Leitsatz (amtlich)

›Ist eine Tat im verfahrensrechtlichen Sinn bei zwei Gerichten mit gleicher örtlicher, aber unterschiedlicher sachlicher Zuständigkeit rechtshängig geworden, führt die doppelte Rechtshängigkeit im Falle der Revision gegen das Urteil des später eröffnenden höheren Gerichts dann nicht zur Verfahrenseinstellung, sondern zur Zurückverweisung der Sache, wenn das höhere Gericht auf Grund seiner sachlichen Zuständigkeit für eine umfassende Aburteilung (noch) in der Lage ist, das Verfahrenshindernis anderweitiger Rechtshängigkeit zu beseitigen, indem es das Verfahren des unteren Gerichts an sich zieht (im Anschluß an BGHSt 36, 175).‹

 

Gründe

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Vorrätighaltens zur Verbreitung von Propagandamitteln, die nach ihrem Inhalt dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen, in Tateinheit mit Vorrätighalten zur Verbreitung von Kennzeichen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation" (§ 86 Abs. 1 Nr. 4, § 86 a Abs. 1 Nr. 2 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt. Außerdem hat es eine größere Anzahl sichergestellter Aufkleber eingezogen.

Nach den Feststellungen des Landgerichts waren dem Angeklagten, der für mehrere Jahre der rechtsextremistischen "Wiking-Jugend" angehört hatte und zum "Gauleiter für Preußen" bestellt worden war, in der Zeit zwischen August 1991 und Anfang 1992 über 180 Aufkleber mit verschiedenen nationalsozialistischen Parolen und Hakenkreuzabbildungen aus den USA zugeschickt worden. In der Vorstellung, sie später als "Tauschobjekte" in Sammlerkreisen zu benutzen oder sie Freunden oder Bekannten zur Weitergabe an beliebige Dritte auszuhändigen, hob er die Plaketten auf. Unwiderlegt vergaß er sie jedoch, bis er im Januar 1993 wieder auf sie aufmerksam wurde, als er mit der Sporttasche, in die er sie gelegt hatte, mehrere Waffen zur Wohnung seiner Mutter brachte. Mit dem Willen, sie seiner früheren Vorstellung gemäß zu verwenden, verwahrte er die Aufkleber zusammen mit den in der Sporttasche transportierten Waffen in der Wohnung seiner Mutter. Dort wurden sie bei einer Durchsuchung am 16. Februar 1993 von der Polizei sichergestellt.

Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten ist begründet.

Die Verurteilung kann nicht bestehen bleiben, weil einer Sachentscheidung - vorerst - entgegensteht, daß dieselbe Tat auch Gegenstand des gegen den Angeklagten zunächst beim Amtsgericht - Schöffengericht - Tiergarten in Berlin und nunmehr im Berufungsrechtszug beim Landgericht Berlin anhängigen Strafverfahrens - (278) 6834/93 Ls (119/93) - ist.

