Leitsatz (amtlich)

Zur Befugnis des Vollstreckungsgerichts, im Verfahren nach § 889 ZPO eine den Umständen entsprechende Änderung der vom Prozessgericht angeordneten eidesstattlichen Versicherung zu beschließen.

 

Normenkette

ZPO § 889; BGB § 259 Abs. 2, § 260 Abs. 2, § 261 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Hanau (Beschluss vom 09.05.2003; Aktenzeichen 8 T 63/03, AG Hanau)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des LG Hanau v. 9.5.2003 wird auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen.

Beschwerdewert: bis 5.000 EUR.

 

Gründe

I.

Der Gläubiger führt eine Steuerberatungspraxis. Im Rahmen eines Schiedsverfahrens verfolgt er Ansprüche gegen einen ehemaligen Mitarbeiter wegen Verstoßes gegen eine Wettbewerbsklausel und betreibt das Verfahren zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach § 889 ZPO.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht am 20.12.1999 gab der Vertreter des Schuldners in dessen Vollmacht zu Protokoll, dieser werde den von ihm nach der Kündigung des Mitarbeiterverhältnisses erzielten Umsatz mit drei namentlich benannten Mandanten des Gläubigers beziffern und eidesstattlich versichern. Er werde auch eine eidesstattliche Versicherung abgeben, dass er außer den genannten Personen keine weiteren Mandanten des Gläubigers betreut habe. Das Schiedsgericht erließ folgenden Teilschiedsspruch:

"Der Beklagte hat den nach seiner Kündigung durch den Kläger von ihm mit den 3 ehemaligen Kunden des Klägers

- S.,

- W. A.,

- M.

erzielten Umsatz zu beziffern und die Richtigkeit und Vollständigkeit der in seinem Namen in dem Schiedsgerichtstermin v. 20.12.1999 abgegebenen Erklärung und der vorgenannten Bezifferung eidesstattlich zu versichern."

Das OLG Frankfurt erklärte den Teilschiedsspruch mit der Maßgabe für vorläufig vollstreckbar, dass der Schuldner die Auskunft für den Zeitraum v. 7.10.1996 bis 6.10.1998 zu erteilen hat.

Der Verfahrensbevollmächtigte des Schuldners reichte mit Schriftsatz v. 6.2.2002 die Ablichtung einer eidesstattlichen Versicherung des Schuldners v. 23.3.2001 ein, in der es heißt:

"Ich bin nach meiner Kündigung durch den Kläger in dem Zeitraum v. 7.10.1996 bis zum 6.10.1998 für die drei ehemaligen Kunden des Klägers, Eheleute G. S., Eheleute W. A. und Eheleute M. M., steuerberatend tätig geworden. Dies geschah im Rahmen meiner Tätigkeit für ein anderes Büro eines Steuerberaters. Welchen Umsatz dieses Steuerbüro mit den vorgenannten Kunden erzielt hat, entzieht sich meiner Kenntnis.

Darüber hinaus bin ich in dem Zeitraum v. 7.10.1996 bis zum 8.10.1998 für wenige weitere Personen (Jahressteuererklärungen) wie oben erläutert, tätig geworden, welche vor dem 7.10.1996 im Mandatsverhältnis mit dem Kläger standen."

Im Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung am 21.2.2002 versicherte der Schuldner, er könne keine weiteren Angaben zu den Einnahmen der drei namentlich benannten Mandanten machen. Zu der Erklärung über weitere von ihm betreute Kunden des Gläubigers versicherte er an Eides statt:

"Die Richtigkeit des vorgenannten Wortlauts kann nicht erklärt werden, da ich mich sonst einer falschen eidesstattlichen Versicherung schuldig machen würde. Deshalb wurde bereits die Eidesstattliche Versicherung v. 23.3.2001 (letzter Absatz dieser Erklärung "Darüber hinaus bin ich" ... bis "mit dem Kläger standen") abgegeben, die wie heute vor dem Gericht nochmals gem. § 889 ZPO wiederholt wurde."

Der Gläubiger beantragte daraufhin die Anberaumung eines weiteren Termins zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung.

