Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzuständigkeit des ausländischen Schiedsgerichts trotz Verfristung eines im Ausland befristeten Rechtsmittels
Leitsatz (amtlich)
Nach dem Inkrafttreten des Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes vom 22.12.1997 (BGBl. I, 3224), durch das u.a. § 1044 Abs. 2 Nr. 1 ZPO a.F. aufgehoben worden ist, steht dem Einwand, das ausländische Schiedsgericht sei mangels wirksamer Schiedsvereinbarung unzuständig gewesen, nicht entgegen, dass es der Schiedsbeklagte versäumt hat, gegen den Schiedsspruch im Ausland ein befristetes Rechtsmittel einzulegen.
Normenkette
ZPO § 1061 Abs. 1 S. 1, § 1044 Abs. 2 Nr. 1 a.F.; UNÜ Art. VII Abs. 1
Verfahrensgang
OLG München (Beschluss vom 23.11.2009; Aktenzeichen 34 Sch 13/09) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des 34. Zivilsenats des OLG München vom 23.11.2009 - 34 Sch 013/09 - wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 6.866,71 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Rz. 1
Die Antragstellerin begehrt die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs der Internationalen Schiedskammer für Obst und Gemüse in Paris vom 14.2.2008, durch den die Antragsgegnerin zur Zahlung eines restlichen Kaufpreises von 6.866,71 EUR (nebst Zinsen und Kosten) für die im Sommer 2007 erfolgte Lieferung von Aprikosen verurteilt worden ist. Die Antragsgegnerin hat weder gegen diesen Schiedsspruch Berufung zum Oberschiedsgericht eingelegt noch einen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs beim staatlichen Berufungsgericht von Paris gestellt.
Rz. 2
Das OLG hat den Antrag abgelehnt und festgestellt, dass der Schiedsspruch in Deutschland nicht anzuerkennen sei. Es fehle an einer schriftlichen Schiedsvereinbarung in wechselseitigem Schriftverkehr gem. Art. II Abs. 2 des UN-Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (UNÜ) vom 10.6.1958 (BGBl. 1961 II S. 121). Zwar nähmen nach Art. VII Abs. 1 UNÜ die Bestimmungen des Übereinkommens keiner beteiligten Partei das Recht, sich auf einen Schiedsspruch nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts oder der Verträge des Landes, in dem er geltend gemacht werde, zu berufen, so dass ggf. über diesen Meistbegünstigungsgrundsatz auch eine Schiedsvereinbarung durch Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben zustande kommen könne. Soweit die Antragstellerin hierzu auf das Schriftstück ihrer Agentin vom 8.6.2007 verweise, habe sie aber nicht nachgewiesen, dass dieses Schriftstück der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss zugegangen sei. Gründe, den Einwand der Unzuständigkeit im inländischen Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht zu berücksichtigen, seien nicht erkennbar. Insbesondere habe sich die Antragsgegnerin bereits vor dem Schiedsgericht ausdrücklich darauf berufen, dass eine Schiedsvereinbarung nicht getroffen wurde. Die Antragstellerin habe daher unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben keinen Anlass zu der Annahme gehabt, die Antragsgegnerin werde sich in Deutschland einer Vollstreckbarerklärung unter Berufung auf die fehlende Zuständigkeit des Schiedsgerichts nicht widersetzen.
Rz. 3
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Rechtsbeschwerde.
II.
Rz. 4
Die von Gesetzes wegen statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. §§ 1065 Abs. 1 Satz 1, 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2, 1025 Abs. 4 ZPO) und auch im Übrigen wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin steht dem von der Antragsgegnerin unter Hinweis auf das Fehlen einer Schiedsvereinbarung erhobenen Einwand der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin den Schiedsspruch nicht in Frankreich mit einem befristeten Rechtsbehelf angegriffen hat. Insoweit hat sich die Rechtslage nach dem Inkrafttreten des Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetzes vom 22.12.1997 (BGBl. I, 3224), durch das u.a. § 1044 Abs. 2 Nr. 1 ZPO a.F. aufgehoben wurde, geändert.