1. In jenem Verfahren hat das Amtsgericht Tiergarten in Berlin den Angeklagten am 14. Oktober 1993 wegen "Verstoßes gegen das Waffengesetz" nach den §§ 52 a Abs. 1 Nr. 1, 53 Abs. 1 Nr. 3 a lit. a, und 3Abs. 3 Nr. 1 a zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Die Verurteilung beruht unter anderem darauf, daß der Angeklagte fünf halbautomatische Selbstladepistolen im Januar 1993 in der erwähnten Sporttasche, in der sich auch die Aufkleber mit nationalsozialistischen Parolen und Hakenkreuzabbildungen befanden, zur Wohnung seiner Mutter gebracht und sie dort mit weiteren Waffen verwahrt hat (vgl. Bd. I Bl. 158 d.A.). Die rechtliche Wertung als unerlaubte Ausübung der tatsächlichen Gewalt über halbautomatische Selbstladewaffen mit einer Länge von nicht mehr als 60 cm (§ 53 Abs. 1 Nr. 3 a lit. a WaffG) im Verfahren vor dem Schöffengericht und die rechtliche Würdigung im angefochtenen Urteil als Vergehen nach § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB und § 86 a Abs. 1 Nr. 2 StGB, jeweils in der Tatbestandsalternative des Vorrätighaltens zur Verbreitung, betreffen denselben Lebenssachverhalt. Bei diesen Straftaten handelt es sich um Dauerdelikte, die sich insofern ähnlich sind, als zu ihrer Verwirklichung der äußeren Tatseite nach der Besitz an bestimmten verbotenen Gegenständen vorausgesetzt wird. Zwar reicht auch bei solchen Delikten die bloße Gleichzeitigkeit der Begehungen nicht aus, um die Annahme materiell-rechtlicher Tatidentität im Sinne von Tateinheit zu rechtfertigen (vgl. für viele Stree in Schönke/Schröder StGB 24. Aufl. Vorbem. §§ 52 ff. Rdn. 90; ferner BGH VRS 49, 177); erforderlich ist vielmehr, daß sich die Ausführungshandlungen zumindest teilweise decken oder überschneiden (vgl. BGHSt 18, 29, 32 ff.; Stree aaO. Rdn. 92 und § 52 Rdn. 9). Jedoch geht die tatsächliche Verbindung der Tatbestandsverwirklichungen nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 a lit. a WaffG und nach den §§ 86, 86 a StGB über eine bloße Gleichzeitigkeit der Begehungen hinaus. Der Angeklagte brachte die Aufkleber, als er sie in seiner Sporttasche wieder bemerkt und sich entschieden hatte, sie zum Zwecke späterer Weitergabe zu behalten, mit den fünf Pistolen in ein und demselben Behältnis zur Wohnung seiner Mutter. Darin liegt nicht nur der Beginn der - abgeurteilten - Ausführungshandlung nach den §§ 86, 86 a StGB, nämlich die bewußte Besitzausübung mit erneuertem Verbreitungswillen, sondern auch die Ausübung der nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 a lit. a WaffG strafbaren tatsächlichen Gewalt über die zugleich transportierten fünf Pistolen. Zudem drängt sich nach Sachlage auf, daß der Angeklagte die "verbotenen Gegenstände" deshalb zur Wohnung seiner Mutter brachte, weil er sie im Sinne einer einheitlichen "Bergungsaktion" vor einem Zugriff der Ermittlungsbehörden in Sicherheit bringen wollte. Dieser enge tatsächliche Zusammenhang legt die Annahme von Tateinheit zwischen den ideell konkurrierenden Straftaten nach § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB und nach § 86 a Abs. 1 Nr. 2 StGB einerseits und dem Vergehen nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 a lit. a WaffG andererseits nahe (vgl. für den gleichzeitigen Transport von Betäubungsmitteln und Waffen: BGH, Urteil vom 26. August 1993 - 4 StR 326/93; für die gleichzeitige Einfuhr von Betäubungsmitteln und Waffen: BGH NJW 1989, 726, 727). Doch kann diese Frage letztlich auf sich beruhen. Denn unbeschadet des materiell-rechtlichen Konkurrenzverhältnisses ist jedenfalls im verfahrensrechtlichen Sinne (§ 264 StPO) eine einzige Tat anzunehmen.

