Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 11.11.2003) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 11. November 2003, soweit hinsichtlich dieses Angeklagten eine Entscheidung zur Frage der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe unterblieben ist, mit der Maßgabe aufgehoben, daß insoweit die gerichtliche Entscheidung nach §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit versuchtem schweren Raub und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung des sachlichen Rechts rügt, ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit er sich gegen die Verurteilung wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit versuchtem schweren Raub und mit gefährlicher Körperverletzung wendet.
Dagegen kann das Urteil keinen Bestand haben, soweit eine Entscheidung darüber unterblieben ist, ob gemäß § 55 StGB mit der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Bad Oeynhausen vom 24. Juni 2003 eine Gesamtstrafe zu bilden ist.
Der Generalbundesanwalt hat hierzu in seiner Antragsschrift vom 29. Juni 2004 ausgeführt:
„Nach den Feststellungen des Urteils wurde der Angeklagte am 24. Juni 2003 durch Strafbefehl des Amtsgerichts Bad Oeynhausen (Az.: 5 Gs 13 Js 88/03-121/03) wegen Betrugs unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl desselben Gerichts vom 19. November 2002 (Az.: 4 Ds 13 Js 1342/02-722/02) zu einer Geldstrafe verurteilt (UA S. 9). Zur Rechtskraft des Strafbefehls, dem Stand der Vollstreckung oder dem Erlass der Strafe teilt das Urteil nichts mit. Die vorliegend abgeurteilte Tat wurde am 18. März 2003 begangen und damit vor einer früheren Verurteilung nach § 55 Abs. 1 Satz 2 StGB. Unter der „früheren Verurteilung” sind auch Strafen aus Strafbefehlen zu verstehen und einzubeziehen. Als Zeitpunkt der früheren Verurteilung gilt dabei der Erlass des Strafbefehls (BGHSt 33, 230). Damit hätte das Landgericht mit der Strafe aus dem vorliegenden Strafverfahren und dem Strafbefehl des Amtsgerichts Bad Oeynhausen vom 24. Juni 2003 unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe gegebenenfalls eine neue Gesamtstrafe nach § 55 StGB bilden müssen.”
Dies trifft allerdings nur dann zu, wenn die nachträgliche Bildung einer Gesamtstrafe durch den Strafbefehl vom 24. Juli 2003 rechtsfehlerhaft wäre, weil andernfalls dem Strafbefehl des Amtsgerichts Bad Oeynhausen vom 19. November 2002 eine Zäsurwirkung zukäme, die einer Auflösung der Gesamtgeldstrafe aus dem Strafbefehl vom 24. Juni 2003 und der Bildung einer Gesamtstrafe mit der in dieser Sache verhängten Freiheitsstrafe entgegenstünde (vgl. BGH, Beschluß vom 14. November 2003 – 2 StR 394/03; Beschluß vom 24. Oktober 2002 – 4 StR 332/02; Tröndle/Fischer StGB 52. Aufl. § 55 Rdn. 12). Ob dem Strafbefehl vom 19. November 2002, was nahe liegt, eine solche Zäsurwirkung zukommt, kann der Senat jedoch nicht prüfen, weil das Urteil nicht mitteilt, wann die durch den Strafbefehl vom 24. Juni 2003 abgeurteilte Tat begangen wurde.
Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, nach § 354 Abs. 1 b StPO zu entscheiden, der bei Rechtsfehlern, die ausschließlich die Bildung einer Gesamtstrafe betreffen, die Möglichkeit eröffnet, den neuen Tatrichter auf eine Entscheidung im Beschlußwege gemäß §§ 460, 462 StPO zu verweisen. § 354 Abs. 1 b StPO ist auch in Fällen wie dem vorliegenden anwendbar, denn der Angeklagte wird nach dieser Vorschrift im Grundsatz so gestellt, als sei die Bildung einer Gesamtstrafe außer Betracht geblieben (vgl. BT-Drucks. 15/3482 S. 21 f.). Die Prüfung, ob eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung aus der nunmehr rechtskräftigen Strafe in dieser Sache und der Einzelstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Bad Oeynhausen vom 24. Juni 2003 unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtstrafe zu bilden ist, obliegt dem nach § 462 a Abs. 3 StPO zuständigen Gericht (vgl. BGH, Beschluß vom 28. Oktober 2004 – 5 StR 430/04).
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Die Kostenentscheidung ist im vorliegenden Fall nicht dem Nachverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO vorzubehalten (vgl. dazu BGH, Beschluß vom 9. November
2004 – 4 StR 426/04), weil sicher abzusehen ist, daß das Rechtsmittel des Angeklagten, der seine Verurteilung insgesamt angegriffen hat, nur einen geringfügigen Teilerfolg haben kann, so daß der Senat die Kostenentscheidung gemäß § 473 Abs. 1 und 4 StPO selbst treffen kann (vgl. BGH, Beschluß vom 28. Oktober 2004 – 5 StR 530/04; Senatsbeschluß aaO).
Unterschriften
Tepperwien, Maatz, Athing, Ernemann, Sost-Scheible
Fundstellen