Rz. 5
1. Nach § 1044 Abs. 2 Nr. 1 ZPO a.F. war der Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs abzulehnen, wenn der Schiedsspruch rechtsunwirksam war, wobei für die Frage der Wirksamkeit - vorbehaltlich einer anderen Bestimmung durch Staatsverträge - das für das Schiedsverfahren geltende Recht maßgeblich sein sollte. Im Gegensatz dazu bestimmte § 1041 Abs. 1 Nr. 1 ZPO a.F., dass die Aufhebung eines inländischen Schiedsspruchs dann beantragt werden konnte, wenn diesem ein gültiger Schiedsvertrag nicht zugrunde lag. Gestützt darauf, dass § 1044 Abs. 2 Nr. 1 ZPO a.F. nicht auf einen gültigen Schiedsvertrag, sondern auf die Rechtswirksamkeit des Schiedsspruchs abstellte, hat der BGH vormals in ständiger Rechtsprechung (vgl. nur Urt. v. 26.6.1969 - VII ZR 32/67, BGHZ 52, 184, 188 f.; v. 7.1.1971 - VII ZR 160/69, BGHZ 55, 162, 168 ff.; und 21.10.1971 - VII ZR 45/70, BGHZ 57, 153, 156 f.; BGH, Urt. v. 10.5.1984 - III ZR 206/82, NJW 1984, 2763, 2764; Beschl. v. 23.5.1991 - III ZR 90/90, BGHR ZPO § 1044 Abs. 2 Nr. 1 Einwendungen 1) darauf verwiesen, dass zu dem die Rechtswirksamkeit des ausländischen Schiedsspruchs bestimmenden ausländischen Recht auch das Verfahrensrecht gehört und deshalb der Einwand einer fehlenden oder nicht wirksamen Schiedsvereinbarung, soweit er im Ausland mit einem fristgebundenen Rechtsbehelf hätte geltend gemacht werden können, aber nicht geltend gemacht wurde, im inländischen Verfahren der Vollstreckbarerklärung nicht mehr vorgebracht werden kann. Denn in diesem Fall ist nach dem ausländischen Recht, auch wenn die Schiedsvereinbarung möglicherweise unwirksam sein mag, der Schiedsspruch selbst grundsätzlich rechtswirksam.
Rz. 6
2. Durch das Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz vom 22.12.1997 ist § 1044 ZPO a.F. aufgehoben worden. Nunmehr bestimmt § 1061 Abs. 1 ZPO, dass sich die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche nach dem UN-Übereinkommen vom 10.6.1958 richtet.
Rz. 7
Ob sich hierdurch die Rechtslage geändert hat, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum streitig (verneinend u.a. OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.10.2003 - 1 Sch 16/02, 1 Sch 6/03, juris Rz. 60 ff.; OLG Karlsruhe, SchiedsVZ 2006, 281, 282 f.; 2006, 335, 336; 2008, 47, 48; OLG Frankfurt, Beschl. v. 18.10.2007 - 26 Sch 1/07, juris Rz. 36; Münch in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 1061 Rz. 12; MünchKomm/ZPO/v. Adolphsen, a.a.O., § 1061 Anh. 1 UNÜ Art. V Rz. 11 f.; Musielak/Voit, ZPO, 7. Aufl., § 1061 Rz. 20; bejahend u.a. OLG Schleswig, RIW 2000, 706, 708; BayObLG NJW-RR 2001, 431, 432; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl., Rz. 1323; Mallmann, SchiedsVZ 2004, 152, 157; Prütting/Gehrlein/Raeschke-Kessler, ZPO, 2. Aufl., § 1061 Rz. 29 ff.; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 30 Rz. 19; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl., Anhang § 1061 Rz. 76; unklar Zöller/Geimer, 28. Aufl., § 1061 Rz. 22 einerseits, Rz. 29 anderseits; offen gelassen in OLG Rostock IPRax 2002, 401, 405; KG SchiedsVZ 2007, 108, 112).
Rz. 8
Bei der diesbezüglichen Diskussion wird allerdings verschiedentlich nicht beachtet, dass in der Senatsrechtsprechung - wie in der des vormals für das Schiedsverfahren zuständigen VII. Senats - nicht der allgemeine Grundsatz aufgestellt worden ist, dass Aufhebungsgründe immer präkludiert sind, wenn versäumt wurde, sie mit einem befristeten Rechtsbehelf gegen den Schiedsspruch im Ausland geltend zu machen. Vielmehr bezog sich die Rechtsprechung in erster Linie auf § 1044 Abs. 2 Nr. 1 ZPO a.F. Außerhalb von dessen Anwendungsbereich galt die Präklusionswirkung für Einwendungen gegen den Schiedsspruch nur, soweit sie lediglich nach dem Recht des Schiedsverfahrenslandes einen Fehler darstellten, nicht aber auch, soweit sie unter die weiteren in § 1044 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO a.F. aufgeführten Fälle, in denen vormals ein Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs abgelehnt werden konnte, zu subsumieren waren (vgl. BGH, Beschlüsse v. 26.4.1990 - III ZR 56/89, BGHR ZPO § 1044 Abs. 2 Nr. 4 qualifizierte Mehrheit 1; und 23.5.1991, a.a.O.; Urt. v. 14.5.1992 - III ZR 169/90, NJW 1992, 2299; s. auch BGH, Urt. v. 7.1.1971, a.a.O., S. 173), wobei der Senat allerdings bei der Prüfung der Frage, ob die Anerkennung eines Schiedsspruchs einen Verstoß gegen den deutschen ordre public (§ 1044 Abs. 2 Nr. 2 ZPO a.F.) darstellt, die ausländischen Rechtsschutzmöglichkeiten im Einzelfall mitberücksichtigt hat (Beschl. v. 12.7.1990 - III ZR 218/89, BGHR ZPO § 1044 Abs. 2 Nr. 2 Befangenheit 1; Urt. v. 1.2.2001 - III ZR 332/99, IPRax 2001, 580, 581 f.; s. aber auch Beschl. v. 30.11.1995 - III ZR 165/94, BGHR ZPO § 1044 Abs. 2 Nr. 2 Geltendmachung 1).