Bei dem Verbringen der Aufkleber und der Pistolen in die Wohnung der Mutter des Angeklagten und der Verwahrung dort handelt es sich aus den dargelegten, schon für materiell-rechtliche Tateinheit sprechenden Gründen um Sachverhalte, die bei lebensnaher Betrachtung ("Anschauungen des Lebens") nicht nur äußerlich ineinander übergehen, sondern auch innerlich derart miteinander verknüpft sind, daß sich die Unrechts- und Schuldgehalte der Tatbestandsverwirklichungen ihrer sachlichen Bedeutung nach nicht unabhängig voneinander erfassen lassen und daher zur Vermeidung einer unnatürlich anmutenden Aufspaltung eines einheitlichen Lebensvorgangs die Würdigung in einem einzigen Verfahren geboten erscheint (vgl. BGHSt 13, 21, 25/26; Hürxthal in KK-StPO 3. Aufl. § 264 Rdn. 5 m.w.Nachw.). So ist es insbesondere nicht möglich, das materielle Gewicht der dem Angeklagten zur Last gelegten Waffendelikte sachgerecht zu beurteilen, ohne zugleich den Zusammenhang mit dem rechtsextremistischen Hintergrund des Angeklagten und damit auch mit dem nach den §§ 86, 86 a StGB strafbaren Verhalten zu prüfen. Darauf hat die Staatsanwaltschaft - ohne allerdings daraus die gebotenen Folgerungen schon für die Anklageerhebung zu ziehen - in der Begründung ihrer Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 14. Oktober 1993 zu Recht hingewiesen.

2. a) Wegen dieser einheitlichen Tat im prozessualen Sinne war das schöffengerichtliche Verfahren bereits rechtshängig, als in vorliegender Sache Anklage erhoben und das Hauptverfahren eröffnet wurde. Grundsätzlich gebührt auch in den nicht von § 12 StPO erfaßten Fällen, in denen dieselbe Tat wie hier bei zwei Gerichten mit gleicher örtlicher, aber unterschiedlicher sachlicher Zuständigkeit rechtshängig gemacht worden ist, dem zuerst eröffnenden Gericht der Vorrang (BGHSt 36, 175, 181). Danach hätte das Landgericht das Verfahren an sich wegen anderweitiger Rechtshängigkeit einstellen müssen. Der Prioritätsgrundsatz erfährt jedoch u.a. dann eine Ausnahme, wenn das zuerst eröffnende Gericht rechtlich nicht dazu in der Lage ist, die Tat, die den Gegenstand des Verfahrens bildet, unter allen rechtlichen Gesichtspunkten umfassend abzuurteilen, die Kompetenz dazu vielmehr dem höheren Gericht zukommt, bei dem das Verfahren wegen derselben Tat erst später rechtshängig geworden ist (vgl. BGHSt 36, 175, 181; Wendisch in Löwe/Rosenberg StPO 24. Aufl. § 12 Rdn. 18; Pfeiffer in KK-StPO 3. Aufl. § 12 Rdn. 3). Ein solcher Fall liegt vor.

Die einheitliche, materiell-rechtlich nach den §§ 86, 86 a StGB sowie nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 a lit. a WaffG beurteilte Tat im verfahrensrechtlichen Sinne fiel insgesamt in die durch § 74 a Abs. 1 Nr. 2 GVG begründete sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Berlin in Gestalt des besonderen Spruchkörpers der Staatsschutzkammer; das Amtsgericht - Schöffengericht - Tiergarten in Berlin war sachlich unzuständig. An die mit der getrennten Anklageerhebung zum Ausdruck gebrachte abweichende Auffassung der Staatsanwaltschaft waren die beteiligten Gerichte nicht gebunden (§§ 155 Abs. 2, 264 StPO). Vielmehr hätte das Landgericht das amtsgerichtliche Verfahren durch einen eigenständigen "verfahrensgestaltenden Akt" an sich ziehen müssen.

