Verfahrensgang
LG Kleve (Urteil vom 08.09.2004) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Kleve vom 8. September 2004 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, ist unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Anlaß zu näherer Erörterung gibt lediglich die Verfahrensrüge, mit der eine Verletzung des durch das Erste Justizmodernisierungsgesetz vom 24. August 2004 (BGBl I 2198 ff.) geänderten § 59 StPO geltend gemacht wird. Die Revision beanstandet, daß über die Vereidigung des in der Hauptverhandlung als Zeuge vernommenen Zollbeamten nicht der komplette Spruchkörper, sondern allein der Vorsitzende entschieden habe; somit fehle es an einer wirksamen Entscheidung über die Vereidigung.
Die Rüge bleibt ohne Erfolg; sie ist bereits unzulässig.
Aus der Prozeßleitungsbefugnis des Vorsitzenden folgt, daß dieser zunächst allein im Wege einer Anordnung, zu der ihn § 238 Abs. 1 StPO ermächtigt, darüber entscheidet, ob ein Zeuge nach seiner Vernehmung vereidigt wird oder unvereidigt bleibt (BGHSt 1, 216, 218; 7, 281, 282). Daran hat die Neufassung der Vorschriften über die Vereidigung durch das Erste Justizmodernisierungsgesetz nichts geändert (Huber JuS 2004, 970).
Die Vereidigungsentscheidung des Vorsitzenden ist als wesentliche Förmlichkeit des Verfahrens in das Hauptverhandlungsprotokoll aufzunehmen (Pfeiffer, StPO 5. Aufl. § 59 Rdn. 1; ebenso die Begründungen des Referentenentwurfs für das JuMoG S. 56 und des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung BTDrucks. 15/1508 S. 23). Hat der Vorsitzende innerhalb der Hauptverhandlung die Vereidigung angeordnet oder – wie hier – verfügt, den Zeugen nicht zu vereidigen, bedarf seine Entscheidung keiner Begründung. Dies bestimmt § 59 Abs. 1 Satz 2 StPO nF für den Fall der Vereidigung und ergibt sich im Falle des Absehens von einer Vereidigung daraus, daß – im Gegensatz zur früheren Gesetzeslage, die in § 59 StPO aF die Regelvereidigung vorsah – durch § 59 Abs. 1 Satz 1 StPO nF nunmehr die Nichtvereidigung zum Regelfall geworden ist.
Will der Beschwerdeführer die Anordnung des Vorsitzenden über die Vereidigung mit der Revision angreifen, setzt die Zulässigkeit einer entsprechenden Verfahrensrüge voraus, daß er die Entscheidung in der Hauptverhandlung beanstandet und gemäß § 238 Abs. 2 StPO einen Beschluß des Gerichts herbeigeführt hat (BGHR StPO § 59 Satz 1 Entscheidung, fehlende 2; BGHR StPO § 238 Abs. 2 Vereidigung 1 m. w. N.; BGH NStZ 1997, 198; vgl. auch Senat StV 2005, 7).
Hier haben indes weder der Angeklagte noch sein Verteidiger, nachdem der Vorsitzende die Nichtvereidigung des Zeugen angeordnet hatte, das Gericht angerufen. Damit haben sie insoweit das Recht auf Revision verloren (BGHR StPO § 238 Abs. 1 Verhandlungsleitung 2). Diese Rechtslage hat durch das Erste Justizmodernisierungsgesetz keine Änderung erfahren (vgl. Knauer/ Wolf NJW 2004, 2932, 2933; Neuhaus StV 2005, 47, 49).
Ob das Gericht den Beschluß, mit dem es die Anordnung bestätigt, von der Vereidigung abzusehen, auch noch nach der Neufassung des § 59 StPO mit einer Begründung versehen muß (so Knauer/Wolf aaO; Huber aaO; Sommer StraFo 2004, 295, 296; ders., AnwBl 2004, 506, 507; Neuhaus StV 2005, 47) oder ob eine Begründung entbehrlich geworden ist, weil das Gesetz von der Nichtvereidigung als Regelfall ausgeht, braucht hier daher nicht entschieden zu werden.
Unterschriften
Tolksdorf, Miebach, von Lienen, Becker, Hubert
Fundstellen
Haufe-Index 2556842 |
JR 2005, 172 |
NStZ 2005, 340 |
ZAP 2005, 323 |
wistra 2005, 182 |
PA 2005, 72 |
StV 2005, 200 |
StraFo 2005, 204 |