Rz. 9
Der Senat hat die Frage, ob nach der Neuordnung des Schiedsverfahrensrechts die sog. Präklusionsrechtsprechung fortgesetzt werden kann, bisher offen gelassen (Beschlüsse v. 17.4.2008 - III ZB 97/06, NJW-RR 2008, 1083 Rz. 20, und 15.1.2009 - III ZB 83/07, SchiedsVZ 2009, 126 Rz. 6). Diese nunmehr entscheidungserhebliche Frage ist, soweit es um die Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts mangels (wirksamer) Schiedsvereinbarung geht (§ 1044 Abs. 2 Nr. 1 ZPO a.F.), zu verneinen.
Rz. 10
3. Nach § 1061 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. V Abs. 1a UNÜ (i.V.m. Art. II UNÜ) kann sich ein Antragsgegner im Verfahren auf Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs darauf berufen, dass dem Schiedsspruch keine (gültige) Schiedsvereinbarung zugrunde liegt. Einen Vorbehalt der Geltendmachung ausländischer Rechtsbehelfe gegen den Schiedsspruch enthalten weder § 1061 ZPO noch Art. V UNÜ. Im Rahmen des durch das nationale Recht in Bezug genommenen UN-Übereinkommens kann deshalb dieser Einwand nicht unter Hinweis auf eine unterlassene Geltendmachung befristeter Rechtsbehelfe im Ausland zurückgewiesen werden.
Rz. 11
Allerdings bestimmt § 1061 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. VII Abs. 1 UNÜ, dass die Bestimmungen des Übereinkommens keiner beteiligten Partei das Recht nehmen, sich auf einen Schiedsspruch nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts oder der Verträge des Landes, in dem er geltend gemacht wird, zu berufen (sog. Meistbegünstigungsklausel). Dort enthaltene Präklusionsbestimmungen können deshalb die Verteidigungsmöglichkeiten eines Antragsgegners im inländischen Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren beschränken.
Rz. 12
a) Art. V Abs. 1 Satz 1 des Europäischen Übereinkommens über die Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit (EuÜ) vom 21.4.1961 (BGBl. 1964 II S. 425) sieht insoweit vor, dass eine Partei, will sie die Einrede der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts mit der Begründung erheben, eine Schiedsvereinbarung bestehe nicht oder sei unwirksam, dies spätestens gleichzeitig mit ihrer Einlassung zur Hauptsache im schiedsrichterlichen Verfahren geltend zu machen hat. Anderenfalls ist sie mit dieser Rüge nach Maßgabe des Art. V Abs. 2 EuÜ auch in späteren Verfahren vor einem staatlichen Gericht ausgeschlossen. Eine weitergehende Präklusion wegen der Versäumung eines befristeten Rechtsmittels gegen den Schiedsspruch kennt das Europäische Übereinkommen nicht. Da die Antragsgegnerin sich im hiesigen Schiedsverfahren von Anfang an auf eine fehlende Schiedsvereinbarung berufen hat, ist nach dem Europäischen Übereinkommen die Zuständigkeitsrüge zulässig.
Rz. 13
b) Der Erhebung der Zuständigkeitsrüge stehen auch nicht die für innerstaatliche Schiedssprüche geltenden nationalen Bestimmungen des §§ 1059 Abs. 2 Nr. 1a, Abs. 3, 1060 Abs. 2 Satz 3 ZPO entgegen.
Rz. 14
Nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1a ZPO kann ein inländischer Schiedsspruch u.a. deshalb aufgehoben werden, weil es an einer gültigen Schiedsvereinbarung fehlt. Der entsprechende Aufhebungsantrag muss nach § 1059 Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO bei Gericht grundsätzlich innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Zugang des Schiedsspruchs eingereicht werden. An diese Frist knüpft § 1060 Abs. 2 Satz 3 ZPO dergestalt an, dass im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung des inländischen Schiedsspruchs die Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO - anders als die Aufhebungsgründe des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO - nicht zu berücksichtigen sind, wenn die in § 1059 Abs. 3 ZPO bestimmte Frist abgelaufen ist, ohne dass der Antragsgegner einen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs gestellt hat.
