Verfahrensgang
LG Bad Kreuznach (Urteil vom 16.12.2014) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 16. Dezember 2014 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit es den Angeklagten betrifft.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zur Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat zum Strafausspruch Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
Die aufgrund der Sachrüge gebotene umfassende Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Hingegen kann der Strafausspruch nicht bestehen bleiben. Insoweit hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift ausgeführt:
„Indes kann der Strafausspruch keinen Bestand haben, weil das Landgericht – wie die Revision zu Recht rügt – eine mögliche Strafmilderung nach § 46b StGB nicht erwogen hat.
Nach den Urteilsfeststellungen litt der Angeklagte M. nach der Tat massiv unter seiner Schuld und vertraute sich schließlich über Facebook den Zeuginnen E. und L. an, woraufhin letztere den Angeklagten eindringlich aufforderte, sich der Polizei zu stellen. Als dieser sich, nachdem er die Zeugin gebeten hatte, ihn zur Polizei zu begleiten, nicht mehr bei ihr gemeldet hatte, verständigte die Zeugin selbst die Polizei, woraufhin die Festnahme des Angeklagten erfolgte. Der Angeklagte gab sowohl gegenüber der Polizei als auch gegenüber dem Haftrichter seine Tat vollumfänglich zu. Dabei machte er ‚auch’ Angaben zu den Tatbeiträgen der beiden Mitangeklagten die ‚daraufhin (Hervorhebung durch Unterzeichner) ebenfalls festgenommen werden konnten und nach anfänglichem Bestreiten gleichfalls weitest gehende Geständnisse ablegten’ (UA S. 21, erster Absatz).
Diese Ausführungen des Landgerichts legen nahe, dass hier die Voraussetzungen von § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 StGB, § 100a Abs. 2 Nr. 1h) StPO vorlagen.
Dass bereits die Zeuginnen E. oder L. bei der Polizei Angaben zu den beiden Mitangeklagten gemacht hatten, ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen (vgl. hierzu auch Verfahrensakten Bd. I Bl. 146 ff.). Nach dem Wortlaut der vorstehend zitierten Urteilspassage ist vielmehr davon auszugehen, dass die Taten der Mitangeklagten erst durch das Geständnis des Revisionsführers aufgedeckt wurden.
Damit kann der Strafausspruch keinen Bestand haben, weil das Landgericht eine mögliche Strafmilderung nach § 46b StGB bei Prüfung des minder schweren Falls nach § 224 Absatz 1 letzter Hs. StGB nicht erwogen hat, wobei die Aufklärungshilfe in die Gesamtabwägung, ob ein minder schwerer Fall bejaht werden kann, nicht nur als allgemeiner strafmildernder Gesichtspunkt, sondern als vertypter Milderungsgrund einzustellen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 23. November 2010 – 3 StR 403/10).
Zwar hat die Kammer bei Prüfung des minder schweren Falles berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer ‚als erster der drei Angeklagten voll geständig war’ (UA S. 47 letzter Absatz), doch lässt diese Erwägung nicht erkennen, dass die Kammer hierbei auch § 46b StGB ausreichend im Blick hatte. Ungeachtet dessen hätte die Kammer sodann eine (weitere) Strafrahmenverschiebung nach §§ 46b Abs. 1, 49 Abs. 1 prüfen müssen.
Nach dem Gesamtzusammenhang der Strafzumessungserwägungen kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass der Strafausspruch auf diesem Rechtsfehler beruht.”
Rz. 3
Dem schließt sich der Senat an.
Rz. 4
Ergänzend weist er darauf hin, dass der Umstand, dass der Angeklagte die – schon einige Zeit vorher verabredete – Tat knapp einen Monat nach Vollendung seines 21. Lebensjahres begangen hat, mit Blick auf die weiteren Feststellungen zu der Tat und seiner Person sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der konkreten Strafzumessung einen bestimmenden Strafzumessungsgrund im Sinne von § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO darstellen könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 1995 – 4 StR 233/95, StV 1995, 584).
Unterschriften
Becker, Hubert, Schäfer, Mayer, Spaniol
Fundstellen
Haufe-Index 8478803 |
NStZ-RR 2016, 39 |
StV 2016, 283 |