Verfahrensgang
LG Aurich (Urteil vom 15.07.2014) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aurich vom 15. Juli 2014 wird
- das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall B. XII. der Urteilsgründe wegen Diebstahls verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last;
- das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der schweren räuberischen Erpressung, des Raubes, des schweren Bandendiebstahls, des versuchten schweren Bandendiebstahls, des Wohnungseinbruchdiebstahls in zwei Fällen sowie des Diebstahls schuldig ist.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten – unter Freispruch im Übrigen – der „gemeinschaftlichen Erpressung in einem besonders schweren Fall, des gemeinschaftlichen Raubes, des schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, des Wohnungseinbruchdiebstahls in zwei Fällen, wobei er in einem Fall gemeinschaftlich handelte sowie des gemeinschaftlichen Diebstahls in einem besonders schweren Fall in zwei Fällen” schuldig gesprochen und gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verhängt. Hiergegen wendet sich die auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten.
Rz. 2
1. Der Senat hat auf Antrag des Generalbundesanwalts das Verfahren gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall B. XII. der Urteilsgründe wegen Diebstahls verurteilt worden ist. Damit entfallen der entsprechende Schuldspruch sowie die für diesen Fall festgesetzte Einzelstrafe von einem Jahr und sechs Monaten.
Rz. 3
2. Die Überprüfung des Urteils hat im verbleibenden Umfang keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben; allerdings war der Schuldspruch zu korrigieren (§ 354 Abs. 1 analog StPO).
Rz. 4
Hinsichtlich des als Erpressung abgeurteilten Falles hat das Landgericht festgestellt, dass der Beschwerdeführer in den frühen Morgenstunden des 19. Oktober 2013 mit den Mitangeklagten R. E. und … O. durch das Aufbrechen einer Tür in das Wohnhaus eines Ehepaares gelangt war, um das Gebäude gemäß einer zwischen ihnen bestehenden Bandenabrede nach Wertgegenständen zu durchsuchen. Als sie im Schlafzimmer auf die schlafenden Eheleute trafen, forderten sie die Herausgabe von Geld, wozu der Ehemann unter dem Eindruck des Auftretens der Täter mit zweien von ihnen in die Küche ging und diesen 45 EUR aushändigte, während der dritte bei der Ehefrau im Schlafzimmer zurückblieb. Aufgrund ihres Auftretens „waren sich alle drei Angeklagten bewusst, dass sie auf die gerade erwachten Eheleute W. in deren eigenem Schlafzimmer im Hinblick auf deren körperliche Integrität bedrohlich und einschüchternd wirken würden. Diesen Umstand machten sie sich absichtsgemäß zu Nutze”.
Rz. 5
Diese – rechtsfehlerfrei getroffenen – Feststellungen belegen entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht nur eine Erpressung im Sinne des § 253 Abs. 1 StGB, sondern eine räuberische Erpressung gemäß § 253 Abs. 1, § 255 StGB. Denn das durch die Täter konkludent angedrohte empfindliche Übel bestand nach den Feststellungen in unmittelbar drohenden körperlichen Übergriffen, somit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben. Darauf, ob die Täter die Drohung erforderlichenfalls hätten verwirklichen wollen, kommt es nicht an (vgl. S/S-Eser/Bosch, StGB, 29. Aufl., § 249 Rn. 5).
Rz. 6
Des Weiteren erfüllte der Angeklagte auch das Qualifikationsmerkmal des § 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Dass das Landgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Täter übereingekommen waren, über den Einzelfall hinaus auch zukünftig Wertgegenstände durch den Einsatz von Nötigungsmitteln zu erlangen, steht dem nicht entgegen. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm genügt es, dass der Raub oder – aufgrund der Verweisung des § 255 StGB – die räuberische Erpressung durch Mitglieder einer Bande begangen werden, die sich zur fortgesetzten Begehung von Diebstahl verbunden hat (vgl. Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 250 Rn. 2). Einer Erweiterung der Bandenabrede auf die zukünftig wiederholte Begehung von Raub- bzw. räuberischen Erpressungstaten bedarf es nicht (wohl anders, indes nicht tragend: BGH, Beschluss vom 13. April 1999 – 1 StR 77/99, NStZ 1999, 454; NK-StGB-Kindhäuser, 4. Aufl., § 250 Rn. 16). Es genügt vielmehr, dass sich die konkrete Tat als eine solche einer Diebesbande darstellt, mithin an ihrer Begehung mindestens zwei Bandenmitglieder beteiligt sind. Dies war vorliegend der Fall.
Rz. 7
Darauf, dass der vom Landgericht angenommene besonders schwere Fall der Erpressung mit Blick auf eine Bandenbegehung von den Feststellungen nicht getragen würde, da § 253 Abs. 4 StGB anders als § 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB eine auf die wiederholte Begehung gerade von Erpressungen abzielende Bandenabrede erforderlich macht, kommt es mithin nicht an.
Rz. 8
Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 Abs. 1 StPO stand dem nicht entgegen, da dem Revisionsführer mit der Anklage eine schwere räuberische Erpressung gemäß §§ 253, 255, 250 Abs. 1 Nr. 2 StGB zur Last gelegt worden war. Im Übrigen hat der Senat den Schuldspruch neu gefasst; denn weder die gemeinschaftliche Begehungsweise noch das Vorliegen besonders schwerer Fälle ist in den Urteilstenor aufzunehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Oktober 1977 – 2 StR 410/77, BGHSt 27, 287, 289).
Rz. 9
3. Der Strafausspruch bleibt von der Teileinstellung und der Schuldspruchkorrektur auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Verteidigung mit Schriftsatz vom 17. März 2015 unberührt. Der Senat kann angesichts der gegenüber § 253 Abs. 4 StGB höheren Mindeststrafe des § 250 Abs. 1 StGB ausschließen, dass die insoweit verhängte Einzelstrafe von drei Jahren auf der fehlerhaften rechtlichen Würdigung durch das Landgericht beruht. Im Hinblick auf diese sowie die weiteren verbleibenden Einzelstrafen von zwei Jahren und neun Monaten, zwei Jahren und sechs Monaten, zweimal einem Jahr und sechs Monaten sowie zweimal einem Jahr ist auch nicht zu besorgen, dass das Landgericht ohne die im eingestellten Fall verhängte Freiheitsstrafe eine mildere Gesamtstrafe gebildet hätte.
Unterschriften
Becker, Hubert, Mayer, Gericke, Spaniol
Fundstellen
Haufe-Index 7735390 |
NStZ-RR 2015, 213 |