Verfahrensgang
LG Halle (Saale) (Urteil vom 26.11.2002) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 26. November 2002 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere – allgemeine – Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Tatbestand
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Zuhälterei in zwei Fällen, jeweils in Tateinheit mit einem Verstoß gegen das Ausländergesetz (§ 92 a Abs. 1 Nr. 1 AuslG), in einem Fall in weiterer Tateinheit mit schwerem Menschenhandel, sowie wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit schwerem Menschenhandel und wegen Vergewaltigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Jahren verurteilt; außerdem hat es Adhäsionsentscheidungen getroffen. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten dringt hinsichtlich der Taten zum Nachteil der Nebenklägerin Britta V. mit einer Verfahrensrüge durch; im übrigen hat sie mit der Sachrüge Erfolg.
I.
Soweit die Revision als Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz nach § 338 Nr. 6 StPO beanstandet, daß am 38. Verhandlungstag an der Eingangstür zum Verhandlungssaal ein von der Vorsitzenden verfügter Aushang angebracht war, wonach der Eintritt in den Gerichtssaal nach Beginn der Verhandlung für Zuschauer nur in den Verhandlungspausen gestattet sei, ein solcher während der Verhandlung störe und als Ungebühr vor Gericht mit einem Ordnungsgeld geahndet werde, ist diese Rüge nicht in der vorgeschriebenen Form (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) erhoben. Aus ihr geht schon nicht hervor, ob es für diese sitzungspolizeiliche Maßnahme nach § 176 GVG einen konkreten Anlaß gab (vgl. BGHSt 24, 72, 73 f.; Senatsentscheidungen vom 17. April 1952 – 4 StR 210/52 bei Dallinger MDR 1952, 410 und vom 30. März 2004 – 4 StR 42/04). Vor allem aber teilt die Revision nicht den Gegenstand der Verhandlung an diesem Sitzungstag mit. Der Senat kann daher nicht prüfen, ob und inwieweit es denkgesetzlich auszuschließen ist, daß das Urteil auf dem Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz beruht (vgl. BGH NJW 1996, 138; Kuckein in KK-StPO 5. Aufl. § 344 Rdn. 49). Zu einer entsprechenden Darlegung bestand hier schon deshalb Anlaß, weil ausweislich der Sitzungsniederschrift die Hauptverhandlung an diesem Tag lediglich zehn Minuten dauerte und – soweit ersichtlich – nur die für das Urteil nicht mehr relevante Frage der Sicherungsverwahrung betraf.
Entscheidungsgründe
II.
Soweit der Angeklagte wegen der Taten zum Nachteil der Zeugin Britta V. (wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit schwerem Menschenhandel und wegen Vergewaltigung) verurteilt worden ist, hat die Revision mit der auf die Verletzung des § 247 Satz 4 StPO gestützten Verfahrensrüge Erfolg.
1. Am 15. Verhandlungstag, dem 27. Februar 2002, wurde der Angeklagte gemäß § 247 Satz 1 StPO während der Vernehmung der Zeugin Britta V. aus dem Gerichtssaal entfernt. Die Zeugin äußerte sich in seiner Abwesenheit zur Sache. Nach etwa zweieinhalbstündiger Dauer wurde ihre Vernehmung unterbrochen, um ein psychiatrisches Gutachten über die Zeugin einzuholen. Vom wesentlichen Inhalt dieser Aussage wurde der Angeklagte weder nach seiner Wiederzulassung am nächsten noch an einem späteren Verhandlungstag unterrichtet. Die Vorsitzende ließ lediglich am 5. April 2002 – zwischen dem 18. und dem 19. Verhandlungstag – außerhalb der Hauptverhandlung neun Blätter per Faxkopie zur Kenntnisnahme an den Angeklagten und die übrigen Verfahrensbeteiligten übersenden, die mit „Einführung in die Aussage von Britta V. am 27.02.2002” betitelt waren. Diese Mitteilung enthielt eine Aneinanderreihung stichwortartiger Sätze, deren genauer Kontext sich auch einem mit dem Sachverhalt vertrauten Leser nicht ohne weiteres erschließt, weil einige Sätze nur als Antworten auf Fragen verstanden werden können, die ihrerseits nicht mitgeteilt werden. Noch vor Übersendung dieser „Einführung” war am 18. Verhandlungstag Karin V., die Mutter der Zeugin Britta V., als Zeugin vernommen worden.
