Verfahrensgang
LG Coburg (Urteil vom 15.12.2017) |
Tenor
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Coburg vom 15. Dezember 2017 im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Tatbestand
Rz. 1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Das auf die Sachrüge gestützte Rechtsmittel der Angeklagten führt zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs.
Rz. 2
Das Landgericht hat die Maßregel nicht unerörtert lassen dürfen. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift dazu ausgeführt:
„1. Die Kammer hat festgestellt, dass die Angeklagte bereits im Alter von 14 Jahren Marihuana und sodann ab dem Alter von 15 Jahren regelmäßig Crystal-Speed und Ecstasy konsumiert hat (UA S. 8, 14). Sowohl die Konsummenge als auch die Konsumfrequenz hat sich im Laufe der Zeit gesteigert (UA S. 14). Zuletzt hat die Angeklagte bis zu ihrer Festnahme im Februar 2017 täglich ein Gramm Crystal-Speed konsumiert. Nachdem der gegen sie erlassene Haftbefehl unmittelbar nach ihrer Festnahme außer Vollzug gesetzt worden ist, gelang es der Angeklagten zwar, den Betäubungsmittelkonsum ohne die Empfindung von Suchtdruck einzustellen. Sie erlitt allerdings bereits im März 2017 einen Rückfall mit Crystal-Speed (UA S. 8 f.). Derzeit nimmt die Angeklagte einmal monatlich an Sitzungen des ‚Blauen Kreuzes’ teil. Dementsprechend hat die Kammer einen schädlichen Missbrauch von Betäubungsmittel angenommen, eine Abhängigkeit hingegen verneint (UA S. 8, 14 ff.).
2. Dass die Kammer gleichwohl das Vorliegen eines Hanges im Sinne des § 64 StGB nicht erörtert hat, lässt besorgen, dass die Kammer von einem zu engen Verständnis eines Hanges im Sinne des § 64 StGB ausgegangen ist. Für einen Hang ist ausreichend eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren, wobei diese Neigung noch nicht den Grad einer physischen Abhängigkeit erreicht haben muss (BGH, Beschluss vom 23. August 2017 – 1 StR 269/17). Diese Voraussetzung ist durch den festgestellten schädlichen Gebrauch von Betäubungsmitteln gegeben.
…
6. Anhaltspunkte dafür, dass die Angeklagte nicht gefährlich im Sinne des § 64 StGB ist und keine hinreichend konkrete Aussicht besteht, sie durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt von ihrem Hang zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren (§ 64 Satz 2 StGB), bestehen nicht.
7. Vor diesem Hintergrund bedarf es der Prüfung, inwieweit die Anordnung einer – ggf. zur Bewährung auszusetzenden (§ 67b Abs. 1 StGB) – Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) erforderlich ist.
…
Entscheidungsgründe
II. Die unterlassene Prüfung der Maßregelanordnung nach § 64 StGB zieht gemäß § 5 Abs. 3 JGG die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs nach sich.
1. Nach dieser Vorschrift ist, soweit die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anzuordnen ist, von der Verhängung einer Jugendstrafe abzusehen, wenn die Maßregelanordnung die Ahndung durch Jugendstrafe entbehrlich macht. Da eine entsprechende Prüfung und Entscheidung im angefochtenen Urteil fehlt, führt dies zur Aufhebung des Ausspruchs über die Jugendstrafe (BGH, Beschluss vom 3. Januar 1997 – 3 StR 549/96; Beschluss vom 25. November 2014 – 5 StR 509/14).
2. Auf die Ausführungen der Revision zur Frage der Erforderlichkeit der Verhängung einer Jugendstrafe kommt es daher nicht mehr an.”
Rz. 3
Dem tritt der Senat bei.
Unterschriften
Raum, Jäger, Cirener, Fischer, Hohoff
Fundstellen
Dokument-Index HI11957209 |