Rz. 15
Diese Regelungen finden jedoch keine entsprechende Anwendung auf ausländische Schiedssprüche. Dies folgt allerdings nicht bereits daraus, dass § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO allein auf das UN-Übereinkommen Bezug nimmt und deshalb der Verweis in Art. VII Abs. 1 UNÜ bezüglich des innerstaatlichen Rechts ins Leere geht. Vielmehr ist der Meistbegünstigungsgrundsatz in Art. VII Abs. 1 UNÜ dahin zu verstehen, dass er - unter Durchbrechung der Rückverweisung des nationalen Rechts auf das UN-Übereinkommen - grundsätzlich auch die Anwendung von im Vergleich zum UN-Übereinkommen anerkennungsfreundlicheren Vorschriften des nationalen Rechts, auch soweit diese an sich für innerstaatliche Schiedssprüche gelten, auf ausländische Schiedssprüche erlaubt (vgl. zur Formvorschrift des § 1031 ZPO BGH, Beschl. v. 30.9.2010 - III ZB 69/09, Rz. 10 ff., vorgesehen für BGHZ).
Rz. 16
Jedoch kann das von § 1060 Abs. 2 Satz 3 ZPO in Bezug genommene Rechtsbehelfsverfahren (§ 1059 ZPO) auf ausländische Schiedssprüche nicht angewendet werden, wobei dahinstehen kann, ob es sich insoweit überhaupt um eine "anerkennungsfreundlichere" Regelung handelt. Denn die Entscheidung, ob und unter welchen Voraussetzungen ein im Ausland ergangener Schiedsspruch aufgehoben und ob ein entsprechendes Rechtsmittel unbefristet oder nur innerhalb einer bestimmten Frist bei Gericht eingereicht werden kann, fällt nicht in die Zuständigkeit des deutschen Gesetzgebers. Gilt § 1059 ZPO aber auch im Rahmen des Art. VII Abs. 1 UNÜ nicht für ausländische Schiedssprüche, entfällt auch die Möglichkeit der Anknüpfung an die Präklusionsregelung in § 1060 Abs. 2 Satz 3 ZPO.
Rz. 17
4. Der Umstand, dass die Antragsgegnerin in Frankreich kein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Schiedsgerichts eingelegt hat, führt entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht dazu, dass die Rüge der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts als gegen Treu und Glauben verstoßendes Verhalten im innerstaatlichen Vollstreckbarerklärungsverfahren unbeachtlich ist. Zwar mag mit der Rechtsbeschwerde davon auszugehen sein, dass dem von § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO berufenen internationalen Schiedsverfahrensrecht der Grundsatz von Treu und Glauben zu eigen ist, und zwar auch in Gestalt des Einwands der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium). Allerdings kann nicht in jedem widersprüchlichen Verhalten ein Verstoß gegen Treu und Glauben gesehen werden. Nach deutschem Recht ist ein solches Verhalten erst dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Dass im internationalen Schiedsverfahrensrecht ein Weniger genügen könnte, ist nicht ersichtlich (vgl. Senat, Beschluss vom 17.4.2008, a.a.O., Rz. 12). Allein der Umstand, dass eine Partei sich gegen die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs im Inland wendet, ohne diesen zuvor im Ausland mit einem möglichen Rechtsmittel angefochten zu haben, genügt für die Annahme eines widersprüchlichen Verhaltens aber nicht (vgl. Senat, a.a.O., Rz. 15). Im Übrigen hat das OLG in tatrichterlicher Würdigung festgestellt, dass die Antragstellerin unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben keinen Anlass zu der Annahme gehabt habe, die Antragsgegnerin werde sich in Deutschland einer Vollstreckbarerklärung unter Berufung auf die fehlende Zuständigkeit des Schiedsgerichts nicht widersetzen. Rechtsfehler dieser Bewertung zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf, mit der die Antragstellerin lediglich ihre gegenteilige Auffassung an die Stelle der des OLG setzt. Dass besondere Umstände vorliegen, die ungeachtet des Fehlens eines solchen Vertrauenstatbestands die Rüge der Unzuständigkeit als rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen, ist nicht ersichtlich.
Rz. 18
5. Auch im Übrigen erweist sich der angefochtene Beschluss als rechtsfehlerfrei. Auf eine nähere Begründung wird nach § 577 Abs. 6 Satz 2 i.V.m. § 564 Satz 1, Satz 3 ZPO verzichtet.
Fundstellen
Haufe-Index 2595026 |
BGHZ 2011, 1 |
BB 2011, 130 |
BB 2011, 336 |
NJW 2011, 1290 |
EWiR 2011, 199 |
JR 2012, 115 |
WM 2011, 523 |
ZIP 2011, 302 |
MDR 2011, 191 |
RIW 2011, 404 |
IHR 2011, 265 |
SchiedsVZ 2011, 105 |