Diesen Antrag hat das AG mit der Begründung zurückgewiesen, der Schuldner habe diese bereits abgegeben, wenn auch nicht mit dem gewünschten Erfolg. Die 8. Zivilkammer des LG Hanau hat durch die Einzelrichterin den Beschluss des AG teilweise abgeändert, die weiter gehende sofortige Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Diese Entscheidung hat der BGH wegen fehlerhafter Besetzung des Beschwerdegerichts aufgehoben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Die Einzelrichterin hat das Verfahren der Kammer übertragen. Das LG hat durch Beschluß v. 9.5.2003 den Beschluss des AG unter Zurückweisung der weiter gehenden sofortigen Beschwerde abermals teilweise abgeändert und den Entscheidungssatz wie folgt gefasst:

"Es ist Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über die Richtigkeit der Erklärung des Schuldners im Protokoll v. 20.12.1999 - außer den Kunden S., M. und A. seien keine weiteren Mandanten des Gläubigers betreut worden - zu bestimmen. Der Schuldner genügt seiner Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, wenn er die anderen Kunden benennt, die ursprünglich Kunden des Klägers waren, bezogen auf den Zeitraum v. 7.10.1996 bis 6.10.1998 und er die Richtigkeit dieser Angaben eidesstattlich versichert."

Dagegen wendet sich der Schuldner mit der erneut zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

Das gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 S. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Beschwerdegericht ist der Ansicht, der Schuldner habe den Anspruch des Gläubigers, die Richtigkeit der Angabe, außer den genannten Personen keine Mandanten des Klägers betreut zu haben, an Eides statt zu versichern, nicht dadurch erfüllt, dass er angegeben habe, die Erklärung sei falsch. Zwar könne niemand zur Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung gezwungen werden. Es lebe dann aber entweder der ursprüngliche Anspruch auf Abgabe der Erklärung wieder auf oder der Schuldner komme seiner Verpflichtung zur eidesstattlichen Versicherung dadurch nach, dass er die richtigen Auskünfte erteile und diese eidesstattlich versichere. Der letztgenannte Weg sei aus prozessökonomischen Gründen zu bevorzugen. Bei der Rechnungslegungspflicht und der Verpflichtung, deren Richtigkeit zu bestätigen, sehe § 261 Abs. 2 BGB ausdrücklich vor, dass das Gericht eine den Umständen entsprechende Änderung der eidesstattlichen Versicherung beschließen könne. Entsprechend sei dies auch bei Versicherung der Richtigkeit von Auskünften zu handhaben. Stelle sich im Vollstreckungsverfahren heraus, dass eine Angabe im Erkenntnisverfahren unrichtig gewesen sei, genüge der Schuldner seiner Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung dadurch, dass er richtige und vollständige Angaben mache und deren Richtigkeit versichere. Er werde also nur gezwungen, das Richtige an Eides statt zu versichern.

2. Der Schuldner ist der Ansicht, das Vollstreckungsgericht könne die Erklärung, die er nunmehr eidesstattlich versichern solle, nicht abweichend vom Teilschiedsspruch verlangen. § 261 Abs. 2 BGB sehe nur vor, dass das Gericht eine den Umständen entsprechende Änderung der eidesstattlichen Versicherung beschließen könne. Diese Bestimmung beziehe sich jedoch nur darauf, dass die Formulierung angepasst bzw. die eidesstattliche Versicherung zur Verdeutlichung geändert werde. Hier werde nicht die Formulierung angepasst oder zur Verdeutlichung des Anspruchs geändert, sondern dem Beschwerdegegner werde aufgegeben, eine eidesstattliche Versicherung völlig anderen Inhalts abzugeben.