2. Dieses Verfahren verstößt, wie die Revision zu Recht rügt, gegen § 247 Satz 4 StPO, wonach der Vorsitzende den Angeklagten, sobald dieser nach seiner Entfernung aus dem Sitzungssaal wieder anwesend ist, vom wesentlichen Inhalt dessen zu unterrichten hat, was während seiner Abwesenheit ausgesagt oder sonst verhandelt worden ist. Eine solche Unterrichtung hat vor jeder weiteren Beweiserhebung in der Hauptverhandlung zu erfolgen. Sie gehört zu den wesentlichen Förmlichkeiten, die nach § 273 Abs. 1 StPO im Hauptverhandlungsprotokoll zu beurkunden sind (vgl. BGHSt 1, 346, 350; BGH StV 1984, 102, 103; 1992, 359; vgl. auch Meyer-Goßner StPO 47. Aufl. § 247 Rdn. 17 und § 273 Rdn. 7). Auch wenn die während der Entfernung des Angeklagten durchgeführte Zeugenvernehmung noch nicht abgeschlossen, sondern nur unterbrochen war, muß der Angeklagte von dem in seiner Abwesenheit Ausgesagten unterrichtet werden, bevor in seiner Anwesenheit die Beweisaufnahme fortgesetzt wird (st. Rspr.; vgl. BGHSt 38, 260; BGH NStZ-RR 2000, 292; StV 2002, 353; vgl. auch Meyer-Goßner aaO § 247 Rdn. 15). Nur so ist sichergestellt, daß der Informationsstand des Angeklagten im Wesentlichen dem der anderen Prozeßbeteiligten entspricht und er seine Verteidigung, etwa durch Fragen an weitere Zeugen, sachgerecht auszuüben vermag.
3. Der Senat kann nicht sicher ausschließen, daß das Urteil, soweit es die Straftaten zum Nachteil von Britta V. betrifft, auf diesem Verfahrensfehler beruht. Denn als Bestätigung der Angaben der insoweit einzigen Belastungszeugin Britta V. zu ihrer Bedrohungssituation und ihrer psychischen Verfassung während der Zeit der Prostitutionsausübung – und damit zu ihrem Verhältnis zum Angeklagten – führen die Urteilsgründe die Aussage der für glaubwürdig erachteten Zeugin Karin V. an. Für eine sachgerechte Befragung dieser Zeugin, durch die er möglicherweise ein ihm günstigeres Beweisergebnis hätte erreichen können, konnte es für den Angeklagten wesentlich sein zu wissen, was Britta V. in ihrer unterbrochenen Vernehmung bekundet hatte.
Ein Beruhen des Urteils auf dem Verfahrensverstoß könnte nur ausschlossen werden, wenn die Verhandlungsteile, welche die mit der verspätet mitgeteilten Aussage zusammenhängenden Tatvorwürfe betrafen, wiederholt worden wären (vgl. BGHSt 38, 260, 262; BGHR StPO § 247 S. 4 Unterrichtung 3; NStZ 1992, 346 f.). Eine erneute Vernehmung der Zeugin Karin V. ist jedoch ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls nicht erfolgt.
III.
Soweit die Verurteilung den schweren Menschenhandel zum Nachteil der Nebenklägerin T. betrifft, kann sie keinen Bestand haben, weil die Beweiswürdigung widersprüchlich und lückenhaft ist und daher durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet.
