Verfahrensgang
LG Bremen (Urteil vom 05.03.2021; Aktenzeichen 42 KLs 993 Js 41118/16 (5/20)) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bremen vom 5. März 2021 aufgehoben im Ausspruch über die Einheitsjugendstrafe und soweit gegen den Angeklagten eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung – „unter Einbeziehung der durch das Urteil des Amtsgerichts Geestland vom 19. Dezember 2019 … verhängten Einzelstrafen” – zu einer (einheitlichen) „Jugendstrafe” von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt, von der es zwei Monate als vollstreckt erklärt hat. Die in dem vorbezeichneten amtsgerichtlichen Urteil angeordnete Maßregel nach § 69a Abs. 1 Satz 3 StGB hat es aufrechterhalten. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei wegen der Schwere der Schuld auf Jugendstrafe erkannt. Dennoch hat der Strafausspruch keinen Bestand.
Rz. 3
Abgesehen von der einbezogenen Verurteilung vom 19. Dezember 2019 wurde der Angeklagte am 19. März und 10. Dezember 2015, am 5. Juli 2016 sowie am 2. September 2020 rechtskräftig zu Geldstrafen verurteilt. Den Gründen des angefochtenen Urteils lässt sich entnehmen, dass die Geldstrafe aus dem Erkenntnis vom 5. Juli 2016 vollständig bezahlt ist; im Übrigen hat das Landgericht den Vollstreckungsstand nicht mitgeteilt. Insoweit leidet das angefochtene Urteil an einem Darstellungsmangel.
Rz. 4
Wären die Geldstrafen noch nicht vollstreckt, hätte das Landgericht gemäß § 105 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 JGG die Einbeziehung auch dieser Verurteilungen prüfen müssen. Denn § 105 Abs. 2 JGG ist auch dann anzuwenden, wenn – wie hier – der Angeklagte die zuvor mit Freiheits- oder Geldstrafen geahndeten Straftaten als Erwachsener begangen hat. Ein Absehen von der Einbeziehung, ohne dass sich die Urteilsgründe zu der gebotenen Prüfung verhalten, begründet einen Rechtsfehler (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juli 2018 – 3 StR 189/18, BGHR JGG § 31 Abs. 3 Nichteinbeziehung 4 mwN).
Rz. 5
2. Die Verhängung einer Sperrfrist hält revisionsrechtlicher Nachprüfung ebenfalls nicht stand.
Rz. 6
Das Landgericht hat die in dem einbezogenen Erkenntnis vom 19. Dezember 2019 angeordnete Sperrfrist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis von einem Jahr (§ 69a Abs. 1 Satz 3 StGB) aufrechterhalten; eigene Erwägungen zu den Voraussetzungen der Maßregel hat es nicht angestellt. Dieses Vorgehen war rechtsfehlerhaft.
Rz. 7
Wird ein früheres Urteil gemäß § 105 Abs. 1, § 31 Abs. 2 Satz 1 JGG in die nunmehrige Entscheidung einbezogen, so entfallen die in dem einbezogenen Urteil verhängten Rechtsfolgen, als wäre diese Entscheidung nicht ergangen. Somit sind auch in dem ersten Erkenntnis festgesetzte Maßregeln der Besserung und Sicherung nicht gemäß § 55 Abs. 2 StGB aufrechtzuerhalten. Vielmehr sind ihre Voraussetzungen erneut zu prüfen; sie ist gegebenenfalls neu anzuordnen (vgl. BGH, Beschluss vom 4. September 2018 – 3 StR 65/18, StV 2019, 469, 470 mwN). Dem wird das angefochtene Urteil nicht gerecht.
Rz. 8
3. Einer Aufhebung der Feststellungen bedarf es nicht (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie bisher getroffenen nicht widersprechen.
Unterschriften
Cirener, Berger, Mosbacher, Köhler, von Häfen
Fundstellen
Dokument-Index HI14767582 |