Entscheidungsstichwort (Thema)
Mord
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 27. Oktober 1999 wird der Schuldspruch dahin abgeändert, daß der Angeklagte wegen Mordes in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung und mit erpresserischem Menschenraub verurteilt wird. Die Einzelstrafe wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub und wegen Mordes unter Einbeziehung einer Freiheitsstrafe von acht Jahren aus dem Urteil des Landgerichts Hannover vom 2. März 1998 zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt und festgestellt, daß die Schuld des Angeklagten besonders schwer wiegt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision.
Die Annahme von zwei selbständigen Taten hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts fuhr der Angeklagte am 27. Mai 1997 nach An., um eine Filiale der Stadtsparkasse zu überfallen. Er betrat mit einer scharf geladenen Pistole die Sparkasse, richtete abwechselnd seine Waffe auf die Kassiererin und eine Kundin und verlangte mehrfach große Geldscheine. Angesichts der gegen sie und die Kundin gerichteten Drohung kam die Kassiererin der Aufforderung des Angeklagten nach und packte 13.440 DM in eine Plastiktüte, die sie dem Angeklagten übergab.
Beim Verlassen der Sparkasse begegnete der Angeklagte im Bereich der Tür dem 78-jährigen Rentner A.. Dieser erkannte, daß der Angeklagte einen Raubüberfall begangen hatte, versperrte ihm den Weg und schlug mit seiner Gehhilfe nach ihm. Nachdem er A. mehrmals ohne Erfolg zur Freigabe des Weges aufgefordert hatte, gab der Angeklagte zwei Warnschüsse ab, von denen sich A. nicht beeindrucken ließ. Um nicht als Täter des Überfalls ermittelt zu werden und unerkannt entkommen zu können, schoß der Angeklagte daraufhin in Tötungsabsicht zweimal aus kurzer Entfernung auf den Bauch- und Brustbereich des A., der tödlich getroffen wurde.
2. Diese Feststellungen hat die Strafkammer fehlerfrei getroffen. Dies gilt insbesondere auch für den direkten Tötungsvorsatz. Sie hat das Handeln des Angeklagten in der Sparkasse rechtlich zutreffend als schwere räuberische Erpressung in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub und die Tötung des Rentners als Mord gewertet. Da der Angeklagte den Rentner A. erschießen wollte, um dadurch seine Flucht zu ermöglichen und nicht wegen des Überfalls bestraft zu werden, hat er zur Verdeckung einer Straftat getötet. Zwischen der schweren räuberischen Erpressung in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub einerseits und dem Mord andererseits hat das Landgericht Tatmehrheit angenommen und hierfür eine Freiheitsstrafe von zehn Jahren und eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt.
Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Entgegen der Meinung des Landgerichts stehen die schwere räuberische Erpressung und der erpresserische Menschenraub mit dem Mord in Tateinheit. Für Tateinheit ausreichend ist die teilweise Identität der objektiven Ausführungshandlungen (BGHSt 22, 206, 208; Stree in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 52 Rdn. 10), selbst wenn die Überschneidung der Handlungen nur in der Beendigungsphase stattfindet (BGH NStZ 1995, 588; Rissing-van Saan in LK 11. Aufl. § 52 Rdn. 20). Somit kann auch im Zeitraum zwischen Vollendung und Beendigung der Tat noch Tateinheit begründet werden. Da die Schüsse des Angeklagten auf den ihm den Weg versperrenden Rentner A. der Beendigung des Überfalls auf die Sparkasse dienten, ist Tateinheit zwischen dem Mord und den in der Sparkasse begangenen Straftaten anzunehmen, selbst wenn eine Absicht der Beutesicherung nicht ausdrücklich festgestellt wurde (BGH NJW 1992, 2103, 2104; Rissing-van Saan in LK 11. Aufl. § 52 Rdn. 20).
Die Sachrüge des Angeklagten führt zu einer entsprechenden Änderung des Schuldspruchs und zum Wegfall der wegen der begangenen räuberischen Erpressung in Tateinheit mit erpresserischem Menschenraub verhängten Freiheitsstrafe von zehn Jahren. Wegen der Straftat vom 27. Mai 1997 ist der Angeklagte somit zu einer sich aus § 211 StGB ergebenden lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Der Änderung des Schuldspruchs steht § 265 StPO nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht anders hätte verteidigen können als geschehen.
3. Die Einbeziehung der Freiheitsstrafe von acht Jahren aus dem Urteil des Landgerichts Hannover vom 2. März 1998 in die lebenslange Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe gemäß § 55 StGB ist rechtsfehlerhaft. Zwar wurde die gegenständliche Straftat vor dieser Verurteilung begangen. Die Strafkammer hat jedoch nicht bedacht, daß die gegenständliche Straftat auch vor der Verurteilung des Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tatmehrheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen durch das Amtsgericht Hannover am 11. Juli 1997 begangen wurde, diese Geldstrafe nach den Feststellungen noch nicht bezahlt oder sonst erledigt ist und deshalb durch diese Verurteilung eine Zäsur eingetreten ist, die der erfolgten Gesamtstrafenbildung entgegensteht (vgl. BGHSt 33, 367, 368; BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 4; Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 55 Rdn. 5). Die Möglichkeit, gemäß § 55 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB auf Geldstrafe gesondert zu erkennen, ist kein Grund, die Zäsurwirkung einer auf Geldstrafe lautenden Vorverurteilung zu verneinen (BGHSt 32, 190, 194; BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 9). Der Vorteil aus der fehlerhaften Einbeziehung der Freiheitsstrafe von acht Jahren in die lebenslange Gesamtfreiheitsstrafe kann dem Angeklagten nicht genommen werden (§ 358 Abs. 2 StPO, vgl. BGHSt 8, 203 ff.; Rissing-van Saan, aaO § 55 Rdn. 45).
Durch den aufgezeigten Rechtsfehler wird auch nicht der Ausspruch über die besondere Schwere der Schuld in Frage gestellt. Die Strafkammer hat ausdrücklich darauf hingewiesen, daß auch ohne Berücksichtigung der der Verurteilung vom 2. März 1998 zugrundeliegenden Tat die Schuld des Angeklagten besonders schwer wiegt.
Unterschriften
Kutzer, Rissing-van Saan, Winkler, Pfister, von Lienen
Fundstellen