1. Nach den Feststellungen lernte der Angeklagte im Mai 2000 die 19jährige litauische Staatsangehörige Jurgita T. in Magdeburg kennen, die sich dort als Touristin seit ein paar Monaten aufhielt. Mit der Behauptung, sie zu lieben und heiraten zu wollen, überredete der Angeklagte sie, in dem von ihm in L. betriebenen Bordell als Barfrau zu arbeiten, wobei sie über die Tätigkeit der dort beschäftigten Prostituierten Buch zu führen und dementsprechend den Prostituiertenlohn zu kassieren hatte [UA 7, 8]. Als sie nach wenigen Tagen von einer festen Beziehung des Angeklagten zu einer anderen Frau erfahren und ankündigt hatte, am nächsten Tag abreisen zu wollen, befahl er ihr zu bleiben und nunmehr als Prostituierte zu arbeiten, wobei er sie würgte und drohte, sie anderenfalls umzubringen; außerdem sperrte er sie in ihrer Wohnung ein.
Aus Angst vor weiteren Gewalttätigkeiten des Angeklagten übte sie in der Folgezeit die Prostitution aus, wobei sie überwiegend für den Angeklagten in dem Bordell in L. beziehungsweise in einer Wohnung in H. tätig war, aber auch einige Wochen für zwei andere Personen, an die sie der Angeklagte „ausgeliehen” hatte. Im Oktober 2000 fuhr sie auf Anweisung des Angeklagten mit Radomira Li., die freiwillig im Bordell des Angeklagten als Prostituierte arbeitete, für etwa zwei Wochen in die Tschechische Republik zu deren Familie und kehrte mit ihr im November ins Bordell des Angeklagten zurück.
2. Die Jugendkammer stützt diese Feststellungen im Wesentlichen auf die Angaben Jurgita T.s bei ihrer dritten polizeilichen Vernehmung, die im Kernbereich gleichlautend mit den ersten beiden waren und die die Zeugin nach Vorhalt in der Hauptverhandlung bestätigte und ergänzte (UA 13, 15). An diesen Angaben hat die Jugendkammer keine Zweifel, zumal sich das Verhalten der Zeugin bei ihrer ersten Vernehmung in der Hauptverhandlung, bei der sie zitterte und den Eindruck machte, daß sie kurz vor einem Zusammenbruch stand, als ihr Vorhalte und Nachfragen zu Widersprüchen in früheren Vernehmungen gemacht wurden (UA 12), mit einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung erklären ließ und die entsprechenden Krankheitssymptome auch ausweislich eines daraufhin eingeholten psychiatrischen Gutachtens nicht vorgetäuscht sein konnten (UA 15). Wegen dieser Symptome und des persönlichen Eindrucks der Zeugin in der Hauptverhandlung hält es die Kammer auch für ausgeschlossen, daß die Zeugin eine Zwangssituation nur deshalb geschildert haben könnte, um sich für eine tatsächlich freiwillige Tätigkeit als Prostituierte in ihrer Heimat und vor ihrer Familie rechtfertigen zu können (UA 15 f.).
Die Beweiswürdigung hält rechtlicher Prüfung nicht stand, weil sie einen unauflösbaren Widerspruch (vgl. BGH Beschluß vom 7. Mai 2002 – 3 StR 89/02) aufweist, soweit das Landgericht diese Aussage Jurgita T.s durch die Angaben der Zeuginnen P. und Li. als „nachhaltig gestützt” (UA 18) beziehungsweise als mit ihnen „übereinstimmend” (UA 19) ansieht. Denn ausweislich der Urteilsgründe konnte die Zeugin P., die sich nur einen Tag im Bordell des Angeklagten aufgehalten hatte, keine Angaben zum Tatvorwurf machen. Die Zeugin Li., die gemeinsam mit Jurgita T. die Prostitution für den Angeklagten in L. und in H. ausgeübt und mit ihr eine Auslandsreise unternommen hatte (UA 5, 9), bekundete gar, daß Jurgita T. ihrer Meinung nach freiwillig der Prostitution nachgegangen sei und sich jederzeit frei habe bewegen können. Daß dies die Aussage der Zeugin T. im entscheidenden Punkt nicht „nachhaltig stützt” sondern grundlegend in Frage stellt, verliert seine Widersprüchlichkeit nicht dadurch, daß die Jugendkammer der Zeugin Li. insoweit nicht glauben will, weil diese von der Lebensgefährtin sowie von einem Freund des Angeklagten angerufen und ihr vom Prozeß berichtet wurde (UA 18 f.).
