Verfahrensgang
LG Bochum (Urteil vom 05.03.2018) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten D. gegen das Urteil des Landgerichts Bochum vom 5. März 2018 wird
- das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. 9. Fall 9 der Urteilsgründe verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last;
das vorbezeichnete Urteil – auch soweit es die Angeklagte S. betrifft – in den Schuldsprüchen dahin abgeändert, dass
aa) der Angeklagte D. der banden- und gewerbsmäßigen Urkundenfälschung in 34 Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit banden- und gewerbsmäßigem Betrug, sowie der Urkundenfälschung in neun Fällen schuldig ist; die in den Fällen II. 4. Fälle 37 und 38, II. 13. Fall 20 sowie II. 29. Fälle 46 und 47 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen entfallen;
bb) die Angeklagte S. der banden- und gewerbsmäßigen Urkundenfälschung in 24 Fällen, „davon in zwei Fällen tateinheitlich mit gewerbsmäßigem Betrug, in zwei weiteren Fällen der gewerbsmäßigen Urkundenfälschung, davon in einem Fall in Tateinheit mit mittelbarer Falschbeurkundung sowie in einem weiteren Fall der mittelbaren Falschbeurkundung” schuldig ist; die in den Fällen II. 13. Fall 20 sowie II. 29. Fälle 46 und 47 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen entfallen.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
2. Die Revision des Angeklagten P. gegen das vorbezeichnete Urteil wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass er der banden- und gewerbsmäßigen Urkundenfälschung in 21 Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit banden- und gewerbsmäßigem Betrug, sowie des Diebstahls in zwei Fällen schuldig ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Tatbestand
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten D. wegen banden- und gewerbsmäßiger Urkundenfälschung in 38 Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit „gewerbsmäßigem” Betrug, sowie wegen „gewerbsmäßiger” Urkundenfälschung in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten verurteilt. Den Angeklagten P. hat es wegen banden- und gewerbsmäßiger Urkundenfälschung in 21 Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit „gewerbsmäßigem” Betrug, sowie „zwei Fällen des besonders schweren Falls des Diebstahls” zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die nicht revidierende Mitangeklagte S. hat es bei Freisprechung im Übrigen wegen banden- und gewerbsmäßiger Urkundenfälschung in 27 Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit „gewerbsmäßigem” Betrug, wegen „gewerbsmäßiger” Urkundenfälschung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit mittelbarer Falschbeurkundung, sowie wegen mittelbarer Falschbeurkundung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt.
Rz. 2
Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten D. hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel des Angeklagten sowie die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten P. unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
Rz. 3
Die Revision des Angeklagten D.:
Rz. 4
1. Auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers hat der Senat das Verfahren im Fall II. 9. Fall 9 der Urteilsgründe aus prozessökonomischen Gründen gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt. Die Feststellungen lassen – worauf der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend hingewiesen hat – die Möglichkeit offen, dass die Tat zeitlich vor der Bandenabrede begangen worden ist und es sich deshalb nicht um eine banden- und gewerbsmäßige Urkundenfälschung handelt.
Rz. 5
2. Die konkurrenzrechtliche Bewertung der Taten II. 4. Fälle 36 bis 38, II. 13. Fälle 19 und 20 sowie II. 29. Fälle 45 bis 47 der Urteilsgründe hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Rz. 6
a) Nach den Feststellungen stellte der Angeklagte D. zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im Jahr 2015 für den gesondert Verfolgten A. gegen Entgelt drei auf verschiedene Namen lautende und jeweils mit einem Lichtbild des A. versehene niederländische Ausweise her, die – wie er wusste – im Rechtsverkehr verwendet werden sollten (Taten II. 4. Fälle 36 bis 38 der Urteilsgründe).
Rz. 7
Darüber hinaus fälschte er zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt auf Bitte des Angeklagten P. einen auf den Namen … F. lautenden und mit einem Lichtbild der gesondert Verfolgten … K. versehenen italienischen Personalausweis sowie zwei Meldebescheinigungen. Dabei wusste er, dass der Angeklagte P. die gefälschten Dokumente zum betrügerischen Abschluss von Mobilfunkverträgen verwenden wollte (Taten II. 13. Fälle 19 und 20 der Urteilsgründe).
Rz. 8
Ferner fälschte der Angeklagte D. zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen Anfang 2015 und dem 8. Oktober 2015 einen auf den Namen einer nicht existierenden Person lautenden und mit dem Lichtbild des Angeklagten P. versehenen griechischen Ausweis (Tat II. 29. Fall 45 der Urteilsgründe). Darüber hinaus fälschte der Angeklagte D. vier verschiedene Meldebescheinigungen, die in der Folgezeit von der Mitangeklagten S. „verwaltet” wurden (Taten II. 29. Fälle 46 und 47 der Urteilsgründe).
