Leitsatz (amtlich)
Setzt die Ergänzung eines Urteils die vorherige Berichtigung seines Tatbestandes voraus, so beginnt die Frist für den Antrag auf Urteilsergänzung erst mit der Zustellung des Berichtigungsbeschlusses und nicht bereits mit der Zustellung des Urteils.
Normenkette
ZPO §§ 716, 321 Abs. 2
Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 26.11.1981) |
LG Kempten |
Tenor
Der Antrag des Beklagten vom 17. Februar 1982, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Oberlandesgerichts München vom 26. November 1981 einstweilen einzustellen, wird zurückgewiesen.
Gründe
Das Berufungsgericht hat den Beklagten unter anderem zur Räumung und Herausgabe von Gewerberäumen verurteilt. Im Tatbestand des Berufungsurteils ist ausgeführt, der Beklagte bitte vorsorglich um Einräumung einer Abwendungsbefugnis durch Erbringung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft der Sparkasse O. in F.. Mit Beschluß vom 28. Januar 1982 hat das Berufungsurteil diese Ausführungen dahin berichtigt, daß nach dem Wort „Abwendungsbefugnis” die Worte „gemäß § 712 ZPO” einzufügen sind. Nach dem Tenor des Berufungsurteils und den Ausführungen auf S. 29 des Berufungsurteils hat das Berufungsgericht zwar eine Entscheidung nach § 711 ZPO erlassen, nicht aber eine solche nach § 712 ZPO, welche die Abwendung der Zwangsvollstreckung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers betrifft. Aus den Akten ergibt sich, daß der Berichtigungsbeschluß den Prozeßbevollmächtigten des Beklagten am 9. Februar 1982 und dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 11. Februar 1982 zugestellt worden ist.
Der Beklagte, der Revision eingelegt hat, bittet um Einstellung der Zwangsvollstreckung nach § 719 Abs. 2 ZPO. Dieser Antrag mußte zurückgewiesen werden. Die Einstellungsmöglichkeit nach § 719 Abs. 2 ZPO tritt nämlich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hinter diejenige aus § 712 ZPO zurück (vgl. BGH Beschluß vom 25. August 1978 – X ZR 17/78 – LM ZPO § 712 Nr. 1 – MDR 1979, 138 und Beschluß vom 11. Dezember 1979 – KZR 25/79 = GRUR 1980, 329). Hier kann der Beklagte aber nach den §§ 716, 321 ZPO eine Entscheidung des Berufungsgerichts über seinen nach § 712 ZPO gestellten Antrag noch herbeiführen. Das setzt allerdings voraus, daß die zweiwöchige Frist, binnen der der Antrag auf Ergänzung des Berufungsurteils nach § 321 Abs. 2 ZPO gestellt werden muß, nicht bereits mit der hier am 7. Dezember 1981 vorgenommenen Zustellung des Berufungsurteils begonnen hat, sondern erst mit der Zustellung des Berichtigungsbeschlusses. Entgegen der Meinung von Stein/Jonas/Schumann/Leipold, ZPO, 19. Aufl. § 321 Anm. II 1 und von Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 39. Aufl. § 321 Anm. 3 A, die den Zeitpunkt der Urteilszustellung für maßgebend halten, ist der erkennende Senat mit Rosenberg/Schwab, Zivilprozeßrecht, 13. Aufl. § 60 I 4 a und Zöller/Vollkommer, ZPO, 13. Aufl. § 321 Anm. IV 1 b der Ansicht, daß die Frist erst mit der Zustellung des Berichtigungsbeschlusses beginnt. Die Entscheidung über den Antrag setzt nämlich voraus, daß die Stellung des Antrages festgestellt ist, was erst mit der Berichtigung des Tatbestandes zutrifft. Es entspricht auch der Billigkeit, den Lauf der Frist mit der Zustellung des Berichtigungsbeschlusses beginnen zu lassen. Erst dann, wenn durch diesen die Stellung des Antrages nach § 712 ZPO feststeht, kann die Partei davon ausgehen, daß sie einen Antrag auf Erlaß eines Ergänzungsurteils mit Aussicht auf Erfolg stellen kann.
Unterschriften
Braxmaier, Treier
Fundstellen
Haufe-Index 1127370 |
Nachschlagewerk BGH |