Normenkette
ZPO § 544 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 8. Dezember 2020 wird auf Kosten der Beklagten verworfen.
Der Wert des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf 4.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Rz. 1
Der klagende Insolvenzverwalter nimmt die Beklagten im Wege der Stufenklage auf Erteilung von Auskünften im Zusammenhang mit einem zwischen dem Schuldner und den Beklagten zu 1 und 2 geschlossenen Unternehmenskaufvertrag in Anspruch. Gegenstand des Unternehmens war die Audio- und Videoproduktion, der Betrieb eines Musikverlags, der Handel mit Ton- und Videoträgern aller Art sowie die Vergabe damit zusammenhängender Lizenzen und Auswertungsrechte.
Rz. 2
Das Landgericht hat die Beklagten zu 1 und 2 mit Teilurteil vom 22. Mai 2015 verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, welche Nutzungen sie aus dem von dem Schuldner erworbenen Unternehmen und welche Nutzungen sie aus den einzelnen Vermögensgegenständen des Unternehmens gezogen haben und hätten ziehen können. Ferner hat es die Beklagte zu 3 verurteilt, dem Kläger Auskunft zu erteilen, welche Nutzungen sie aus dem Unternehmen seit dessen Übernahme gezogen habe und welche Nutzungen sie aus den einzelnen Vermögensgegenständen des Unternehmens seit deren Übernahme gezogen habe. Im Übrigen hat es die Klage in der Auskunftsstufe abgewiesen und die Höhe der Sicherheitsleistung nach dem geschätzten Aufwand der Beklagten auf insgesamt 4.000 € festgesetzt. Die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Es hat die ausgeurteilten Auskunftsansprüche des Klägers gemäß § 242 BGB für begründet erachtet. Die Revision hat das Berufungsgericht nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten. Sie beantragen, die Revision gegen das Berufungsurteil zuzulassen, wobei sie ihren Klageabweisungsantrag in vollem Umfang weiterverfolgen möchten.
II.
Rz. 3
Die Beklagten sind der Auffassung, sie seien in Höhe eines Betrages, der 20.000 € übersteige, durch das Berufungsurteil beschwert, da der Aufwand der Auskunftserteilung so umfangreich sei. Entsprechend dem Aufwand, den Wert der einzelnen mit dem Unternehmen übertragenen Rechte zu bewerten, sei auch der Aufwand, die gezogenen Nutzungen aus den einzelnen Rechten zu bestimmen. Der Aufwand für die Auskunftserteilung sei mindestens so hoch wie ihn die beiden gerichtlichen Sachverständigen für den Fall einer Einzelbewertung der übertragenen Rechte veranschlagt hätten. Die Beschwer der Beklagten belaufe sich daher auf mindestens 100.000 €.
Rz. 4
Der Kläger meint, die Beklagten hätten bis zu dem für die Bewertung der Beschwer maßgebenden Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht keinen Vortrag gehalten, welchen Aufwand die Erfüllung der erstinstanzlichen Auskunftsverpflichtung für sie bedeuten würde. Die Beklagten hätten insbesondere gegen die Festsetzung des Werts des Berufungsverfahrens auf 4.000 € nichts erinnert.
Rz. 5
Nach Einlegung der Berufung durch die Beklagten ist der Streitwert für das Berufungsverfahren vorläufig auf 4.000 € festgesetzt worden; entsprechend erging die Vorschussanforderung an die Beklagten. Einwendungen sind dagegen nicht erhoben worden.
III.
Rz. 6
Die Beschwerde der Beklagten ist als unzulässig zu verwerfen, da der Wert der mit der Revision geltend gemachten Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Rz. 7
1. Die Beschwer des zur Auskunft verurteilten Beklagten ist nach seinem Interesse zu bewerten, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Sie bemisst sich nicht nach dem Wert des Auskunftsanspruchs, sondern im Wesentlichen nach dem Zeit- und Kostenaufwand, der für die sorgfältige Erteilung der Auskunft erforderlich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2019 - III ZB 28/19, NJW-RR 2020, 189 Rn. 8 mwN).
Rz. 8
Maßgebend für die Bewertung der Beschwer bei der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht. Einem Beschwerdeführer, der nicht glaubhaft gemacht hat, dass bereits in den Vorinstanzen vorgebrachte Umstände, die die Festsetzung eines höheren Streitwerts - und einer entsprechend höheren Beschwer - rechtfertigen, nicht hinreichend berücksichtigt worden seien, ist es regelmäßig verwehrt, sich im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren auf neue Angaben zu berufen, um die Wertgrenze des § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu überschreiten (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2017 - VI ZR 19/17, VersR 2018, 181 Rn. 5 mwN).
Rz. 9
2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze übersteigt der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht. Die Beklagten haben gegen die Wertfestsetzung auf 4.000 € in den Vorinstanzen keine Einwände erhoben. Erst in der Nichtzulassungsbeschwerde haben sie dargelegt, für die Auskunftserteilung die Hilfe Dritter in Anspruch nehmen zu müssen. Ferner haben sie erstmals vorgetragen, die Auskunftserteilung würde zu einem Arbeitsanfall von mehr als 800 Stunden führen und damit jedenfalls die Beschwer aus der Verurteilung zur Auskunftserteilung den Betrag von 20.000 € übersteigen. Auch erst mit der Nichtzulassungsbeschwerde haben die Beklagten dargelegt, die Prüfung welcher Unterlagen die Auskunftserteilung im Einzelnen voraussetzen würde.
Grupp |
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Schoppmeyer |
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Röhl |
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Selbmann |
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Harms |
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Fundstellen