Der Gläubiger erwidert, das LG sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Verurteilung, die Richtigkeit einer abgegebenen Erklärung an Eides statt zu versichern, auch die Verurteilung einschließe, unrichtige Erklärungen zu berichtigen. Der Schuldner habe im Termin v. 20.12.1999 eine unrichtige Erklärung abgegeben. Wenn ihm gestattet würde, die Früchte dieses Verhaltens zu genießen, indem er den Prozessgegner und die mit der Sache befassten Gerichte zu einer Fortsetzung des Erkenntnisverfahrens und zu einem weiteren Exequaturverfahren zwinge, sei dies reiner Formalismus. In Missbrauchsfällen wie diesem müsse der Tenor der zu vollstreckenden Entscheidung entsprechend §§ 133, 157 BGB dahin ausgelegt werden, dass die Verurteilung sich auch auf eine notwendige Berichtigung der Auskunft beziehe.

3. Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass der Schuldner im Verfahren nach § 889 ZPO seine bisher erteilte Auskunft und Rechnungslegung gem. § 259 Abs. 2, § 260 Abs. 2 BGB im Umfang des Entscheidungssatzes nachbessern und an Eides statt versichern muss, weil Grund für die Annahme besteht, dass er die von ihm zugesagte und bisher erteilte Auskunft nicht mit der gebotenen Sorgfalt vollständig und richtig erteilt hat (vgl. OLG Köln v. 24.1.1997 - 6 U 91/96, NJW-RR 1998, 126 [127]).

Grund für diese Annahme besteht deshalb, weil der Schuldner entgegen der von seinem Prozessbevollmächtigten im Schiedsverfahren angekündigten eidesstattlichen Versicherung, die Grundlage für den Teilschiedsspruch des Schiedsgerichts Hanau v. 24.7.2000 war, selbst seine Auskunft berichtigt und dabei wiederum nur eine unvollständige Auskunft erteilt hat. Er hat im Schiedsgerichtsverfahren, in dem es erkennbar darum ging, aufzuklären, ob und in welchem Umfang der Schuldner nach seinem Ausscheiden aus der Steuerberatungspraxis zum 31.12.1990 - über die drei von ihm bereits benannten Mandanten des Gläubigers hinaus - weitere Mandanten betreut hatte oder nicht, erklärt, er werde die Umsätze mit den ehemaligen Kunden des Gläubigers S., M. und A. angeben und eidesstattlich versichern, dass er außer den vorgenannten Personen keine weiteren Mandanten des Gläubigers betreut habe. Später hat der Schuldner erklärt, er könne die Richtigkeit der angekündigten Erklärung so nicht eidesstattlich versichern. Er sei doch für weitere Mandanten des Gläubigers tätig geworden und würde sich der falschen eidesstattlichen Versicherung schuldig machen, wenn er die angekündigte Auskunft an Eides statt versicherte. Eine vollständige und richtige Erklärung hat er gleichwohl nicht abgegeben. Die von ihm dazu abgegebene Erklärung, er sei über die drei genannten Mandanten hinaus "in dem Zeitraum v. 7.10.1996 bis zum 8.10.1998 für wenige weitere Personen (Jahressteuererklärungen) ... tätig geworden," ist unter den gegebenen Umständen wiederum unvollständig, denn damit weiß der Gläubiger nicht, ob und für welche seiner Mandanten der Schuldner tatsächlich tätig geworden ist und welche Ersatzansprüche er unter Umständen geltend machen kann. Das Verhalten des Schuldners hat deshalb beim LG zu Recht den Eindruck erweckt, der Schuldner sei in Wahrheit gar nicht gewillt, die ihm mögliche, bereits im Jahr 1999 zugesagte vollständige und richtige Erklärung abzugeben und eidesstattlich zu versichern.

Bei einer solchen Sachlage kann das Vollstreckungsgericht im Verfahren nach § 889 ZPO gem. § 261 Abs. 2 BGB eine den Umständen entsprechende Änderung der eidesstattlichen Versicherung beschließen und anordnen, dass der Schuldner seine bisher unvollständige Auskunft nachbessert und die vollständige Auskunft an Eides statt versichert (vgl. LG Berlin Rpfleger 1971, 18). Von dieser Befugnis hat das Beschwerdegericht im Streitfall zutreffenden Gebrauch gemacht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1207602

BGHR 2004, 1459

NJW-RR 2005, 221

WM 2004, 1742

InVo 2004, 509

MDR 2004, 1444

ProzRB 2005, 11

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