Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand trotz Fristversäumnis. wirtschaftliches Unvermögen einer Partei. rechtzeitige Einreichung eines Prozesskostenhilfeantrags. wahrheitswidrige Angabe im Prozesskostenhilfeantrag
Leitsatz (amtlich)
a) Die Versäumung einer Frist ist unverschuldet und einer Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn die rechtzeitige Vornahme einer fristwahrenden Handlung wegen des wirtschaftlichen Unvermögens einer Partei unterbleibt.
b) Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Partei bis zum Ablauf der Frist einen den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Antrag auf Prozesskostenhilfe eingereicht und alles in ihren Kräften Stehende getan hat, damit über den Antrag ohne Verzögerung sachlich entschieden werden kann, und sie deshalb vernünftigerweise nicht mit einer Verweigerung der Prozesskostenhilfe mangels Bedürftigkeit rechnen musste.
c) Daran fehlt es, wenn die Partei im Prozesskostenhilfeantrag - für sie selbst offensichtlich - wahrheitswidrig angegeben hat, über keine Bankkonten zu verfügen.
Normenkette
ZPO § 233
Verfahrensgang
Saarländisches OLG (Entscheidung vom 09.04.2014; Aktenzeichen 2 U 40/13) |
LG Saarbrücken (Entscheidung vom 22.12.2011; Aktenzeichen 2 O 33/06) |
Tenor
Die Gegenvorstellung der Klägerin gegen den Senatsbeschluss vom 6.8.2014 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das beabsichtigte Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt wird.
Gründe
Rz. 1
Die als Gegenvorstellung zu dem die Prozesskostenhilfe mangels Glaubhaftmachung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen versagenden Senatsbeschluss vom 6.8.2014 zu wertende "Beschwerde" der Klägerin ist unbegründet. Dabei kann offenbleiben, ob es der Klägerin nunmehr gelungen ist, die für die Gewährung von Prozesskostenhilfe erforderlichen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse glaubhaft zu machen. Der beabsichtigten Nichtzulassungsbeschwerde fehlt jedenfalls die hinreichende Erfolgsaussicht (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Rz. 2
Nach § 544 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist die Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils einzulegen. Diese Frist ist im Streitfall am 30.5.2014, 24.00 Uhr, abgelaufen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könnte der Klägerin hinsichtlich der Beschwerdefrist auch im Falle, ihr würde Prozesskostenhilfe bewilligt, nicht gewährt werden. Zwar ist anerkannt, dass die Versäumung einer Frist unverschuldet und einer Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, wenn die rechtzeitige Vornahme einer fristwahrenden Handlung, hier also die formgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde durch einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt, wegen des wirtschaftlichen Unvermögens der Partei unterbleibt. Voraussetzung hierfür ist aber, dass die Partei bis zum Ablauf der Frist einen den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Antrag auf Prozesskostenhilfe eingereicht und alles in ihren Kräften Stehende getan hat, damit über den Antrag ohne Verzögerung sachlich entschieden werden kann, und sie deshalb vernünftigerweise nicht mit einer Verweigerung der Prozesskostenhilfe mangels Bedürftigkeit rechnen musste (st.Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. v. 24.7.2014 - III ZB 4/14, juris Rz. 3 m.w.N.).
Rz. 3
Daran fehlt es hier. Zwar hat die Klägerin vor Ablauf der Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde die ausgefüllte "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- und Verfahrenskostenhilfe" nebst einer Reihe von Belegen vorgelegt. Sie durfte aber dennoch nicht darauf vertrauen, dass ihr aufgrund ihrer Angaben Prozesskostenhilfe gewährt werden würde, weil sie in ihrem Antrag - auch für sie selbst offensichtlich - objektiv wahrheitswidrig angegeben hatte, über keine Bank-, Giro- oder Sparkonten zu verfügen. Tatsächlich verfügte sie über jedenfalls drei Girokonten, über die ihr Zahlungsverkehr abgewickelt wurde. Ob der wahrheitswidrigen Angabe, über keine Girokonten zu verfügen, die Absicht der Klägerin zugrunde lag, ihre wirtschaftlichen Verhältnisse zu verschleiern, insb. die als Darlehensraten bezeichneten Überweisungen ihres Prozessbevollmächtigten auf eines ihrer Girokonten zu verschweigen, oder ob die falsche Behauptung in der eingereichten Erklärung lediglich auf Nachlässigkeit der Klägerin selbst oder/und ihres Prozessbevollmächtigten (vgl. § 85 Abs. 2 ZPO; vgl. BGH, Beschl. v. 12.6.2001 - XI ZR 161/01, BGHZ 148, 66, 70 ff.) beruhte, ist unerheblich.
Fundstellen
Haufe-Index 7605027 |
BB 2015, 385 |
DB 2015, 434 |