Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 10.07.2014) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 10. Juli 2014 im Ausspruch über das Absehen von der Verfallsanordnung nach § 111i Abs. 2 StPO aufgehoben; die zugehörigen Feststellungen bleiben aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten verurteilt und festgestellt, dass gegen ihn wegen eines Betrages in Höhe von 256.219,00 EUR lediglich deshalb nicht auf Verfall erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen. Die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte, auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist zum Strafausspruch unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Sie hat jedoch zum Ausspruch über das Absehen von einer Verfallsanordnung Erfolg.
Rz. 2
Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hierzu ausgeführt:
„Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass § 73c Abs. 1 StGB im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Entscheidung zu berücksichtigen ist.
Das Landgericht hat diese – hier auch nicht ausnahmsweise ausgeschlossene – Prüfung nicht vorgenommen. Das Urteil trifft keine Feststellungen zu den zum Zeitpunkt seines Erlasses aktuellen Vermögensverhältnissen des Angeklagten. Es verhält sich insbesondere nicht dazu, in welche Gegenstände des Angeklagten mit welchem Wert der dingliche Arrest vollzogen werden konnte. Ein Rückgriff auf den Beschluss der Kammer vom 10. Juli 2014 über die Aufrechterhaltung des Arrests, in dem die sichergestellten Vermögenswerte festgestellt sein sollen, ist auf Grundlage der allein mit der Sachrüge geführten Revision nicht möglich. Es liegt weiter nicht fern, dass jedenfalls einige der sämtlich namentlich bekannten 65 Anleger, die anders als die Geschädigten S., B., H. und E. nicht von den Angeklagten durch Erstattung der von ihnen geleisteten Zahlungen außergerichtlich klaglos gestellt wurden, gemäß §§ 111g und 111h StPO in diese Gegenstände vollstreckt und das zunächst vorhandene Vermögen durch solche – im Übrigen nach § 111i Abs. 2 Satz 4 StPO zu einem Abzug vom Erlangten oder dessen Wert führenden – Maßnahmen gemindert, wenn nicht aufgezehrt haben. Es bleibt mithin offen, ob der Wert des Erlangten im Vermögen des Angeklagten zur Zeit der Anordnung überhaupt noch vorhanden war und damit für den Fall, dass dies zu verneinen sein sollte, die Voraussetzungen für ein Absehen von der Anordnung nach richterlichem Ermessen gegeben waren (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB) oder ob eine unbillige Härte im Sinne des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB der Anordnung entgegenstand. In letzterem Zusammenhang ist auch von Bedeutung, dass der Angeklagte 67 Jahre alt ist (bei der Altersangabe von 77 Jahren auf Seite 4 der Urteilsgründe handelt es sich im Hinblick auf die Feststellungen zu seinem beruflichen Werdegang im zweiten Absatz auf Seite 5 offensichtlich um ein Versehen) und unter chronischen Gesundheitsbeeinträchtigungen leidet, weshalb seine zukünftigen Erwerbsaussichten – zumal nach (teilweiser) Verbüßung der gegen ihn verhängten Strafe – zumindest deutlich eingeschränkt sein dürften.
Der neue Tatrichter wird entsprechende Feststellungen zu treffen und die Prüfung nach § 73c StGB nachzuholen haben. Er wird außerdem in den Urteilsgründen zum Umfang der gesamtschuldnerischen Haftung des Beschwerdeführers mit den auch unmittelbar an der Tatbeute beteiligten Mitangeklagten (UA S. 40 f.) Stellung zu nehmen haben (BGH, Beschluss vom 17. September 2013 – 5 StR 258/13 Rn. 8, NStZ 2014, 32 f.). Dass gegen die Mitangeklagten keine Anordnung nach § 111i StPO ergangen ist, steht dem nicht entgegen, weil in jedem Fall vermieden werden muss, dass durch den Auffangrechtserwerb des Staates unter Berücksichtigung der in Abzug zu bringenden Ersatzleistungen an Verletzte insgesamt mehr Vermögen abgeschöpft wird als durch die Taten erlangt wurde, und die Feststellung der gesamtschuldnerischen Haftung keine Vollstreckung gegen die Mitangeklagten ermöglicht.
Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht, da diese von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind.”
Rz. 3
Dem stimmt der Senat zu.
Unterschriften
Becker, Pfister, Schäfer, Gericke, Spaniol
Fundstellen
Haufe-Index 7735392 |
wistra 2015, 270 |