Die Beweiswürdigung begegnet auch aus einem anderen Grund durchgreifenden Bedenken. Zwar ist der Tatrichter an einer Verurteilung eines zum Tatvorwurf schweigenden Angeklagten nicht dadurch gehindert, daß hinsichtlich des Anklagevorwurfs „Aussage gegen Aussage” steht und außer den Bekundungen des einzigen Belastungszeugen keine weiteren belastenden Indizien vorliegen. Er muß sich jedoch bewußt sein, daß die Aussage dieses Zeugen einer besonderen Glaubhaftigkeitsprüfung zu unterziehen ist, zumal der Angeklagte in solchen Fällen wenig Verteidigungsmöglichkeiten durch eigene Äußerungen zur Sachlage besitzt. Eine lückenlose Gesamtwürdigung der Indizien ist dann von besonderer Bedeutung (BGHSt 44, 153, 158 f. m.w.N.; vgl. auch BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung, widersprüchliche 1; StV 2002, 470 m.w.N.).
Diesen Anforderungen werden die Ausführungen zur Glaubhaftigkeit der Aussagen Jurgita T.s nicht gerecht, auf denen allein der Schuldspruch des schweren Menschenhandels zu ihrem Nachteil beruht. Die Darstellung der für die Beweiswürdigung wesentlichen Tatsachen ist in einzelnen Punkten unvollständig und ermöglicht dem Senat keine rechtliche Überprüfung. Außerdem würdigt die Jugendkammer wesentliche, für den Angeklagten sprechende Indizien nicht oder unzureichend. Sie setzt sich schon nicht mit der sich hier aufdrängenden Frage auseinander, warum die Zeugin nach ihrer Rückkehr aus der Tschechischen Republik in das Bordell des Angeklagten zurückkehrte. Auch daß Jurgita T. ihre Aussagen gegenüber der Polizei „zunächst auf das Notwendige und Erforderliche, um aus der Situation gerettet zu werden, beschränken wollte” (UA 15), erklärt nicht ohne weiteres, warum sie bei ansonsten „im Kernbereich (…) gleichlautend(en)” Angaben (UA 13) auch noch bei der zweiten polizeilichen Vernehmung gerade den für die Beurteilung der Zwangssituation beachtlichen Umstand unerwähnt ließ, daß sie im Spätsommer/Herbst 2000 auch an anderen Orten und für andere Personen der Prostitution nachgegangen war (UA 12, 13). Dabei verhält sich das Urteil insbesondere nicht dazu, ob diese inhaltliche Ergänzung etwa erst auf Vorhalt anderweitiger polizeilicher Erkenntnisse erfolgt war. Einer entsprechenden Darlegung der Aussagegenese hätte es hier aber bedurft, weil gerade die Ergänzungen – wie auch der Umstand, daß sie bereits Wochen vor der Bekanntschaft mit dem Angeklagten in dessen Bordellbetrieb in L. an einer Geburtstagsfeier teilgenommen hatte (UA 6, 12) – Zweifel an der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage aufkommen lassen könnten.
IV.
Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen schweren Menschenhandels erfaßt nicht nur die tateinheitlich damit ausgeurteilten Delikte der Zuhälterei und des Einschleusens von Ausländern hinsichtlich der Zeugin T., sondern auch die vom Landgericht rechtsfehlerhaft als hierzu in Tatmehrheit stehende Zuhälterei in Tateinheit mit Einschleusen von Ausländern bezüglich der Zeugin Li. (vgl. BGHR StPO § 353 Aufhebung 1). Angesichts der zumindest teilweisen Identität der Ausführungshandlungen bei der Beschäftigung beider Ausländerinnen als Prostituierte ist hier von Tateinheit im Sinne des § 52 StGB auszugehen (vgl. BGHR StGB § 181 a Abs. 1 Nr. 2 Konkurrenzen 3; BGH NJW 2000, 1732, 1736).
