Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 24.04.2015) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 24. April 2015 dahin ergänzt, dass
- der Angeklagte im Übrigen freigesprochen wird; insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die ausscheidbaren notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last,
- die in den Niederlanden erlittene Auslieferungshaft im Verhältnis 1:1 auf die erkannte Gesamtfreiheitsstrafe angerechnet wird.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die weiteren Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die dagegen gerichtete, auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zu den aus der Beschlussformel ersichtlichen Urteilsergänzungen; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Das Landgericht hat rechtsfehlerhaft von einem Teilfreispruch abgesehen, soweit es sich in fünf der dem Angeklagten zur Last gelegten Fälle des Bandenhandels mit Betäubungsmitteln (Fälle 184, 299, 311, 389 und 399 der Anklageschrift) nicht von dessen Täterschaft zu überzeugen vermocht hat (UA S. 34). Dem Angeklagten waren mit der Anklage 685 tatmehrheitlich begangene Fälle des Bandenhandels mit Betäubungsmitteln vorgeworfen worden. Dem ist die Strafkammer im Eröffnungsbeschluss gefolgt. Insoweit ist dem Angeklagten unter den Ziffern 184, 299, 311, 389 und 399 zur Last gelegt worden, am 19. September 2013 sowie am 11., 12., 20. und 21. Oktober 2013 im Zusammenwirken mit den drei Mitangeklagten jeweils 1, 2 bzw. 3 Gramm der unter den Bezeichnungen „Göttin Astarte” und „CM 21” vertriebenen Substanzen, die den in der Anlage II zu § 1 Abs. 1 BtMG genannten Wirkstoff AKB-48F enthielten, an verschiedene Abnehmer veräußert zu haben. Diese Vorwürfe hat das Landgericht nach der Beweisaufnahme als nicht erwiesen angesehen. Es hätte den Angeklagten deshalb, um den Eröffnungsbeschluss zu erschöpfen, ohne Rücksicht auf die dem Urteil unter dem Gesichtspunkt der Bewertungseinheit zugrunde gelegte konkurrenzrechtliche Beurteilung der Verkaufsfälle als Bandenhandel mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen teilweise freisprechen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 – 3 StR 321/11, NStZ 2012, 337, 338 mwN; Beschluss vom 15. Oktober 2014 – 3 StR 321/14, juris Rn. 2).
Rz. 3
2. Die Strafkammer hat außerdem entgegen der Vorschrift des § 51 Abs. 4 Satz 2 StGB keine Bestimmung über den Maßstab getroffen, nach dem die von dem Angeklagten in den Niederlanden erlittene Freiheitsentziehung auf die gegen ihn erkannte Gesamtfreiheitsstrafe anzurechnen ist. Diese Entscheidung muss in der Urteilsformel zum Ausdruck kommen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juli 2003 – 5 StR 162/03, NStZ-RR 2003, 364). Da nach der Sachlage nur eine Anrechnung im Maßstab 1:1 in Betracht kommt, hat der Senat den grundsätzlich dem Tatrichter obliegenden Ausspruch über die Festsetzung des Anrechnungsmaßstabs nachgeholt und die Urteilsformel entsprechend § 354 Abs. 1 StPO ergänzt (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 22. Juli 2003 – 5 StR 162/03, NStZ-RR 2003, 364; vom 13. August 2009 – 3 StR 255/09, NStZ-RR 2009, 370).
Rz. 4
3. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Ergänzend zu der Stellungnahme des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
Rz. 5
Der Einwand des Beschwerdeführers, dass die – sachverständig beratene – Strafkammer sich bei der Feststellung der Wirkstoffkonzentration der von dem Angeklagten vertriebenen Betäubungsmittel in Widerspruch zu dem von ihr als erwiesen angesehenen Erfahrungssatz gesetzt habe, wonach eine valide Hochrechnung aus einer Teilmenge eines Betäubungsmittels auf die Zusammensetzung und den Wirkstoffgehalt der Gesamtmenge nur vorgenommen werden könne, wenn mindestens 10 bis 30% der gesamten Menge untersucht worden seien, geht fehl. Den Urteilsgründen lässt sich entnehmen, dass dieser Erfahrungssatz dem Gutachten des Sachverständigen zufolge der von der Strafkammer vorgenommenen Hochrechnung nicht entgegen stand, weil der Angeklagte und seine Mittäter die von ihnen bezogenen Substanzen zunächst vermischt und aus der auf diese Weise gewonnenen Gesamtmenge die von ihnen vertriebenen 1- bis 3-Gramm-Päckchen befüllt hatten (UA S. 52).
Rz. 6
4. Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels gebietet es nicht, den Angeklagten aus Billigkeitsgründen auch nur teilweise von der Belastung mit weiteren Kosten und notwendigen Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Unterschriften
Becker, Schäfer, Gericke, Spaniol, Tiemann
Fundstellen
Haufe-Index 9454471 |
NStZ-RR 2018, 193 |