Der Senat folgt damit der vom 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung in BGHSt 36, 175 unter Berücksichtigung früherer Rechtsprechung eingehend begründeten Auffassung, daß es zur Lösung einer solchen, durch die Strafprozeßordnung nicht geregelten Verfahrenslage "eines - wie auch immer gearteten - förmlichen und konstitutiven Verfahrensaktes bedurfte, um das der Fortführung des landgerichtlichen Verfahrens entgegenstehende Prozeßhindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit zu beseitigen ..." (BGHSt 36, 175, 182/183), und daß der Vorrang des umfassend zuständigen höheren Gerichts sich nicht unmittelbar selbst schon Geltung verschaffte. Gegenüber der im Schrifttum geäußerten Kritik und dem dort aufgezeigten Lösungsweg, daß allein das zuerst eröffnete Verfahren beim niederrangigen Gericht - gestützt auf § 12 Abs. 1 StPO und nicht auf § 206 a StPO - einzustellen ist und das Verfahren beim zuständigen höheren Gericht ohne weiteres weiter betrieben werden kann (Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 41. Aufl. § 12 Rdn. 2; im Ergebnis ebenso schon RGSt 70, 336, 337; vgl. auch Wendisch in Löwe/Rosenberg StPO 24. Aufl. § 12 Rdn. 18), hat die in BGHSt 36, 175 dargelegte Verfahrensweise den entscheidenden Vorzug, daß durch sie eine unterschiedliche Beurteilung der Frage prozessualer Tateinheit in den betroffenen Verfahren vermieden und dadurch der Gefahr doppelter Bestrafung wegen derselben Tat zuverlässiger begegnet werden kann. Dadurch, daß das zuständige höherrangige Gericht das Verfahren des unteren Gerichts an sich ziehen kann (und muß), ist es in der Lage, die ihm seiner Zuständigkeit nach zustehende Beurteilung auch gegenüber dem unteren, seinem Bezirk angehörenden Gericht durchzusetzen.

b) In diesem Sinne zu verfahren, war die Strafkammer nicht dadurch gehindert, daß in der amtsgerichtlichen Sache bereits ein erstinstanzliches Urteil ergangen war. Zwar hat der Bundesgerichtshof zu der - nicht (unmittelbar) anwendbaren - Regelung des § 4 StPO wiederholt entschieden, daß Verfahrensverbindungen (wie auch eine Übertragung der Untersuchungs- und Entscheidungszuständigkeit nach § 12 Abs. 2 StPO) wegen Unzulässigkeit des Eingriffs in die funktionelle Zuständigkeit ausgeschlossen sind, sobald in einem der betroffenen Verfahren ein Urteil im ersten Rechtszug ergangen ist (vgl. BGHSt 19, 177, 178; 22, 250, 251; 25, 51, 53; 35, 195, 197). Von diesem durch die Entscheidung in BGHSt 36, 348 ohnehin eingeschränkten Grundsatz waren jedoch Fälle wie der vorliegende, in dem es um ein und dieselbe Tat sowie die Ermöglichung der umfassenden Aburteilung durch das sachlich ausschließlich zuständige Gericht geht, von Anfang an ausgenommen (vgl. BGHSt 19, 177, 181).

Die Beseitigung der Berufungszuständigkeit der großen Strafkammer durch das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 11. Januar 1993 (BGBl. I S. 50) schloß ebenfalls nicht aus, daß das Landgericht das im Berufungsrechtszug anhängige Verfahren an sich zog. Durch diesen verfahrensgestaltenden Akt soll die im amtsgerichtlichen Verfahren auch im Berufungsrechtszug zu beachtende ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Landgerichts (§ 328 Abs. 2 StPO) realisiert und die Einheitlichkeit der Entscheidung des erstinstanzlich erkennenden Gerichts gewahrt werden. Ein unzulässiger Eingriff in die funktionelle Zuständigkeit des Berufungsgerichts und eine unzulässige Inanspruchnahme von Berufungszuständigkeit liegen darin nicht.

c) Der gebotenen Verfahrensbehandlung stand schließlich auch nicht entgegen, daß die Staatsanwaltschaft ihre Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 14. Oktober 1993 auf die Anfechtung des Rechtsfolgenausspruchs beschränkt und der Angeklagte durch seinen Verteidiger möglicherweise inzwischen, wie angekündigt, die Beschränkung seiner Berufung in gleicher Weise erklärt hat. Die sachliche Unzuständigkeit des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin ist nach § 6 StPO in jedem Stadium jenes Verfahrens von Amts wegen zu beachten (§ 6 a StPO betrifft den anderen Fall bloßer Konkurrenz unter den besonderen erstinstanzlichen Spruchkörpern des Landgerichts). Sie hat die Unwirksamkeit der Berufungsbeschränkungen zur Folge (so BGH bei Dallinger MDR 1956, 146; vgl. auch BGHSt 34, 159, 165; Ruß in KK-StPO 3. Aufl. § 328 Rdn. 14); jedenfalls durchbricht sie als Fehlen einer Verfahrensvoraussetzung eine etwaige Teilrechtskraft des amtsgerichtlichen Urteils.

