Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifbedingungen private Krankenversicherung. Beschränkung Ersatzpflicht. Streitwertfestsetzung. Wert des Beschwerdegegenstands. Interesse der Allgemeinheit an Beseitigung gesetzwidriger AGB-Bestimmungen. Verbraucherschutzverbände
Leitsatz (amtlich)
Zum Wert des Beschwerdegegenstandes bei Verbandsklagen gem. §§ 13 ff. AGBG zur Überprüfung von Tarifklauseln in Krankenversicherungsverträgen.
Normenkette
EGZPO § 26 Nr. 8; ZPO § 544; AGBG § 13
Verfahrensgang
OLG Köln (Urteil vom 26.02.2003) |
LG Köln |
Tenor
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 5. Zivilsenats des OLG Köln vom 26.2.2003 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen.
Streitwert: 5.112,91 EUR
Gründe
I. Der klagende Verbraucherschutzverein begehrt, dem beklagten Versicherungsunternehmen die Verwendung der Tarifbedingung einer privaten Krankenversicherung zu untersagen, die die Erstattung der Aufwendungen für ambulante psychotherapeutische Behandlungen auf 20 Sitzungen pro Kalenderjahr beschränkt.
Beide Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen und den Streitwert auf 10.000 DM festgesetzt. Der Kläger erstrebt die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO. Der Rechtsfrage, in welchem Ausmaß Krankenversicherer ihre Pflicht zum Ersatz dieser Kosten in ihrem Bedingungswerk beschränken dürfen, komme wegen der großen wirtschaftlichen Auswirkung auf einen breiten Kreis von Krankenversicherungsunternehmen grundsätzliche Bedeutung zu.
II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil der Kläger nicht glaubhaft gemacht hat, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes die gem. §§ 544 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO vorausgesetzte Grenze von 20.000 EUR übersteigt (vgl. BGH, Beschl. v. 25.7.2002 - V ZR 118/02, BGHReport 2002, 941 = MDR 2002, 1389 = NJW 2002, 3180 unter II; v. 27.6.2002 - V ZR 148/02, BGHReport 2002, 898 = MDR 2002, 1331 = NJW 2002, 2720 unter II 2).
Im Verbandsprozess gem. §§ 13 ff. AGBG bemisst sich das Interesse der Prozesspartei ausschließlich nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der gesetzeswidrigen AGB-Bestimmung; die wirtschaftliche Bedeutung eines Klauselverbots soll sich dagegen nicht ausschlaggebend auf die Wertfestsetzung auswirken, um die Verbraucherschutzverbände bei der Wahrnehmung der ihnen im Allgemeininteresse eingeräumten Befugnisse zur Befreiung des Rechtsverkehrs von unwirksamen AGB vor Kostenrisiken möglichst zu schützen (BGH, Beschl. v. 18.7.2000 - VIII ZR 12/00, NJW-RR 2001, 352m. w. N. und ständig). Rechtsprechung und Literatur haben auf dieser Grundlage Regelstreitwerte von 3.000 DM, 5.000 DM und 10.000 DM je Klausel gebilligt, wobei der Zugang zum Revisionsgericht keine Bedeutung für die Wertfestsetzung hat (vgl. BGH, Beschl. v. 15.4.1998 - VIII ZR 317/97, NJW-RR 1998, 1465; v. 26.3.1997 - III ZR 296/96, BGHR ZPO § 3 Unterlassungsklage 3; Micklitz in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 15 AGB Rz. 49, 50; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG, 9. Aufl., § 15 Rz. 33; Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 4. Aufl., § 15 Rz. 31; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 15 AGBG Rz. 9). Das schließt indes nicht aus, dass insbesondere bei Allgemeinen Versicherungsbedingungen im Einzelfall auch ein höherer Wert in Betracht kommen kann.
Im vorliegenden Fall ist jedoch eine die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO übersteigende Wertsteigerung nicht gerechtfertigt. Der Kläger hat den Wert in der Klageschrift mit vorläufig 10.000 DM angegeben. Der darauf beruhenden Streitwertfestsetzung durch das LG ist er ebenso wenig entgegengetreten wie der durch das Berufungsgericht in dessen Beschl. v. 8.5.2001. Schon daraus ergibt sich ein Hinweis darauf, wie der Kläger das hier maßgebliche Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der Klausel eingeschätzt hat. Auch die mit der Beschwerde vorgelegten weiteren Tarife der Beklagten und anderer Versicherer mit Beschränkungen des Kostenersatzes auf unter 50 psychotherapeutische Sitzungen pro Jahr und der Hinweis auf den zunehmenden Bedarf an solchen Behandlungen stützen eine höhere Wertfestsetzung nicht. Denn daraus ergibt sich noch nicht, dass einer solchen Tarifbestimmung innerhalb des Gesamtbedingungswerks der privaten Krankheitskostenversicherung aus der Sicht der Allgemeinheit ein solches Gewicht beizumessen wäre, was eine vom Regelfall abweichende höhere Wertfestsetzung - zumal auf mehr als 20.000 EUR - rechtfertigen könnte.
Fundstellen
Haufe-Index 1050004 |
BGHR 2003, 1434 |
NJW-RR 2003, 1694 |
GRUR 2004, 536 |
VersR 2004, 131 |
IVH 2003, 235 |