Verfahrensgang
LG Traunstein (Urteil vom 20.12.2004) |
Tenor
1. Auf Antrag des Generalbundesanwalts wird das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall II. A. 3. der Urteilsgründe verurteilt worden ist (Diebstahl eines Pkw-Zündschlüssels am 1. Mai 2004 gegen 12.00 Uhr in R.; § 154 Abs. 2 StPO); insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse zur Last.
2. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 20. Dezember 2004 dahin abgeändert, daß der Angeklagte wegen
- Diebstahls in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis und Urkundenfälschung,
- vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Urkundenfälschung,
- Diebstahls in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis, Urkundenfälschung und fahrlässiger Körperverletzung
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt wird.
3. Die weitergehende Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unbegründet verworfen.
4. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen, jedoch wird die Gebühr um ein Viertel ermäßigt (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).
Gründe
Die Verfahrenseinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO hinsichtlich des Falles II. A. 3. der Urteilsgründe hat die ausgesprochene Schuldspruchänderung zur Folge. Die für diesen Fall verhängte Einzelstrafe entfällt. Gleichwohl können die für die übrigen Fälle in Ansatz gebrachten Einzelstrafen bestehen bleiben; der Senat vermag die Gesamtfreiheitsstrafe selbst neu festzusetzen.
1. Über den Wegfall der Einzelstrafe im Fall II. A. 3. der Urteilsgründe hinaus begegnen auch die Einzelstrafen in den Fällen II. A. 1. und 4. rechtlichen Bedenken deshalb, weil das Landgericht die Verwirklichung von Regelbeispielen im Sinne des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 StGB angenommen hat. Auch dies zwingt im Ergebnis nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs. Der Generalbundesanwalt hat hierzu zutreffend ausgeführt:
„a) In beiden Fällen” (Fälle 2. A. 1. und 4.) „belegen die Urteilsfeststellungen nicht, dass der Angeklagte mit einem ‚falschen Schlüssel’ in die Fahrzeuge eingedrungen ist. Bei den verwendeten Schlüsseln handelte es sich um echte Schlüssel, die den Berechtigten abhanden gekommen waren. Ein echter Schlüssel wird durch seinen bestimmungswidrigen Gebrauch durch Dritte erst dann zu einem falschen Schlüssel im Sinne des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB, wenn der Berechtigte dem Schlüssel die Bestimmung zur ordnungsgemäßen Öffnung des Raumes entzogen hat. Dies ist in der Regel nur der Fall, wenn er zum Zeitpunkt der Verwendung des Schlüssels durch den Täter das Abhandenkommen des Schlüssels bereits bemerkt hatte (BGHR StGB § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Schlüssel, falscher 2; BGHSt 21, 189; LK-Ruß StGB 11. Aufl., § 243 Rdn. 13; Schmitz in Münchener Kommentar zum StGB § 243 Rdn. 27). Aus den auf UA S. 12 f. getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass dies bezüglich des Schlüssels des Ford Sierra (Fall II. A. 1.) nicht der Fall war. Hinsichtlich des Schlüssels des Volvo (Fälle II. A. 3., 4.) fehlt es an Feststellungen hierzu.
b) In beiden Fällen erfüllt die Vorgehensweise des Angeklagten auch nicht das Regelbeispiel des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StGB. Danach ist Voraussetzung, daß die Sache durch eine (andere) Schutzvorrichtung gegen Wegnahme besonders gesichert ist. Daran fehlt es, wenn die Vorrichtung die Wegnahme nicht wesentlich erschwert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Schlüssel im Schloss steckt, daneben liegt oder sonst leicht erreichbar ist (vgl. Schmitz aaO § 243 Rdn. 35; Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl., § 243 Rdn. 16). Der Umstand, dass in beiden Fällen eine gestreckte Tatbegehung vorliegt, ändert an dieser rechtlichen Wertung nichts.
Indes erscheint die Annahme unbenannter schwerer Fälle des Diebstahls außerhalb der Regelbeispiele deshalb gerechtfertigt, weil der Angeklagte die Fahrzeuge mit ‚richtigen’, aber heimlich entwendeten bzw. unterschlagenen Schlüsseln entwendet hat (Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 243 Rdn. 23), er zudem im Verlauf von etwa zwölf Jahren vor den – nicht einmal sechs Wochen nach der letzten Haftentlassung begonnenen – verfahrensgegenständlichen Taten elf Jahre wegen einschlägiger Delikte inhaftiert war (UA S. 31) und die Tat unter II. A. 4., für die das Landgericht die Einsatzstrafe von zwei Jahren Freiheitsstrafe festgesetzt hat, durch ein hohes Maß an krimineller Energie geprägt war (UA S. 31, 33). Die hierwegen verhängten Einzelstrafen erscheinen deshalb angemessen (§ 354 Abs. 1a Satz 1 StPO).”
2. Wegen des Wegfalls der Einzelstrafe von sechs Monaten für die Tat im Falle II. A. 3. der Urteilsgründe, derentwegen der Senat das Verfahren eingestellt hat, kann die Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten nicht bestehen bleiben. Der Senat vermag indessen die Gesamtfreiheitsstrafe selbst auf drei Jahre herabzusetzen (§ 354 Abs. 1a Satz 2 StPO). Dabei hat er die entfallene Einzelstrafe in vollem Umfang von der vom Landgericht ausgesprochenen Gesamtfreiheitsstrafe in Abzug gebracht. Der Senat erachtet eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren angesichts der Tatumstände und des Gewichts der Taten gerade auch im Blick auf Umstände und Vorgehen im Falle II. A. 3. der Urteilsgründe für angemessen.
3. Im übrigen hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Unterschriften
Nack, Bundesrichter Dr. Wahl ist wegen Urlaubs gehindert zu unterschreiben. Nack, Boetticher, Schluckebier, Elf
Fundstellen