Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 12.03.2008) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 12. März 2008 wird
1. das Verfahren gemäß § 154a Abs. 1 und 2 StPO mit Zustimmung des Generalbundesanwalts eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall A. II. 3. wegen Zuwiderhandlung gegen eine gerichtliche Maßnahme zum Schutz vor Gewalt und Nachstellungen verurteilt worden ist;
2. der Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Bedrohung und wegen Zuwiderhandlung gegen eine gerichtliche Maßnahme zum Schutz vor Gewalt und Nachstellungen in 78 Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Bedrohung, schuldig ist.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Soweit das Verfahren eingestellt wurde, trägt die Staatskasse die Kosten und insoweit die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Die übrigen Kosten des Rechtsmittels hat der Angeklagte zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift vom 25. Juli 2008 ausgeführt:
„Soweit dem Angeklagten im Fall A. II. 3. neben der Verurteilung wegen Bedrohung eine strafbare Zuwiderhandlung gegen eine gerichtliche Maßnahme zum Schutz vor Gewalt und Nachstellungen vorgeworfen wird, ist das Verfahren wegen der bisher nicht ausreichend geklärten Frage der Spezialität (Art. 14 EuAlÜbk) nach § 154a Abs. 1 und 2 StPO einzustellen.
Das zuständige Rechtshilfegericht in Amsterdam hat in seiner Entscheidung vom 23.10.2007 (Original II 747ff – Übersetzung II 1010 ff.) ausdrücklich davon abgesehen, den Angeklagten wegen der Zuwiderhandlung gegen das Annäherungsverbot an die Wohnung und den Arbeitsplatz der Geschädigten auszuliefern, weil ein derartiges Verhalten nach niederländischem Recht nicht strafbar ist; ob ein Verzicht auf die Spezialität von Seiten des Angeklagten vorliegt, kann an Hand der Auslieferungsunterlagen nicht abschließend geprüft werden. Zur Vermeidung weiterer Ermittlungen wird daher beantragt, das Verfahren gemäß § 154a Abs. 1 und 2 StPO einzustellen, soweit der Angeklagte im Fall A. II. 3. wegen einer strafbaren Zuwiderhandlung gegen eine gerichtliche Maßnahme zum Schutz vor Gewalt und Nachstellungen verurteilt worden ist.
Im Übrigen hat das niederländische Gericht die Auslieferung jedoch ausdrücklich angeordnet, weil die Taten auch nach dem Recht des ersuchten Staates, nämlich wegen Bedrohung und Belästigung strafbar sind (II 696 ff.; II 630 ff.; vgl. auch BGH, Beschl. vom 09.10.1997 – StB 14/97). Damit durfte die Strafkammer neben der Bedrohung auch die Zuwiderhandlungen des Angeklagten gegen das Kontaktverbot aus der Gewaltschutzanordnung des Amtsgerichts München vom 23.08.2004 aburteilen.
Auch im Übrigen liegen die Voraussetzungen für eine Strafbarkeit nach § 4 GewaltschutzG vor. Die Gewaltschutzanordnung des Amtsgerichts München vom 23.08.2004 wurde dem Angeklagten im Parteibetrieb wirksam zugestellt (Beiakte … Js …; vgl. zu dieser ‚Voraussetzung für eine Strafbarkeit’ BGH, Urt. v. 15. März 2007 – 5 StR 536/06).”
Rz. 2
Dem tritt der Senat bei.
Rz. 3
Die weitergehende Revision des Angeklagten ist aus den in der Antragschrift des Generalbundesanwalts dargelegten und durch die Erwiderung des Verteidigers vom 12. August 2008 nicht entkräfteten Gründen unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
Unterschriften
Nack, Kolz, Hebenstreit, Graf, Sander
Fundstellen
Haufe-Index 2564236 |
NStZ-RR 2011, 270 |