d) Allerdings sind die in BGHSt 36, 175 dargelegten Verfahrensgrundsätze, denen der Senat folgt, anhand eines Falles entwickelt worden, in dem das für die umfassende Aburteilung zuständige Gericht die doppelte Rechtshängigkeit selbst schon dadurch beseitigt hatte, daß es das amtsgerichtliche Verfahren an sich zog. Sie müssen jedoch im Revisionsverfahren auch dann entsprechende Beachtung finden, wenn eine solche Entscheidung des später eröffnenden, dafür aber sachlich ausschließlich zuständigen Gerichts unterblieben ist. Denn die für die dargelegte Verfahrensbehandlung sprechenden Gründe (die Gewähr einer einheitlichen Beurteilung der mit der doppelten Rechtshängigkeit verbundenen Frage prozessualer Tateinheit in beiden betroffenen Verfahren und in der Folge eine größere Sicherheit gegenüber der Gefahr einer Doppelbestrafung) haben ihre Gültigkeit auch in einem derartigen Fall.

3. Das demnach noch nicht ausgeräumte Verfahrenshindernis anderweitiger Rechtshängigkeit schließt eine Sachentscheidung derzeit aus, so daß das angefochtene Urteil nicht bestehen bleiben kann. Seine Beachtung von Amts wegen hängt, wie allgemein die Berücksichtigung von Verfahrenshindernissen, nicht von der Frage einer etwaigen Beschwer für den Angeklagten ab. Die in der Entscheidung in BGHSt 10, 358 vertretene Auffassung, daß das Verfahrenshindernis doppelter Rechtshängigkeit im Ergebnis unberücksichtigt bleiben könne, weil es angesichts des Verschlechterungsverbots (§ 358 Abs. 2 StPO) an einer Beschwer für den revisionsführenden Angeklagten fehle (BGHSt 10, 358, 363 f.), betrifft einen in wesentlichen Punkten anders gelagerten Fall; sie bindet den Senat daher nicht. Das derzeit noch bestehende Verfahrenshindernis anderweitiger Rechtshängigkeit zwingt nicht zur Verfahrenseinstellung. Vielmehr führt es, weil es in der Macht des erkennenden erstinstanzlichen Gerichts stand und steht, seine Wirkungen dadurch zu beseitigen, daß es das in der Berufungsinstanz noch nicht abgeschlossene amtsgerichtliche Verfahren an sich zieht, lediglich zur Zurückverweisung der Sache, damit diese verfahrensgestaltende Maßnahme nachgeholt und eine einheitliche Aburteilung ermöglicht wird.

Sollte das amtsgerichtliche Verfahren indes im weiteren Verlauf (durch eine Sachentscheidung) rechtskräftig abgeschlossen werden, bevor die neu zuständige Strafkammer es an sich gezogen hat, tritt trotz der sachlichen Unzuständigkeit des Amtsgerichts (und des Berufungsgerichts) Strafklageverbrauch für das vorliegende Verfahren ein. Die der Entscheidung BGHSt 29, 288 zugrundegelegten Grundsätze können dann keine Anwendung finden (vgl. BGH NJW 1989, 726, 727).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2993313

NJW 1995, 2500

BGHR StPO vor § 1 / Verfahrenshindernis, Doppelanhängigkeit 5

DRsp IV(448)167Nr. 1b

NStZ 1995, 351

wistra 1995, 229

MDR 1995, 836

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