Leitsatz (amtlich)
Der Umstand, dass das LG bei der Verweisung des Rechtsstreits an das ArbG die Vorschrift des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG übersehen hat, rechtfertigt es nicht, die Bindungswirkung der Verweisung zu durchbrechen.
Normenkette
GVG § 17a; ArbGG § 5 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
LG München I |
ArbG München |
Tenor
Zuständig ist das ArbG München.
Gründe
I. Der Kläger war Geschäftsführer der beklagten GmbH und hat sie auf Grund einer Abfindungsvereinbarung vor dem LG München I verklagt. Das LG hat die Parteien darauf hingewiesen, dass seines Erachtens die Zuständigkeit des ArbG gegeben sei. Der Kläger hat daraufhin beantragt, den Rechtsstreit an das ArbG München zu verweisen. Die Beklagte hat mitgeteilt, dass gegen eine eventuelle Verweisung an das ArbG keine Einwände beständen.
Mit Beschl. v. 18.12.2002, gegen den Rechtsmittel nicht eingelegt wurden, hat das LG den Rechtsstreit an das ArbG verwiesen.
Das ArbG München hat die Übernahme des Rechtsstreits abgelehnt und die Sache dem LG München I zurückgegeben, weil das LG offenbar § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG übersehen habe. Die dagegen von der Beklagten eingelegte sofortige Beschwerde hat das LAG verworfen, da eine beschwerdefähige Entscheidung nicht vorliege.
Das LG hat den Rechtsstreit dem BGH zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
II. Auf Grund der bindenden Verweisung durch das LG ist das ArbG zuständig.
1. Für Entscheidungen über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs trifft § 17a GVG eine eigenständige Regelung, die einen Streit zwischen Gerichten verschiedener Rechtswege von vornherein ausschließen soll (BGH, Beschl. v. 9.4.2002 - X ARZ 24/02, BGHReport 2002, 748 = MDR 2002, 1025 = NJW 2002, 2474; v. 12.3.2002 - X ARZ 314/01, BGHReport 2002, 749; v. 13.11.2001 - X ARZ 266/01, BGHReport 2002, 216 = WM 2002, 406). Wenn das angerufene Gericht den zu ihm führenden Rechtsweg für unzulässig hält, hat es dies auszusprechen und den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs zu verweisen. Diese Entscheidung kann in einem Instanzenzug auf ihre Richtigkeit hin überprüft werden, denn anders als die Verweisung wegen örtlicher und sachlicher Unzuständigkeit (§ 281 ZPO) unterliegt der nach § 17a Abs. 2 GVG ergehende Verweisungsbeschluss der sofortigen Beschwerde (§ 17a Abs. 4 GVG). Hieraus folgt jedoch umgekehrt, dass ein nach § 17a Abs. 2 GVG ergangener Beschluss, sobald er rechtskräftig geworden ist, einer weiteren Überprüfung entzogen ist. Die Regelung in § 17a Abs. 5 GVG bestätigt dies (BGH, Beschl. v. 9.4.2002 - X ARZ 24/02, BGHReport 2002, 748 = MDR 2002, 1025 = NJW 2002, 2474). Angesichts dieser Rechtslage besteht die Bindungswirkung nach § 17a Abs. 2 S. 3 GVG auch bei gesetzwidrigen Verweisungen (BGH v. 24.2.2000 - III ZB 33/98, BGHZ 144, 21 [24]; Beschl. v. 9.4.2002 - X ARZ 24/02, BGHReport 2002, 748 = MDR 2002, 1025 = NJW 2002, 2474).
Auch der Streit zwischen dem ArbG München und dem LG München I ist hiermit entschieden. Das ArbG München ist das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs, weil der Rechtsstreit durch den unangefochtenen und nunmehr unanfechtbaren Beschluss des LG München I v. 18.12.2002 mit der sich aus § 17b Abs. 1 GVG ergebenden Folge verwiesen worden ist, dass der Rechtsstreit nunmehr beim ArbG anhängig ist.
2. Eine andere Beurteilung kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil das LG, wie das ArbG meint, einer offenkundigen Fehlbeurteilung unterlegen ist. Denn die durch § 17a Abs. 4 GVG eröffnete Beschwerdemöglichkeit schließt es auch bei einem schwer wiegenden Rechtsfehler grundsätzlich aus, die Bindungswirkung der Verweisung des Rechtsstreits an das Gericht eines anderen Rechtswegs zu durchbrechen (BGH, Beschl. v. 8.7.2003 - X ARZ 138/03, BGHReport 2003, 1099 = MDR 2003, 1369 = NJW 2003, 2990).
Im Streitfall haben die Parteien weder ein Rechtsmittel gegen die Verweisung eingelegt noch auch nur vor dem LG der Verweisung widersprochen. Damit ist die Verweisung rechtskräftig und sowohl für die Parteien als auch im Rahmen des vorliegenden Verfahrens für das ArbG bindend. Angesichts der klaren Rechtslage besteht weder Anlass noch Möglichkeit, dem ArbG die im Gesetz nicht vorgesehene Befugnis zuzubilligen, sich über die Bindungswirkung der Verweisungsentscheidung hinwegzusetzen.
Da das ArbG jedoch die Übernahme der Sache abgelehnt und diese an das LG München I "zurückgegeben" hat, spricht der Senat zur Vermeidung weiterer Verzögerungen des Verfahrens die gesetzliche Rechtsfolge ausdrücklich aus (vgl. BGH v. 13.11.2001 - X ARZ 266/01, BGHReport 2002, 216 = WM 2002, 406).
Fundstellen
BB 2004, 2084 |
BGHR 2004, 549 |
EBE/BGH 2004, 2 |
NJW-RR 2004, 645 |
JurBüro 2004, 511 |
NZA 2004, 341 |
MDR 2004, 587 |