Verfahrensgang
LG Oldenburg (Urteil vom 17.07.2003) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 17. Juli 2003
- im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen jeweils in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sowie des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln schuldig ist;
- im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im übrigen wegen „unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln in fünf Fällen, davon in vier Fällen in nicht geringen Mengen” unter Einbeziehung der Einzelfreiheitsstrafen aus einer Vorverurteilung zur Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die Revi- sion des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet, hat mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der von Heroin abhängige, zur Finanzierung seines Eigenbedarfs mit diesem Betäubungsmittel Handel treibende Angeklagte in fünf Fällen Heroingemisch mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 13 % gekauft. Dabei hat er in vier Fällen jeweils 15 Gramm, in einem weiteren Fall zehn Gramm gekauft. Aus der erworbenen Gesamtmenge hat der Angeklagte etwa 15 Gramm selbst verbraucht, den Rest von etwa 55 Gramm hat er an Dritte veräußert. Bei den Einkäufen von 15 Gramm hat der Angeklagte „jeweils mindestens billigend in Kauf genommen, eine nicht geringe Menge zu erwerben”. Denn er hat gewußt, „daß das Heroin zumindest einen Wirkstoffgehalt von über 10 % gehabt haben mußte” (UA S. 7).
1. Die aufgrund der Sachrüge veranlaßte Überprüfung des Urteils führt zur Abänderung des Schuldspruchs.
a) In dem Fall des Erwerbs von zehn Gramm Heroingemisch erreicht die erworbene Gesamtmenge ausgehend von dem festgestellten Mindestwirkstoffgehalt von 13 % den Grenzwert der nicht geringen Menge im Sinne von § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG (1,5 g HHC) nicht. Wird in einem derartigen Fall – wie hier – von vornherein eine Teilmenge zum Handeltreiben und eine Teilmenge zum Eigenverbrauch erworben, so ist die Tat rechtlich als Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, § 52 StGB) zu würdigen; denn der Auffangtatbestand des unerlaubten Besitzes wird dann vom Tatbestand des Erwerbs verdrängt (vgl. Weber, BtMG 2. Aufl. § 29 a Rdn. 192, § 29 Rdn. 753 jew. m. w. N.).
b) Auch in den vier Fällen des Kaufs von jeweils 15 Gramm Heroingemisch kann der Schuldspruch keinen Bestand haben.
Die Qualifikation des § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ist in diesen Fällen angesichts der festgestellten Vorstellungen des Angeklagten zum Wirkstoffgehalt („10 %”) und unter Berücksichtigung dessen, daß ein Teil der Erwerbsmengen stets für den Eigenkonsum bestimmt war, jeweils nur für die Tatmodalität des Besitzes, nicht aber für die des Handeltreibens erfüllt. Dementsprechend hat sich der Angeklagte insofern des „Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen jeweils in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln” schuldig gemacht. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert.
2. Der Strafausspruch kann insgesamt nicht bestehen bleiben. Das Landgericht ist in den vier Fällen des Erwerbs von jeweils 15 Gramm Heroingemisch bei der Strafzumessung davon ausgegangen, daß der Angeklagte mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben hat (UA S. 16). Zwar ist der Strafrahmen für den rechtsfehlerfrei festgestellten Tatbestand des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gleich dem des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29 a Abs. 1 BtMG). Der Senat kann aber nicht ausschließen, daß das Landgericht wegen des grundsätzlich geringeren Schuldgehalts des Besitzes bei Zugrundelegung der rechtlich zutreffenden Beurteilung der Tathandlung auf niedrigere Einzelstrafen erkannt hätte. Dies hat die Aufhebung der betroffenen Einzelstrafen und damit auch der Gesamtstrafe zur Folge.
Die für den Fall des Erwerbs von zehn Gramm Heroingemisch verhängte Einzelstrafe (zehn Monate Freiheitsstrafe) hat der Senat ebenfalls aufgehoben, um dem neuen Tatrichter eine umfassende und in sich stimmige Strafzumessung zu ermöglichen.
Unterschriften
Tolksdorf, Miebach, Winkler, Becker, Hubert
Fundstellen
Haufe-Index 2557975 |
StraFo 2004, 252 |