Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 29.09.2003) |
Tenor
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 29. September 2003 werden verworfen.
Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit schwerem Raub und gefährlicher Körperverletzung zu Freiheitsstrafen von neun Jahren (P.) und von zehn Jahren (S.) verurteilt sowie Tatmittel eingezogen. Die Angeklagten rügen mit ihren Revisionen die Verletzung sachlichen Rechts. Ihre Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.
Nach den getroffenen Feststellungen lauerten die Angeklagten dem Tatopfer, dem Zeugen H., nachts in einem Garagenhof auf, als dieser seinen Pkw dort nach einem Spielbankbesuch abstellte. Als der Geschädigte das Garagentor zuzog, kamen die Angeklagten hinter einem Kleinbus hervor und schlugen von hinten kräftig auf ihr völlig arg- und wehrloses Opfer mittels einer Metallstange (74 cm lang, ca. 2 kg Gewicht) und eines Holzknüppels (ca. 75 cm lang, 466 g schwer) ein. Dabei richteten sie ihre Schläge auch gezielt gegen den Hinterkopf und den Nacken des Opfers. Als sie dieses überwältigt hatten, zogen sie ihm die Jacke aus und flohen mit dieser. Der Geschädigte blieb wimmernd, stöhnend, blutüberströmt und regungslos am Boden liegend zurück. Er erlitt u.a. eine Fraktur des Augenhöhlenbodens, einen Jochbeinbruch, eine Rippenfraktur sowie Prellungen, Hämatome und Platzwunden. Die in der Jacke befindlichen 14.500 EUR teilten die Angeklagten unter sich auf. Sie hatten vor der geplanten Tat von einem Informanten in der Spielbank einen Hinweis erhalten, daß der Geschädigte dort an diesem Abend „gewonnen hatte”.
Die Strafkammer hat bedingten Tötungsvorsatz angenommen. Der von den Angeklagten als möglich erachtete Tod des Opfers sei ihnen gleichgültig, möglicherweise sogar unerwünscht gewesen; um der Erreichung ihres Zieles willen hätten sie ihn jedoch gebilligt, als sie von dem Geschädigten abgelassen hätten, geflüchtet seien und nichts zu seiner Rettung unternommen hätten.
1. Die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes begegnet angesichts der eingesetzten Tatmittel, der gezielten, kräftigen Schläge auch gegen den Hinterkopf des Opfers sowie des Verletzungsbildes nicht den geringsten rechtlichen Bedenken. Ebensowenig ist gegen die Annahme eines beendeten Totschlagsversuchs und die Verneinung eines strafbefreienden Rücktritts von Rechts wegen etwas zu erinnern.
2. Auch der Strafausspruch hält rechtlicher Prüfung Stand. Das Landgericht hat unter anderem strafschärfend bewertet, die Angeklagten hätten vier Alternativen des Tatbestandes der gefährlichen Körperverletzung verwirklicht, so auch die des „hinterlistigen Überfalls” (§ 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB). Das wird von den Feststellungen getragen.
Ein Überfall ist im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht schon dann hinterlistig, wenn der Täter für den Angriff auf das Opfer das Moment der Überraschung ausnutzt, etwa indem er – wie hier – plötzlich von hinten angreift. Hinterlist setzt vielmehr voraus, daß der Täter planmäßig in einer auf Verdeckung seiner wahren Absicht gerichteten Weise vorgeht, um dadurch dem Überfallenen die Abwehr des nicht erwarteten Angriffs zu erschweren und eine Vorbereitung auf die Verteidigung auszuschließen, beispielsweise durch Entgegentreten mit vorgetäuschter Friedfertigkeit oder indem er sich vor dem Opfer verbirgt und ihm auflauert oder sich anschleicht (BGHR StGB § 223a Abs. 1 [a.F.] Hinterlist 1; BGH GA 1969, 61, 62; NStZ 2001, 478; BGH, Urt. vom 15. Oktober 1963 – 1 StR 326/63; Beschluß vom 15. Juli 2003 – 1 StR 249/03; siehe auch RGSt 65, 65, 66). Hier haben die Angeklagten sich in einen Hinterhalt begeben und dem Opfer aufgelauert, um unter Ausnutzung nicht nur des Überraschungsmomentes, sondern auch der örtlichen Verhältnisse, der Nachtzeit und vor allem der Heimlichkeit ihres planmäßigen Herangehens an das Opfer zum Ziel zu kommen. Sie haben das Opfer zwar nicht in diesen Hinterhalt hineingelockt. Die Hinterlist liegt aber letztlich in dem gezielten, planmäßigen und von Heimlichkeit geprägten Ausnutzen der vorgegebenen Situation.
Nach allem ist die ausdrücklich als strafschärfend zu Lasten beider Angeklagter hervorgehobene Erwägung, diese hätten vier Tatbestandsalternativen der gefährlichen Körperverletzung verwirklicht (UA S. 51), rechtlich unbedenklich.
Unterschriften
Wahl, Boetticher, Schluckebier, Kolz, Hebenstreit
Fundstellen
Haufe-Index 2557617 |
NStZ 2005, 40 |
NStZ-RR 2007, 67 |
Kriminalistik 2005, 143 |
Kriminalistik 2005, 9 |
NPA 2004, 0 |