Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 22.02.2019) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 22. Februar 2019 aufgehoben, soweit die in dem Strafbefehl des Amtsgerichts Hannover vom 4. September 2017 angeordnete Sperre für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis aufrechterhalten worden ist; diese Maßregel entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten des Diebstahls in 14 Fällen, davon in fünf Fällen in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, des versuchten Diebstahls in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, der versuchten gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte schuldig gesprochen. Es hat gegen ihn drei Gesamtstrafen festgesetzt, und zwar
- eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr unter Auflösung der Gesamtstrafe aus dem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Hannover vom 21. November 2017 und Einbeziehung der Einzelgeldstrafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Hannover vom 14. August 2017, dem Strafbefehl des Amtsgerichts Hannover vom 4. September 2017 und dem Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 7. Dezember 2017 unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe,
- eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 24. Mai 2018 verhängten Geldstrafe sowie
- eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten.
Rz. 2
Zudem hat es die Anordnung der im Strafbefehl des Amtsgerichts Hannover vom 4. September 2017 sowie der im Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 7. Dezember 2017 jeweils angeordneten Sperrfrist aufrechterhalten und überdies bestimmt, dass dem Angeklagten vor Ablauf von drei Jahren keine Fahrerlaubnis erteilt werden darf. Schließlich hat es die Einziehung diverser Durchlauferhitzer sowie des Wertes von Taterträgen angeordnet. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts und erhebt zudem Verfahrensbeschwerden. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 3
1. Die Begründung, mit der das Landgericht eine Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB abgelehnt hat, weist zwar einen Rechtsfehler auf. Hierauf beruht das Urteil aber nicht.
Rz. 4
Die Strafkammer ist bei der Prüfung eines Hangs, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, von einem unzutreffenden Maßstab ausgegangen. Sie hat unter Bezugnahme auf eine Kommentarstelle (Fischer, StGB, 66. Aufl., § 64 Rn. 7) zu Unrecht angenommen, ein übermäßiger Konsum setze eine erhebliche Beeinträchtigung der Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit voraus. Indes entspricht es der Rechtsprechung sämtlicher Strafsenate des Bundesgerichtshofs, dass eine erhebliche Beeinträchtigung von Gesundheit, Arbeits- und/oder Leistungsfähigkeit lediglich indizielle Bedeutung für das Vorliegen eines Hangs haben kann, das Fehlen solcher Beeinträchtigungen die Bejahung eines Hangs aber nicht ausschließt (vgl. jeweils mwN etwa BGH, Beschlüsse vom 10. November 2015 – 1 StR 482/15, NStZ-RR 2016, 113, 114; vom 12. März 2019 – 2 StR 584/18, juris Rn. 19; vom 10. Januar 2018 – 3 StR 563/17, juris Rn. 7; vom 27. November 2018 – 3 StR 299/18, NStZ 2019, 265, 266; vom 27. September 2018 – 4 StR 276/18, StV 2019, 261, 262; vom 30. Juni 2015 – 5 StR 215/15, juris Rn. 8; s. auch Fischer, StGB, 66. Aufl., § 64 Rn. 10a).
Rz. 5
Allerdings hat das Landgericht tragfähig ausgeführt, dass kein symptomatischer Zusammenhang zwischen dem Hang und den Straftaten bestehe.
Rz. 6
2. Die mit Strafbefehl des Amtsgerichts Hannover vom 4. September 2017 angeordnete Sperre für die Erteilung einer neuen Fahrerlaubnis (§ 69a Abs. 1 Satz 1 StGB) kann keinen Bestand haben. Sie endete nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen mit Ablauf des 25. September 2018, somit vor der Verkündung des angefochtenen Urteils am 22. Februar 2019. Weil die Sperre demnach bereits zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung gegenstandslos im Sinne des § 55 Abs. 2 StGB war, hat die Anordnung ihrer Aufrechterhaltung zu entfallen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. April 2018 – 3 StR 81/18, juris Rn. 3 mwN).
Rz. 7
Dagegen lief die durch Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 7. Dezember 2017 bestimmte Sperre erst mit dem 14. Juni 2019 ab, so dass deren Aufrechterhaltung durch das Landgericht rechtsfehlerfrei war.
Rz. 8
Da im Übrigen die Taten, die das Landgericht zur Begründung einer weiteren Sperre herangezogen hat, nicht diejenige Strafe betreffen, die in die Gesamtstrafe mit den durch das Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 7. Dezember 2017 verhängten Strafen eingegangen ist, kann in der gegebenen Konstellation auch die Anordnung einer weiteren Sperre bestehen bleiben (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 1993 – 3 StR 560/92, BGHR StGB § 55 Abs. 2 Aufrechterhalten 2; Urteil vom 26. August 1971 – 4 StR 296/71, BGHSt 24, 205, 207; MüKoStGB/Athing/von Heintschel-Heinegg, 3. Aufl., § 69a Rn. 38).
Rz. 9
3. Der geringfügige Teilerfolg der Revision lässt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Unterschriften
Gericke, Spaniol, Berg, Anstötz, Erbguth
Fundstellen
Dokument-Index HI13473507 |