von 182.550 Euro. Daher sind die aus dem Tatkomplex „A.” herrührenden und gegen diesen Nichtrevidenten gerichteten Schadensersatzansprüche erloschen (§ 73e Abs. 1 Satz 1 StGB).
Rz. 7
bb) Betreffend K. hat das Landgericht festgestellt, dass dieser aus dem Tatkomplex „A.” vom „Treuhand”-Konto insgesamt 497.000 Euro erhalten hat. Abzüglich der an die Geschädigten dieses Tatkomplexes zurückgezahlten 350.000 Euro verbleibt ein bei diesem Nichtrevidenten nach § 73 Abs. 1 und § 73c Satz 1 StGB in Höhe von 294.000 Euro einzuziehender Gesamtbetrag.
Rz. 8
c) Dieser Rechtsfehler führt nicht dazu, dass entsprechend § 357 Satz 1 StPO auf der Grundlage der Änderung der Einziehungsbeträge eine Korrektur der Gesamtschuldnerhaftung bei den Nichtrevidenten und der Einziehungsbeteiligten zu erfolgen hätte. Denn die Einziehungsentscheidung betrifft allein das Verhältnis des Beteiligten zum Staat (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2021 – 2 StR 51/21, Rn. 8), wobei die Kennzeichnung der Gesamtschuldnerschaft in der Urteilsformel lediglich dazu dient, das mehrfache Einziehen der Taterträge zu verhindern (vgl. BGH, Beschluss vom 10. November 2020 – 3 StR 308/20, Rn. 3 mwN).
Rz. 9
2. Ferner hat das Landgericht zu Unrecht die gesamtschuldnerische Haftung (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2020 – 6 StR 161/20) des Angeklagten nur in Höhe von 1.578.000 Euro ausgesprochen und nicht auf den gesamten Tatertrag erstreckt, abzüglich der hieraus von dem Angeklagten allein und endgültig erlangten 51.900 Euro. Denn nach den Feststellungen kehrte der Angeklagte das auf seinen Konten verbuchte Geld der Anleger – bis auf seinen Anteil – vollständig an die Nichtrevidenten und die Einziehungsbeteiligte aus. Um jede Benachteiligung des Angeklagten auszuschließen, geht der Senat in Höhe von 1.588.704 Euro – erlangte 1.640.604 Euro abzüglich 51.900 Euro – von Gesamtschuld aus und ergänzt den Tenor entsprechend § 354 Abs. 1 StPO.
Rz. 10
3. Da der Angeklagte mit seinem auf den Einziehungsausspruch beschränkten Rechtsmittel eine Änderung der Einziehungsentscheidung erreichen konnte, wäre es unbillig gewesen, ihn mit den Verfahrenskosten (§ 464a Abs. 1 StPO) und seinen notwendigen Auslagen in voller Höhe zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO). Die Kostenquote entspricht der Abänderung der angefochtenen Entscheidung.
Unterschriften
Sander, König, Feilcke, Fritsche, von Schmettau
Fundstellen
Dokument-Index HI14981173 |