V.
Für die erneute Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:
1. Der neue Tatrichter wird zu bedenken haben, daß die bisherigen Feststellungen eine Verurteilung zwar wegen dirigistischer, nicht aber wegen ausbeuterischer Zuhälterei gemäß § 181 a Abs. 1 Nr. 2 bzw. Nr. 1 StGB getragen hätten. Ausbeuten verlangt ein planmäßiges und eigensüchtiges Ausnutzen der Prostitutionsausübung als Erwerbsquelle, das zu einer spürbaren Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Prostituierten führt (BGH NStZ 1989, 67). Dafür genügt nicht der Umstand, daß die Frauen 50 Prozent ihrer Einkünfte aus der Prostitution an den Angeklagten als Bar- und Bordellbetreiber abführen mussten und Jurgita T. für ihre Unterbringung 50,- DM Miete zu zahlen hatte, zumal, was die Jugendkammer nicht berücksichtigt hat, die Prostituierten andererseits am Getränkeumsatz des Barbetriebes beteiligt wurden (UA 8). In derartigen Fällen setzt die Annahme ausbeuterischer Zuhälterei – anders als in den Fällen, in denen der Prostituierten nur 25 Prozent verbleiben, weil sie ihre Einnahmen nicht nur mit einem Bordellbetreiber, sondern anschließend ein zweites Mal mit dem Zuhälter teilen muß (vgl. BGH NStZ 1999, 349, 350) – grundsätzlich Feststellungen zur Höhe der Einnahmen und Abgaben der Prostituierten voraus.
2. Eine Strafbarkeit des Angeklagten nach § 92 a AuslG wäre dann fraglich, wenn sich die erst in Deutschland vom Angeklagten zur Aufnahme der Prostitution veranlaßten Zeuginnen Li. und T. tatsächlich im Besitz von Touristenvisa befunden hätten, wie dies das Landgericht [UA 7, 21] festgestellt hat (vgl. BGH NJW 2000, 1732, 1733 f.). Allerdings vertragen sich diese Feststellungen schwerlich damit, daß die beiden Frauen als tschechische beziehungsweise litauische Staatsangehörige im Jahre 2000 nicht visumspflichtig waren (vgl. § 1 Abs. 1 DVAuslG i. V. m. Anlage I in der Fassung von 18. Dezember 1990, BGBl. I 2983, geändert mit Verordnung vom 21. Mai 1999, BGBl. I 1038, 1040). Nur wenn sie als sogenannte Positivstaatler kein Visum gehabt hätten, würde sich ihr illegaler Aufenthalt aus der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit – etwa durch Prostitution (vgl. BVerfG, Kammerbeschluß vom 22. März 2000 – 2 BvR 426/00; BGH NJW 1990, 2207; OLG Karlsruhe NStZ-RR 1998, 61 f.) – direkt aus § 92 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 AuslG i. V. m. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 12 DVAuslG ergeben (vgl. BayObLG NJW 2002, 1282 f.).
3. Sollte sich in der neuen Hauptverhandlung lediglich die Gewaltanwendung und -androhung zur Aufnahme der Prostitution nicht sicher feststellen lassen, wird die nunmehr erkennende Strafkammer die prozessuale Tat zum Nachteil der zur Tatzeit erst 19jährigen Zeugin T. gegebenenfalls auch nach § 180 b Abs. 2 Nr. 2 StGB und unter dem Aspekt der List im Sinne des § 181 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu würdigen haben.
VI.
Der Senat verweist die Sache gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. StPO an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurück, nachdem sich das weitere Verfahren nur noch gegen den erwachsenen Angeklagten richtet (vgl. BGHSt 35, 267).
Unterschriften
Tepperwien, Kuckein, Athing, Solin-Stojanović, Ernemann
Fundstellen