Entscheidungsstichwort (Thema)
Betrug
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 15. März 2001 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
- in den Fällen II. 8 und 9 der Urteilsgründe,
- im Straufausspruch in den Fällen II. 1, 2, 3 und 5 der Urteilsgründe,
- im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs in zehn Fällen unter Einbeziehung von fünf Einzelstrafen aus einer Vorverurteilung zu einer Gesamtstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf Verfahrensbeanstandungen und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. In zwei Fällen belegen die Feststellungen einen vollendeten Betrug nicht.
a) Im Fall II. 8 der Urteilsgründe hat der Angeklagte einem Handwerker den Auftrag zur Notreparatur eines Ofens in einer nicht von ihm bewohnten Wohnung eines Mehrparteienhauses erteilt und dabei über seine Eigentümerstellung sowie seine Zahlungsbereitschaft und Zahlungsfähigkeit getäuscht. Das Landgericht sieht den vom Angeklagten erstrebten rechtswidrigen Vermögensvorteil darin, sich u.a. durch die Beauftragung eines Handwerkers gegenüber den Mietern des Wohnhauses als Eigentümer ausgeben zu können und somit an die Mieteinnahmen zu gelangen. Dann fehlt es aber an der erforderlichen Stoffgleichheit zwischen dem Schaden des Handwerkers und dem vom Angeklagten erstrebten Vermögensvorteil. Durch den Schaden des Handwerkers, der in der Erbringung einer Handwerkerleistung ohne Aussicht auf Bezahlung liegt, wäre der Angeklagte nur unmittelbar bereichert, wenn ihm die Handwerkerleistung als Eigentümer des Hauses oder sonst zum Unterhalt des Hauses Verpflichtetem zugute gekommen wäre. Daß dies der Fall ist, ergibt sich aus den Urteilsgründen nicht.
b) Im Fall II. 9 der Urteilsgründe hat der Angeklagte ein Darlehen in Höhe von 18.500 DM erlangt, indem er über den Verwendungszweck des Darlehens täuschte. Zur Sicherheit übereignete der Angeklagte dem Darlehensgeber zwei Kraftfahrzeuge (einen Opel Astra Caravan und einen Ford Probe) und händigte ihm die Kfz-Briefe aus. Hier ist nicht festgestellt, welchen Wert die Fahrzeuge hatten, so daß nicht ausgeschlossen werden kann, daß dem Getäuschten durch die Hingabe von ausreichenden Sicherheiten ein Schaden durch den Abschluß des Darlehensvertrags nicht entstanden ist. Zwar stellt das Landgericht fest, der Angeklagte habe den Darlehensgeber „abgewimmelt”, als dieser später in den Besitz der Fahrzeuge kommen wollte; hierin kann jedoch nicht ohne weiteres die Feststellung gesehen werden, der Angeklagte habe von Anfang an eine wertlose Sicherheit (z.B. Fahrzeugpapiere für nicht mehr existierende Fahrzeuge) gestellt.
2. Das Landgericht hat in den Fällen II. 1, 2, 3 und 5 der Urteilsgründe jeweils einen besonders schweren Fall des Betrugs in Form des gewerbsmäßigen Handelns (§ 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB n.F.) angenommen, obwohl die Tatzeiten vor dem Inkrafttreten des 6. StrRG (1. April 1998) lagen. Die Begründung der Kammer, sie habe das neue Recht „gemäß § 2 Abs. 3 StGB” auch auf die Alttaten angewandt, greift zu kurz.
Bei der Prüfung, ob das neue Recht milder ist als das Tatzeitrecht, hätte das Landgericht zunächst erörtern müssen, ob nach dem früheren Recht überhaupt – nicht benannte – besonders schwere Fälle im Sinne des § 263 Abs. 3 StGB a.F. vorliegen (vgl. BGH, Beschl. vom 28. Februar 2001 – 2 StR 509/00 – und vom 10. Mai 2001 – 3 StR 96/01). Dies ist jedoch nicht geschehen. Die Annahme besonders schwerer Fälle des Betrugs liegt bei Anwendung des Tatzeitrechts jedenfalls nicht so nahe, daß eine Erörterung entbehrlich wäre. Die Gewerbsmäßigkeit des Handelns allein reichte unter der Geltung des alten Rechts hierzu regelmäßig nicht aus, vielmehr war eine Gesamtwürdigung von Tat und Täterpersönlichkeit anzustellen (vgl. BGHR StGB § 263 III Gesamtwürdigung 1 und 2). Diese Einzelstrafen müssen deshalb erneut zugemessen werden.
3. Die Einzelstrafen in den Fällen II. 4, 6, 10 und 11 des Urteils können bestehen bleiben. Hier hat das Landgericht wegen der Gewerbsmäßigkeit des Handelns ohne Rechtsfehler jeweils den zur Tatzeit geltenden § 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB angewandt. Der Senat schließt aus, daß die Annahme gewerbsmäßigen Handelns von den – jetzt aufgehobenen – Schuldsprüchen in den Fällen II. 8 und 9 abhängig war und die erkennbar an der Höhe der einzelnen Schäden ausgerichteten Einzelstrafen von den vorbezeichneten Rechtsfehlern beeinflußt worden sind.
Unterschriften
Rissing-van Saan, Miebach, Pfister, von Lienen, Becker
Fundstellen
Haufe-Index 634732 |
NStZ 2001, 650 |
NStZ-RR 2002, 10 |