Rz. 9
b) Das Landgericht hat seine Annahme, dass die Taten in den Fällen II. 4. Fälle 36 bis 38, II. 13. Fälle 19 und 20 sowie II. 29. Fälle 45 bis 47 im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander stehen, nicht tragfähig belegt. Feststellungen zu den Zeitpunkten und den näheren Umständen der Herstellung der gefälschten Urkunden sind den Urteilsgründen auch in ihrem Gesamtzusammenhang nicht zu entnehmen. Sie lassen damit die Möglichkeit offen, dass der Angeklagte die Urkunden in einem einzigen Akt herstellte und es sich um jeweils eine Tat im Rechtssinne handelt.
Rz. 10
c) Der Senat sieht von einer Aufhebung der Schuldsprüche und einer Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung ab und fasst die Handlungen zur Vermeidung jeglicher Beschwer des Angeklagten und unter Verzicht auf die Kennzeichnung gleichartiger Tateinheit zu jeweils einer Tat zusammen. § 265 Abs. 1 StPO steht dieser Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil der geständige Angeklagte sich nicht anders als geschehen hätte verteidigen können. Die Änderung der Konkurrenzverhältnisse zieht den Wegfall der gegen den Angeklagten D. in den Fällen II. 4. Fall 37, II. 4. Fall 38, II. 13. Fall 20, sowie II. 29. Fall 46 und 47 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen nach sich.
Rz. 11
d) Darüber hinaus hat der Senat – der Anregung des Generalbundesanwalts folgend – den Schuldspruch korrigiert. Bei Anwendung des § 267 Abs. 3 StGB ist die Einordnung der Tat als besonders schwerer Fall im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Alt. 1 StGB („gewerbsmäßig”) nicht in die Entscheidungsformel aufzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1970 – 1 StR 45/70, BGHSt 23, 254, 256; und Beschluss vom 12. Oktober 1977 – 2 StR 410/77, BGHSt 27, 287, 289; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 260 Rn. 25 mwN). In den Fällen II. 12. Fall 18 und II. 28. Fall 44 der Urteilsgründe war demgegenüber die vom Angeklagten verwirklichte Qualifikation des § 263 Abs. 5 StGB in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. April 2007 – 1 StR 181/07 Rn. 8, NStZ-RR 2007, 269; Fischer, StGB, 66. Aufl., § 263 Rn. 229).
Rz. 12
e) Die Schuldspruchänderung lässt den Gesamtstrafenausspruch unberührt. Angesichts der Vielzahl der Einzelstrafen schließt der Senat aus, dass das Landgericht auf eine mildere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte, zumal die abweichende konkurrenzrechtliche Bewertung den Schuldumfang unberührt lässt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Juli 2018 – 3 StR 82/18 Rn. 10; und vom 27. Juni 2018 – 4 StR 116/18, juris Rn. 4 mwN).
Rz. 13
3. Die Korrektur der Konkurrenzverhältnisse war in den Fällen II. 13. Fall 19 und 20 und II. 29. Fälle 45 bis 47 der Urteilsgründe auf die nicht revidierende Mitangeklagte S. zu erstrecken (§ 357 Satz 1 StPO). Dies zieht die Änderung des Schuldspruchs sowie den Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen II. 13. Fall 20, II. 29. Fälle 46 und 47 der Urteilsgründe nach sich. Auch insoweit schließt der Senat aus, dass das Landgericht bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung dieser Taten auf eine mildere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 14
Die Revision des Angeklagten P.:
Rz. 15
Die auf die Revision des Angeklagten P. veranlasste Nachprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch sowie zur Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Rz. 16
Der Senat hat den Schuldspruch dahin korrigiert, dass sich der Angeklagte im Fall II. 28. Fall 44 der Urteilsgründe wegen banden- und gewerbsmäßiger Urkundenfälschung in Tateinheit mit banden- und gewerbsmäßigem Betrug schuldig gemacht hat; § 260 Abs. 4 StPO fordert die Kennzeichnung der Qualifikation des § 263 Abs. 5 StGB in der Urteilsformel. Darüber hinaus hat der Senat die Urteilsformel in den Fällen II. 27. Fall 42 und II. 27. Fall 43 der Urteilsgründe dahin gefasst, dass der Angeklagte jeweils des Diebstahls schuldig ist. In den Urteilsgründen hat das Landgericht die Annahme eines besonders schweren Falles des Diebstahls verneint und die hiervon abweichende Kennzeichnung der Tat im Urteilstenor als „Versehen” bezeichnet. Dabei hat es nicht bedacht, dass die Kennzeichnung der Tat als besonders schwerer Fall im Sinne des § 243 Abs. 1 StGB nicht in die Urteilformel aufzunehmen ist (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1970 – 1 StR 45/70, BGHSt 23, 254, 256; und Beschluss vom 12. Oktober 1977 – 2 StR 410/77, BGHSt 27, 287, 289; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 260 Rn. 25 mwN).
Unterschriften
Sost-Scheible, Roggenbuck, Bender, Feilcke, Bartel
Fundstellen
Dokument-Index HI13002689 |